Seit 1996 stellt Mercedes in der Formel 1 das Safety Car und das Medical Car, damals noch ein C 36 der Baureihe 202. In den letzten Jahren führte ein AMG GT das Feld an und ein C 63 S T-Modell beförderte die Ärzte schnell zu Unfallstellen. Jetzt werden die schnellen Sterne abgelöst.

Erstmals kommt als Safety Car der Mercedes-AMG GT Black Series zum Einsatz. Der Mercedes-AMG GT 63 S 4MATIC+ feiert sein Debüt als Medical Car. Noch nie waren diese Fahrzeuge so leistungsstark wie in der Saison 2022.

Beide Einsatzfahrzeuge sind technisch weitestgehend serienmäßig, erhielten aber umfangreiche Maßnahmen für die speziellen Aufgaben auf der Strecke. Augenfälligstes Merkmal des Safety Cars ist das Fehlen des bislang bekannten Signalbalkens auf dem Dach. Dieser hätte die ausgefeilte Aerobalance des AMG GT Black Series gestört. Die obligatorischen Signalleuchten sind an der Front in den oberen Bereich der Windschutzscheibe integriert. Am Heck wurden die Leuchten in den Heckflügel integriert. LED übernehmen sämtliche Signalfunktionen.

Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022
Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022

Vorn sind rechts und links neben dem AMG-Logo in Höhe der Sonnenblenden je drei kleine orangefarbene Leuchtmodule und je ein großes grünes Modul positioniert. Der Heckflügel trägt im oberen Hauptblatt 13 orangefarbene Leuchten: je drei links und rechts außen mit Dauerlicht. Dazu kommen sieben in der Mitte als Flashlights, die bei Bedarf blinken. Des Weiteren gibt es vier breitere, grüne LED-Leuchtmodule.

In dem rechten Flügelfuß sind zwei winzige Videokameras eingebaut, deren Bilder in den Innenraum übertragen werden. Eine Kamera dient als elektronischer Rückspiegel für den Beifahrer (kleiner Monitor am Dachhimmel rechts neben dem konventionellen Innenspiegel), die andere überträgt ein TV-Livebild. Als Service für die Zuschauenden auf den Tribünen gibt es außerdem je ein Leuchtmodul in den hinteren Seitenscheiben, die im Einsatz "SC" (für Safety Car) in Orange anzeigen.

Die Funktionen der Sicherheitsleuchten im Überblick:

Orange: Sobald das Safety Car zum Einsatz kommt, werden die orangefarbenen LED eingeschaltet. Das orangefarbene Blinklicht im Mittelteil hinten und als Dauerlicht an den äußeren Enden vorn bedeutet "absolutes Überholverbot."

Grün: Sollte sich der AMG GT Black Series zu Beginn einer Safety-Car-Phase mitten im Feld einreihen, werden die grünen Module an Vorder- und Rückseite geschaltet. Das ist das Signal für alle Rennfahrer, das Safety Car zu überholen.

Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022

Alle Module lassen sich stufenlos dimmen, um die Leuchtstärke an die Rahmenbedingungen anpassen zu können, beispielsweise bei Nachtrennen unter Flutlicht oder bei sehr starkem Sonnenlicht am Tage.

Das beleuchtete hintere Nummernschild erstrahlt zudem analog zu den Sicherheitsleuchten in Orange oder Grün. Eine weitere wichtige Signalfunktion haben die Scheinwerfer und Rückleuchten: Immer, wenn das Safety Car auf der Strecke ist, sorgen sie mittels Impulsblinken für zusätzliche Aufmerksamkeit.

Der Innenraum des Safety Cars entspricht dem serienmäßigen AMG GT Black Series mit dem optionalen Track Package inklusive Überrollschutz. Der geschraubte, leichte Titanrohrkäfig des Überrollschutzsystems besteht aus einem Hauptbügel, einer Gurtbefestigungsstrebe, zwei Heckstreben sowie einem diagonalen Heckkreuz. Das System erhöht die bereits exzellente Fahrzeugsteifigkeit weiter und hat somit einen positiven Einfluss auf die Fahrdynamik des Fahrzeugs. Außerdem erhöht es die passive Sicherheit.

