Auch wenn Kia selbst davon ausgeht, dass Käuferinnen und Käufer der zweiten Generation des Niro zu 70 Prozent auf den vollelektrischen Niro EV zurückgreifen werden, wird das Kompakt-SUV weiterhin mit Vollhybrid- und Plug-in-Hybrid-Antrieb angeboten. Wo liegen hier – abgesehen von dem offensichtlichen Anschluss für einen Typ2-Stecker – die Unterschiede? Wir haben den Niro HEV und den Niro PHEV einem Kurztest unterzogen.

Oder doch ohne Verbrenner?

Bevor wir direkt mit einem Datenvergleich der beiden Teilzeitstromer loslegen, haben Sie sich vielleicht schon innerlich dazu entschieden, künftig doch eher zu dem größeren Niro-Kundenstamm zu gehören und Sie wollen vollelektrisch unterwegs sein. Dann empfehlen wir unseren ausführlichen Testbericht zum Kia Niro EV, der ab sofort auch auf unserer Schwesterseite InsideEVs.de verfügbar ist. Jetzt aber zurück zu den HEV- und PHEV-Daten:

  Kia Niro HEV Kia Niro PHEV
Motor 1,6-Liter-Vierzlinder-Benziner + EV 1,6-Liter-Vierzlinder-Benziner + EV
Getriebe 6-Gang-DCT (2. Generation mit elektrischem Rückwärtsgang)  6-Gang-DCT (2. Generation mit elektrischem Rückwärtsgang)
Antrieb Frontantrieb Frontantrieb
Leistung (Verbrenner) 105 PS 105 PS
Leistung (EV) 43,5 PS 84 PS
Drehmoment (EV) 170 Nm 203 Nm
Systemleistung 141 PS 183 PS
Systemdrehmoment 265 Nm 265 Nm
Batteriekapazität 1,32 kWh 11,1 kWh
Elektrische Reichweite 59 – 76 km
Beschleunigung 10,8 s 9,8 s
Höchstgeschwindigkeit 162 km/h (EV: 120 km/h) 161 km/h (EV: 134 km/h)
Verbrauch (WLTP) 3,4 – 4,2 l/100km 1,3 – 1,6 l/100km + 10,5 – 13,0 kWh/100km
Emissionen (WLTP) 79 – 97 g/km 29 – 36 g/km
Länge X Breite X Höhe (mm) 4.420 x 1.825 x 1.545  4.420 x 1.825 x 1.545
Leergewicht 1.474 – 1.565 kg 1.594 – 1.685 kg
Kofferraumvolumen 451 – 1.445 l 348 – 1.342 l
Zuladung max. 466 kg max. 466 kg
Anhängelast (gebremst, 12% Steigung) 1.300 kg 1.300 kg
Preis ab 30.690 Euro ab 36.690 Euro

Optische Unterschiede gibt es zwischen dem Vollhybrid-Niro und dem Niro mit nennenswerter Elektro-Reichweite übrigens so gut wie nicht. Bei genauem Hinsehen kann man jedoch die zusätzliche Ladeklappe im Grill des PHEV-Modells erkennen. Ein weiteres Indiz ist dann eigentlich nur noch das E-Kennzeichen. Das wars.

Bildergalerie: Kia Niro Hybrid (2022) im Test

Beide Versionen verfügen ausschließlich über die Modi "Eco" und "Sport", die sich über den Knopf am griffigen Lenkrad einstellen lassen. Zudem kann man beim PHEV-Derivat noch den EV-Modus anpassen und zwischen "Hybrid", "Electric" und "Automatic" wählen. Diese Modi fehlen dem Vollhybriden. Hier muss man sich rein darauf verlassen, dass die Software das richtige Zusammenspiel zwischen Verbrenner und E-Motor regelt.

