Selten, so hat man das Gefühl, hat man mehr von einem Auto gesehen als von diesem. Dabei ist es noch nicht mal auf dem Markt. Unzählige Tarnstufen, unzählige Ableger in unzähligen Tarnstufen, eine messerscharfe Limousinen-Studie, eine futuristische Elektro-Studie, Meldungen über Scheinwerfer, Grills und den (absolut erstaunlichen) Innenraum, funkelnde neue Infotainmentwelten … Beim Daimler weiß man eben, wie man die PR-Trommel rührt. Jetzt aber ist endgültig Schluss mit der quälenden Salami-Taktik. Sagen Sie Hallo zur neuen, dritten Generation der Mercedes A-Klasse. Alle Bilder, alle Infos, alle komplett neuen Motoren und die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Konkurrenz in München, Ingolstadt und Wolfsburg gerade ziemlich blöd aus der Wäsche schaut.

Kompakter Mini-CLS
Warum sie schaut? Wegen des Innenraums im „Liebling, ich habe die S-Klasse geschrumpft“-Stil. Und wegen des neuen MBUX-Infotainmentsystems. Gegen beide wirkt alles, was wir bisher in der Kompaktklasse gesehen haben, wie ein ziemlich schlechter Witz. Aber dazu kommen wir gleich. Lassen Sie uns den neuen Baby-Benz doch erst mal in Ruhe ansehen. Von vorne: Mini-CLS. Von hinten: aktueller Mercedes-Chic in Schrägheck-Form. cW-Wert: schnittige 0,25, Klassenbestwert. Serienmäßig kommt die A-Klasse mit Halogen(!)-Scheinwerfern. Gegen Aufpreis gibt es zwei verschiedene LED-Varianten.

Mehr Platz, bitte
Die Grundform dürfte Ihnen vom Vorgänger bekannt vorkommen. Allerdings gibt es nun deutlich mehr davon. Die neue A-Klasse ist 4,42 Meter lang und damit zwölf Zentimeter länger als bisher. Dazu gibt es 1,6 Zentimeter mehr Breite (1,80 Meter) und 0,6 Zentimeter mehr Höhe (1,44 Meter). Der Radstand wächst um drei Zentimeter auf 2,73 Meter. Das sollte eines der zentralen A-Klasse-Probleme lindern. Genau, es geht ums Raumangebot. Mercedes verspricht vorne wie hinten mehr Schulterraum, Ellenbogenbreite, Kopffreiheit sowie einen entspannteren Einstieg in den Fond. Der Kofferraum wächst um 29 auf 370 Liter. Deutlich wichtiger: Dank der nun zweigeteilten Rückleuchten fällt die Kofferraumöffnung dicke 20 Zentimeter breiter aus. Gleichzeitig ist der Kofferraumboden 11,5 Zentimeter länger. Rundumsicht? War bisher eher mau. Schlankere Säulenverkleidungen bringen hier eine Verbesserung um zehn Prozent.

Alle Motoren neu
Lassen Sie uns über Motoren sprechen. Alle sind komplett neu. Zum Start der neuen A-Klasse im Mai 2018 wird es drei Varianten geben. Den Einstieg markiert der A 180d, ein 1,5-Liter-Diesel mit 116 PS und 260 Newtonmeter. Er kommt mit SCR-Kat samt Ad-Blue-System (23,8-Liter-Tank), erfüllt Euro6d temp und soll 4,1 Liter verbrauchen. Der vorläufige Basis-Benziner A 200 kommt mit einem neuen 1,33-Liter-Vierzylinder-Turbo inklusive Zylinderabschaltung, leistet 163 PS und 250 Newtonmeter und soll im Bestfall mit 5,1 Liter auskommen. Topmodell ist der A 250 mit zwei Liter Hubraum. Er bringt es auf 224 PS, 350 Newtonmeter und ziemlich bemerkenswerte Fahrleistungen. 0-100 km/h gehen in 6,2 Sekunden, die Spitze liegt bei 250 km/h. Verbrauch: 6,0 Liter. Schwächere Diesel- und Benziner-Aggregate werden folgen. Ebenso erwarten wir zwei AMG-Derivate – einen über 400 PS starken A 45 sowie einen um die 280 PS starken „AMG Light“ – und einen Plug-in-Hybrid.

Neue Doppelkupplung, spaßigerer Allrad

A 250 und A 180d werden serienmäßig mit Siebengang-Doppelkupplung ausgeliefert. Beim A 200 ist sie optional (Serie: Sechsgang-Handschalter). Der 250er nutzt eine optimierte Version des bisherigen Getriebes. Die schwächeren Motorisierungen erhalten eine Neuentwicklung von Getrag. Der 4Matic-Allradantrieb ist gegen Aufpreis für alle Varianten verfügbar. Das vollvariable Haldex-System wurde laut Mercedes auf mehr Agilität hin getrimmt und soll seine Charakteristik in den einzelnen Fahrmodi spürbarer ändern.