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Neu sind lediglich die von der FIA (Fédération Internationale de l’Automobile) vorgeschriebenen Sechs-Punkt-Gurte sowie zwei Tablets in der Mittelkonsole und in der Instrumententafel vor dem Beifahrersitz. Sie dienen Copilot Richard Darker zur Beobachtung des Formel 1 Feldes.

Auf dem Display des linken Tablets in der Mittelkonsole ist das internationale TV-Signal zu sehen. Auf dem rechten Monitor können wahlweise die animierte Darstellung mit der aktuellen Position der Rennfahrzeuge auf der Strecke oder aktuelle Rundenzeiten angezeigt werden.

Das Datenmanagement der visuellen Kommunikationslösungen übernimmt ein InCar Hotspot mit WLAN-Funknetz. Während sich Bernd Mayländer auf die Strecke konzentrieren muss und gleichzeitig das Geschehen im Rückspiegel beobachtet, ist Richard Darker im Funkkontakt mit der Rennleitung.

In der Mittelkonsole finden sich zwei rote Taster für die Steuerung sämtlicher Funkbefehle sowie zwei Drehregler für das Justieren der Lautstärke. Mayländer und Darker kommunizieren ebenfalls per funkbasierter Gegensprechanlage miteinander. Als Backup-Lösung für Notfälle ist ein zweites Funksystem im Cockpit integriert.

Die leichten Rennschalensitze sind Bestandteile des Track Packages, das auch jeder Kunde ordern kann. Im Safety Car sind die Seitenlehnen allerdings außen zusätzlich mit je einem kleinen Cupholder ausgestattet, um eine Trinkflasche aufnehmen zu können. Die Steuerung der Lichtzeichen erfolgt über ein Bedienpanel im vorderen Dachbereich, wobei runde, farblich passend beleuchtete Drucktaster präzises Schalten auch mit den Rennhandschuhen sicherstellen.

Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022
Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022

Zusätzlich sind verschiedene FIA-spezifische Systeme, die auch in jedem Formel 1-Rennwagen vorhanden sind, installiert – etwa das Transpondersystem für die Zeitnahme, das hochauflösende GPS und die Einheitstelemetrie. Ebenfalls verbaut ist das "Marshalling System": Es zeigt mit drei farbigen LED im Kombiinstrument und im Beifahrerbereich die Flaggensignale des jeweiligen Streckenabschnitts an.

Hinzu kommt das so genannte "Medical Warning Light". Sollte es auf der Strecke zu einem Unfall kommen, bei dem eine kritische Schwelle der G-Kräfte überschritten wird, blinken die LED mehrfach auf. So können sich Bernd Mayländer und Richard Darker noch besser auf einen bevorstehenden Einsatz vorbereiten.

Hohe Kurvengeschwindigkeiten, dynamische Zwischenspurts und schnelle Rundenzeiten – das Anforderungsprofil der FIA für das Safety Car ist anspruchsvoll. Dabei darf das Safety Car nicht zu langsam fahren, damit die Reifen und Bremsen der Formel 1-Fahrzeuge nicht zu stark abkühlen und die Motoren nicht überhitzen.

Der AMG GT Black Series wurde mit 537 kW (730 PS) Leistung, dem verstärkten Rohbau und dem neuen, vielfach verstellbaren Fahrwerk ausgestattet. Intelligente Leichtbaumaßnahmen und die aktive Aerodynamik wurden gezielt für den Rennstreckeneinsatz entwickelt.

Die Fahrleistungen sind dafür mehr als ausreichend: So erledigt die Serienversion des Mercedes-AMG GT Black Series den Spurt von null auf 100 km/h in 3,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird erst bei 325 km/h erreicht.

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Als zweites Official Car kommt der Mercedes-AMG GT 63 S 4MATIC+ in Bahrain zu seinem Formel-1-Debüt – und löst den Vorgänger C 63 S AMG T ab. Das neue Medical Car steht für eine schnelle Notfallversorgung parat und ist mit bis zu drei Medizinern besetzt, darunter Dr. Ian Roberts, Medizinischer Rettungskoordinator der FIA. Im Fond nehmen ein oder zwei lokale Mediziner Platz – sie kommen aus einer Spezialklinik nahe der jeweiligen Rennstrecke.

