Die Zeiten ändern sich ja gerade noch ein bisschen schneller als sonst. Und sie ändern sich nicht unbedingt zugunsten des klassischen, fahraktiven Sportcoupés mit Verbrennungsmotor. So gesehen, muss man BMW wohl wirklich dankbar sein für den neuen 2er. Sein Vorgänger war einer der besten auf diesem Gebiet und glücklicherweise halten die Münchner auch beim künftigen 2er an der bewährten Formel fest.
Das Layout des 2er Gran Coupé mit Vorderradantrieb und quer eingebauten Motoren stand nie zur Disposition. Der zweitürige 2er, so höre ich es immer wieder an diesem Testtag im BMW-Entwicklungszentrum Maisach, ist ein Auto für die Fans. Deswegen gibt es das klassische BMW-Setup mit Heckantrieb oder heckbetontem Allradantrieb und einen Sechszylinder gibt es auch.


Ob das fahrdynamisch alles weiterhin so prächtig funktioniert wie beim alten F22, gilt es heute zum ersten Mal herauszufinden. BMW hat zur Erprobungsfahrt mit technisch weitgehend fertigen Prototypen geladen. Den Anfang macht der neue 230i.
Die Architektur teilt sich dieser - wie die anderen 2er - größtenteils mit dem aktuellen 3er und 4er. Interessanterweise gibt es aber auch einige Berührungspunkte mit dem Z4. Vorder- und Hinterachs-Setup etwa sind gleich. Außerdem konnte man den 2er straffer und kompromissloser abstimmen und die Hinterachse steifer anbinden als beim 4er, "weil es bei diesem Auto für den Kunden aus Akustik- und Komfortgründen nicht so relevant ist", wie es Projektleiter Martin Gruber sagt.
Insgesamt ist auch die Karosserie um 12 Prozent steifer geworden. Das wiederum erweitert die Möglichkeiten bei der Fahrwerksabstimmung und erhöht die Lenkpräzision. Änderungen an der Vorderachse erlauben zudem mehr Negativsturz, was das Einlenkverhalten beschleunigt.
Zu sehen gibt es freilich noch so gut wie gar nichts. Die Prototypen sind fürchterlich dick verkleidet. Das ist jammerschade, denn in einem geschlossenen Raum auf dem Testgelände durfte ich bereits einen kurzen Blick auf das fertige Auto werfen und ich könnte mir vorstellen, dass es viele Menschen versöhnen wird, die zuletzt so ihre Probleme mit den Design-Eskapaden aus München hatten. Mit anderen Worten: Das Teil sieht absolut hinreißend aus. Freuen Sie sich auf die offizielle Vorstellung im Juni.
Immerhin sieht man auch durch die Folie, dass es eine sehr lange Motorhaube und ein ziemlich kurzes Heck geben wird. Neben dem alten 2er sieht der neue nicht wirklich größer aus, aber ein wenig Wachstum gibt es dann doch. Das gilt vor allem auch für den Fußabdruck. Der Radstand erweitert sich um 51 Millimeter, die Spurweiten um 52 Millimeter vorne und 31 Millimeter hinten. Außerdem können nun ab Werk bis zu 19 Zoll große Räder im Standard-2er untergebracht werden.
Das Antriebsportfolio zum Marktstart umfasst den 220i, den 220d, den 230i und den sechszylindrigen M240i xDrive, von dem es etwas später auch eine Version mit Heckantrieb geben wird. Der M2 folgt 2023. Wer einen Handschalter sucht, der kann das ziemlich lange tun, es wird nämlich keinen geben. Einzige Option durch das komplette Lineup ist die bewährte ZF 8-Gang-Automatik.
Der hinterradgetriebene 230i kommt mit dem bekannten 2,0-Liter-Turbo. Er macht 245 PS und ist, wenn man ehrlich ist, vermutlich alles, was man braucht. Wie bereits im 3er und 4er ist der B48-Motor auch hier ein Sahnestück von einem Vierzylinder, sehr geschmeidig, drehfreudig und mehr als schnell genug - die 0 auf 100 km/h gehen in 5,9 Sekunden.
Bildergalerie: BMW 230i Coupe (2021) PreDrive
Was bereits nach ein paar Metern auffällt, ist das extrem agile, fast schon hyperaktive Wesen des neuen 2er. Hier scheint sich bei der Abstimmung der sportlichen Konzern-Modelle nun endgültig ein Schema durchgesetzt zu haben. Im Vergleich zum M240i (zu dem gleich mehr) ist die Vorderachse mit dem leichteren Vierzylinder noch leichtfüßiger und spielerischer. Die Reaktionen sind lächerlich schnell. Auch hier fühlt sich die Lenkung wieder ein wenig synthetisch und überagilisiert an, aber es ist schwer von der Hand zu weisen, dass dieses brutal quirlige Gefährt Spaß bereitet.
Die Balance (Gewichtsverteilung nahezu 50:50) ist auf den Punkt. Das Auto verfügt über jede Menge Traktion, lässt einen aber immer wissen, dass die Kraft von der Hinterachse kommt. Der Testwagen verfügt über das non-adaptive Fahrwerk und das optionale Hinterachs-Sperrdifferenzial.
Die Sitzposition und das serienmäßige Sportgestühl passen wie ein Handschuh. Ansonsten übernimmt das Interieur vieles vom größeren 4er. Da darf man sich also auf einen ordentlichen Sprung gefasst machen. Etwas nervig: Ist das Glasdach an Bord, wird es für den Scheitel schnell mal etwas eng.
Das Auto ist straff, aber nicht unangenehm, sondern einfach sehr sehr gut und wertig gefedert. Wie beim aktuellen 4er wurde der Unterbau auch hier mit diversen Streben und Schubfeldern getunt, um die Fuhre zu versteifen und das Performance-Level zu erhöhen.
Gegenüber dem 4er merkt man dem 2er die erwähnte Radikalisierung in der Abstimmung aber durchaus an. Er wirkt noch schärfer und direkter, lässt seitlich weniger Aufbaubewegungen zu. Später auf dem Nasshandling-Kurs kann man den 230er dann auch mal ein bisschen quer fahren. Natürlich erfordert es nicht viel Nachdruck, die sogenannten "Drift Machine", wie die BMW-Ingenieure den 2er während der Entwicklungsarbeit getauft haben, ins Übersteuern zu bewegen, aber durch die superdirekte Lenkung mit ihren hohen Rückstellkräften wirkt auch dieser BMW-Sportler im Grenzbereich ein wenig arg schnappig.

