Mit Spannung ist der heutige Beschluß der EU-Kommission zu Vorschlägen für schärfere CO2-Grenzwerte erwartet worden. Würden die diversen Lobby-Verbände ihren Einfluss doch noch geltend machen können? Würde die Bundesregierung – allen voran Bundes-Außenminister Sigmar Gabriel – mit ihren Interventionen zum Schutz der heimischen Autoindustrie noch auf das Ergebnis einwirken können? Letztlich kann man es wohl sehen, wie man will. Klar ist aber: Die Autohersteller in der Europäischen Union sollen die Kohlendioxid-Emissionen ihrer Neuwagen bis 2030 um weitere 30 Prozent senken.

Ausgangsbasis für dieses Ziel ist die derzeit gültige Regel, nach der alle neuen Modelle in der EU ab 2021 im Mittel noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren dürfen. Für leichte Nutzfahrzeuge gilt ein Grenzwert von 147 Gramm. Ein Zwischenschritt, gegen den sich vor allem von Seiten Matthias Wissmanns, Präsident des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA), Widerstand regte, wurde ebenfalls festgehalten. So soll der Kohlendioxid-Ausstoß von Neuwagen bis zum Jahr 2025 zunächst um 15 Prozent gesenkt werden.

Die aktuellen Grenzwerte, auf denen die neuen Ziele aufbauen, basieren allerdings noch auf dem alten NEFZ-Messverfahren, das mittlerweile durch einen neuen und realistischeren Messzyklus abgelöst wurde. Gut möglich, dass die CO2-Vorgaben deshalb nochmal nach oben korrigiert werden. Selbst unter dem alten Verfahren, so die Meinung vieler Experten, sei das Erreichen der neuen Grenzwerte für viele Hersteller unrealistisch.

Was auch immer letztlich noch passieren wird, Autoherstellern, die die Zielvorgaben nicht einhalten, drohen empfindliche Strafen. Die EU beansprucht 95 Euro für jedes zu viel emittierte Gramm CO2. Pro Auto, wohlgemerkt. Bei großen Herstellern mit schweren, PS-starken Autos wie Mercedes oder Audi könnten so schnell Milliarden-Beträge zusammenkommen.

Eine verbindliche Elektroauto-Quote soll es indes nicht geben. Allerdings möchte die EU-Kommission, dass die Autohersteller bis 2030 wenn möglich 30 Prozent ihrer Neuwagen mit alternativen Antrieben auf den Markt bringen. Dazu setzt die Europäische Union auf ein Anreizsystem. Für eine schnelle Steigerung des Anteils emissionsarmer Fahrzeuge sollen die Hersteller Bonuspunkte für das Erreichen der CO2-Ziele erhalten. Außerdem fördert man den Ausbau von Ladestationen europaweit mit 800 Millionen Euro.

Wie zu erwarten war, sind die Reaktionen auf den EU-Beschluss äußert zwiegespalten. Die Grünen sind mit den Vorgaben überhaupt nicht einverstanden. "Der Vorschlag der EU-Kommission ist eine Mogelpackung. Ganz offensichtlich haben die Lobbyverbände der Automobilwirtschaft bei der Kommission wieder mal ganze Arbeit geleistet", sagt Oliver Kirscher, Grünen-Fraktionsvize im Bundestag. Der VDA hingegen schreibt in einer Stellungnahme: "Der vorgelegte Entwurf stellt die Automobilindustrie vor extreme Herausforderungen. Ob diese vorgeschlagenen CO2-Zielwerte zu erreichen sind, ist aus heutiger Sicht mehr als fraglich".

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