Das Medical Car folgt dem Formel 1-Feld in der Startrunde, weil die Rennwagen in dieser kritischen Rennphase besonders dicht beisammen sind. So erreichen die Ärzte bei einem Zwischenfall schnellstmöglich die Unfallstelle und können sofort mit der medizinischen Erstversorgung starten. Während des Rennens steht das Medical Car neben dem Safety Car in der Boxengasse auf Stand-by.

Der 4,0-Liter-V8-Biturbomotor des neuen Medical Car bietet eine Höchstleistung von 470 kW (639 PS) und beschleunigt das viertürige Coupé im Serientrimm von null auf 100 km/h in 3,2 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 315 km/h erreicht. Ein Vorteil gegenüber dem C 63 S mit Heckantrieb ist der vollvariable Allradantrieb.

Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022

In optischer Hinsicht unterscheidet sich das Medical Car vom Serienfahrzeug vor allem durch die markanten FIA- und F1-Logos und den Leuchtbalken auf dem Dach. Er ist auf einer Carbonhutze platziert, die so gestaltet ist, dass sie dem Fahrtwind möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Gleichzeitig sorgt sie für eine aerodynamisch optimale Anströmung des feststehenden Heckflügels. 

Hingegen sind Scheinwerfer und Rückleuchten mit Signalfunktion sowie das beleuchtete hintere Nummernschild mit Medical Car Schriftzug weitere Unterschiede zum Serienfahrzeug. Im Kofferraum ist die komplette Notfallausrüstung inklusive Defibrillator, Beatmungsgerät, Rettungsschere und zwei Handfeuerlöschern sicher verstaut. Bei geöffneter Heckklappe warnen zusätzliche Flashlights das vorbeifahrende Rennwagenfeld.

Für die Insassen gibt es vier einzelne Rennschalensitze, inklusive Sechspunktgurten an den Vordersitzen und Vierpunkt-Gurten an den Fondplätzen. Für maximale Sicherheit sind die Sitzkonsolen in den Wagenboden eingeschweißt. Die FIA-Schaltereinheit entspricht der Ausstattung des Safety Cars, ist hier aber in der Mittelkonsole platziert. Eine Funkausrüstung dient der Kommunikation mit der Rennleitung.

Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022
Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022

Zur Beobachtung des Renngeschehens sind drei Tablets und ein zusätzlicher Monitor für den elektronischen Rückspiegel n der Instrumententafel auf der Beifahrerseite installiert. Wie das Safety Car verfügt auch das Medical Car über einen InCar Hotspot und ein WLAN-Funknetz.

Alle Formel 1-Rennfahrer tragen besondere Handschuhe, die am kleinen Finger mit Vitalsensoren ausgestattet sind. Bei einem Notfall können die Mediziner im Medical Car in Echtzeit per Funk auf einem der Bildschirme die aktuellen Werte zu Puls oder der Blut-Sauerstoffsättigung des Verunglückten empfangen. Somit können die Erstfall-Maßnahmen effektiv und zielgerichtet abgestimmt werden.

Auch in der Saison 2022 starten das Mercedes-AMG Official F1 Safety Car und das Official F1 Medical Car mit der auffällig roten Lackierung des Vorjahres. Bei beiden Modellen sind die aerodynamischen Anbauelemente sowie der untere Fahrzeugbereich rundum in Schwarz gehalten. Zudem rollen sie auf schwarzen AMG-Leichtmetallrädern mit roten Felgenrändern.

Drei hoch qualifizierte AMG Techniker betreuen den Einsatz der Fahrzeuge während der kompletten Saison. Wie bereits im Vorjahr teilt sich Mercedes-AMG die Aufgaben von Safety Car und Medical Car mit dem britischen Sportwagenhersteller Aston Martin. Beide Marken unterhalten eine weitreichende Technik-Kooperation, unter anderem liefert Mercedes-AMG seine Achtzylinder-Biturbo-Motoren an die Briten.

Bildergalerie: Mercedes-AMG Safety Car und Medical Car Formel 1 2022