Drei Fahrwerke zur Wahl
Das bringt uns direkt zum Fahrverhalten. Vorne kriegt die neue A-Klasse wie bisher eine McPherson-Achse. Hinten gibt es für die schwächeren Modelle eine Verbundlenkerachse, für die stärkeren und die Allrad-Varianten eine Vierlenkerachse. Dazu haben Sie die Wahl aus gleich drei Fahrwerken. Das Komfortfahrwerk ist Serie. Optional erhalten Sie das sogenannte „tiefergelegte Komfortfahrwerk“ (minus 15 Millimeter) sowie ein Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern. Eine steifere Karosserie dürfte dem kleinsten Benz dynamisch ebenfalls helfen. Mercedes setzt auf deutlich mehr feste und hochfeste Stähle, das Gewicht bleibt allerdings auf Vorgänger-Niveau. Ab Werk rollt die A-Klasse auf 16-Zöllern, bis zu 19 Zoll große Räder werden Sie im Prospekt aber ebenfalls finden.


Innen das Beste oder nix
Kommen wir zum absoluten Highlight der dritten A-Klasse-Generation. Damit meinen wir alles, was Sie erleben, wenn Sie drin sitzen. Ganz ehrlich: Neben diesem Interieur sieht selbst die Premium-Konkurrenz verdammt alt aus. Ambiente: eine coolere, jüngere Version der bekannt erlesenen S- und E-Klasse-Komposition. Außer, dass Sie in der E-Klasse für die fetten Displays zahlen müssen. Eine Basis-Option mit analogen Instrumenten? In der A-Klasse Fehlanzeige. Los geht es mit zwei Sieben-Zoll-Bildschirmen. Darüber rangiert die Kombination aus 7-Zoll- und 10,25-Zoll-Display, die Topausführung sind zweimal 10,25 Zoll. Als erster Mercedes bekommt die A-Klasse einen Touchscreen, hinzu kommen ein Touchpad auf der Mittelkonsole und die aus E- und S-Klasse bekannten Touch-Control-Buttons am Lenkrad.

Hightech ohne Ende

Nahezu völlig nach persönlichen Vorlieben lässt sich das volldigitale Kombi-Instrument konfigurieren (nur beim 10,25-Zoll-Screen). Im Fullscreen-Modus wird die gesamte Fläche des Kombi-Instruments für die Darstellung von Assistenz, Reise oder Navigation genutzt. Apropos Navi: Ein ganz neues Feature ist die von Augmented Reality ergänzte Kartendarstellung. Ein mit Hilfe der Frontkamera aufgenommenes Videobild der Umgebung wird dabei um hilfreiche Navigationsinformationen angereichert, zum Beispiel werden Hinweispfeile oder Hausnummern automatisch direkt ins Bild auf dem Touchscreen eingeblendet. Außerdem erkennt MBUX (Mercedes-Benz User Xperience) Ihre Gewohnheiten und macht entsprechende Vorschläge. Rufen Sie also bloß nicht zu oft Freitags Abends Ihre Schwiegermutter an, die A-Klasse merkt sich alles.

 
A-Klasse versteht wohl fast alles
Hervorgehoben wird seitens Mercedes die Spracherkennung, welche nicht nur auf festgelegte Kommandos reagiert, sondern auch auf indirekte Sprache. Los geht‘s immer mit „Hey Mercedes“ (schönen Gruß nach Cupertino). Dann sagen Sie zum Beispiel einfach "Mir ist kalt" statt "Temperatur auf 24 Grad". Gleichzeitig ist das System lernfähig und versteht auch Nicht-Muttersprachler besser. Etwas beängstigend: Die Software-Modelle auf dem Server lernen mit der Zeit neue Modewörter oder einen geänderten Sprachgebrauch. Irgendwann wird das schwäbische Siri den Slang Ihrer Kinder also besser verstehen als Sie.
 
Assistenten aus der S-Klasse
Klingt alles stark nach Oberklasse? Keine Sorge, es geht noch weiter: Head-up-Display? Sitze mit Belüftung und Massagefunktion? Ambientebeleuchtung in 64 Farben? Kriegen Sie alles. Außerdem das komplette Assistenzsysteme-Arsenal aus der S-Klasse. Inklusive semiautonomen Fahrfunktionen und automatischer Geschwindigkeitsanpassung vor Ortsschildern, Kreisverkehren oder Tempolimits. Ach ja, praktischer wird die neue A-Klasse auch. Die Ablagen in den Türen kriegen nun auch 1,5-Liter-Flaschen unter und generell ist im ganzen Innenraum mehr Platz für all Ihren Kleinkram. Wenn das am Ende nicht mal das Allerwichtigste ist. Preise stehen übrigens noch nicht fest. Wir gehen aber davon aus, dass eine A-Klasse mit all den irren neuen Technik-Features Löcher von ungeahnter Größe in Ihr Konto fräsen wird. Nach dem Genfer Autosalon im März 2018 wissen wir mehr.

Bildergalerie: Alle Infos zur neuen Mercedes A-Klasse