Nächster Halt M240i xDrive. Klar, der Vierzylinder ist wirklich gut und für einen Vierzylinder auch überdurchschnittlich charismatisch, aber BMWs B58-Sechszylinder ist dann irgendwie doch eine andere Welt. Mit 374 PS und 500 Nm hat er mehr Leistung als der erste M2. Er ist so geschmeidig, so irre drehfreudig, alles wirkt so leicht.
Und er versorgt den 240er mit einem Punch, einer Athletik, diesen Reserven, die ähnlich starke Vierzylinder einfach nicht generieren können. Von 0 auf 100 km/h geht es in 4,5 Sekunden, abgeregelt wird bei 250 Sachen.
Abgesehen davon klingt er in dieser Applikation absolut heroisch. Im wilderen, anarchischeren 2er durfte offensichtlich auch die Klang-Abteilung ein wenig mehr durchdrehen. Gut so!
Da mir beim 4er Coupé die Alte-Schule-Attitüde des 430ers besser zusagte als das Übereifrige, Überspitze und gezwungen Sportliche des M440i, hatte ich auch beim M240i-Prototypen meine Zweifel. Aber hier verhält es sich dann doch ein gutes Stück anders.



Das Auto fühlt sich im Handling einfach runder an. Wie und vor allem wie schnell das alles fährt, das kommt schon relativ nah an den alten M2 heran. Der zeigt natürlich schon noch mehr Kante. Und er federt deutlich eckiger. Auch hier, der 240er hatte das optionale M-Sport-Adaptivfahrwerk an Bord, zeigt sich wieder, wie viel Hirnschmalz in die Dämpfer geflossen ist. Selbst auf sehr schlechten Straßenabschnitten verliert das Auto nie die Contenance. Es ist auch hier wieder sehr sehr direkt und verspielt, aber gut zu beherrschen. Und der Abrollkomfort bleibt immer exzellent, auch in den sportlicheren Fahrmodi.
Ein Extra-Lob gebührt einmal mehr den Abstimmern des Allradantriebs. Selbst eiserne Fans des Heckantriebs werden feststellen, dass es kaum etwas zu vermissen gibt. Ganz im Gegenteil. Der M240i xDrive mit seinem serienmäßigen Sperrdifferenzial fühlt sich grundsätzlich an wie ein Auto mit Hinterradantrieb, nur dass er eben wesentlich mehr Grip hat. Offensichtlich wird das vor allen Dingen auf Nässe. Wo ein M2 kaum noch vom Fleck kommt, zieht der 240er stoisch und mit verblüffend hohen Kurvenspeeds seine Bahnen. Trotzdem bleibt das Fahrverhalten unterhaltsam.
Auch wenn ich noch nicht das finale Produkt fahren durfte, glaube ich, dass BMW, wie angekündigt, ein Auto für die Fans auf die Räder gestellt hat. Vielleicht kommt nicht jeder mit BMWs derzeitigem, etwas hyperaktiven Performance-Ansatz zurecht. Das ändert aber nichts daran, dass der neue 2er eine hervorragend motorisierte, fantastisch gefederte Fahrmaschine mit dem Antrieb auf der richtigen Seite ist. Schön, dass BMW den Mumm hat, ein solches Auto auch weiterhin anzubieten.
Aktuell wird mit Hochtouren an der Vorbereitung der Produktion im mexikanischen Werk San Luis Potosi gearbeitet, wo alle neuen 2er vom Band laufen. Marktstart ist Anfang 2022.