Gedenksekunden und hohe Drehzahlen

Und das geschieht erstaunlich gut. Was sich wann wie zu- oder abschaltet geschieht unmerklich. Lediglich beim Kickdown muss sich die Technik eine Gedenksekunde lang sortieren, bevor der Gasbefehl in Vortrieb umgesetzt wird. Außerdem ein wenig nervig: Selbst im "Eco"-Modus wird der Verbrenner öfter mal eher sinnlos in ziemlich hohen Drehzahlen gehalten, was sich negativ auf die Akustik im Kia auswirkt – aber auch auf den Verbrauch. Am Ende unsere HEV-Testfahrt erreichen wir einen Durchschnitt von 6,4 l/100km.

Bildergalerie: Kia Niro Plug-In Hybrid (2022) im Test

Den PHEV nehmen wir mit vollem Akku entgegen und begeben uns auf die identische Testrunde. Hier kommen wir mit 4,4 l/100km aus. Allerdings stellen wir das Fahrzeug mit nur noch 50 Prozent Batterieladung wieder ab. Haben also rund 5 bis 6 kWh zusätzlich auf den 50 gefahrenen Kilometern verbraucht.

Die Mehrleistung wird übrigens von dem Zusatzgewicht aufgefressen. Und auch wenn der PHEV auf dem Papier eigentlich eine Sekunde schneller auf Tempo 100 sein sollte als der HEV, wirken beide gleich träge. Der Niro EV ist hier die deutlich spritzigere Wahl.

Kia Niro Hybrid (2022) im Test

Alles auf hohen Komfort

Aber am Ende ist es auch egal wie Ihr künftiger Niro nun angetrieben wird. Sportlich oder spaßig ist kein Modell dieser Baureihe. Obwohl an allen fahraktiv-relevanten Bauteilen nachgebessert wurde und der Niro im Vergleich zu seinem Vorgänger jetzt satter und stabiler auf der Straße liegt. Gefühlt schmälert das aber einen Hauch die etwas unpräzise Leichtigkeit, die den letzten Niro ausgezeichnet und irgendwie auch liebenswert gemacht hat.

Alles (Fahrwerk, Lenkung, Bremse, Assistenten und das ansprechende sowie leicht bedienbare Infotainment) ist aber jetzt noch eindeutiger auf Komfort ausgelegt. Sehr erfolgreich. Denn trotz der optionalen 18-Zoll-Felgen sind die Abrollgeräusche gering und die Windgeräusche halten sich dank der überarbeiteten Aerodynamik ebenfalls zurück. Und durch die bequemen Sitze, das moderne, gut verarbeitete sowie teilweise aus recycelten Rohstoffen hergestellte Interieur fühlt man sich direkt wohl in der zweiten Niro-Generation.

Kia Niro Plug-In Hybrid (2022) im Test

Preislich trennen beide Modelle 6.000 Euro. Also in etwa noch die aktuelle Förderung, die in Deutschland aber auslaufen wird. Zum Niro EV ist der Schritt mit rund 11.000 beziehungsweise 17.000 Euro deutlich größer. Allerdings ist das vollelektrische Modell immer mit nahezu allen sonst aufpreispflichtigen Optionen ausgerüstet.

Fazit: Die Qual der Wahl ... bleibt

Alle Niro-Modelle sind auf ihre Art und Weise empfehlenswert und beim Anschaffungspreis gibt es rein rechnerisch noch keine großen Differenzen. Den Grad der Elektrifizierung müssen Sie also von Ihrem persönlichen Profil abhängig machen. Wollen Sie sich keine Gedanken über Ihre Fortbewegung machen, ist der Niro HEV eine unkomplizierte wie effiziente Wahl.

Können Sie konsequent Strom für Pendelwege tanken, wollen aber nicht auf lange Fahrtstrecken ohne Reichweitenangst verzichten, ist der PHEV noch so lange eine bessere Option, bis die Förderung wegfällt und sich die Besteuerung ändert. Der EV? Der ist eigentlich immer eine gute Wahl. Ehrlich.