Ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht oder besser wie zwischen Elefant und Känguru: Als wir unsere beiden Test-Kombis zum ersten Mal nebeneinander stehen sehen, sind wir nahezu entsetzt. Diesen dicken grauen Riesen sollen wir mir dem schlanken roten Brandmeister-Auto vergleichen? Mit seinen fünf Meter Länge und der bulligen Optik sieht der Chrysler 300C Touring wie ein Oberklasse-Kombi aus, obwohl er in die Obere Mittelklasse gehört. Damit verglichen wirkt das Mercedes C 320 CDI T-Modell schlank, außerdem tritt er in der Mittelklasse an. Doch preislich liegen die beiden Kombis nahe beieinander.

MOTOR / GETRIEBE
Auch was den Motor angeht, ähneln sich unsere Testwagen. Wir wählten einen Dreiliter-Diesel. Es handelt sich bei beiden Fahrzeugen um das gleiche Aggregat – eine Nachwirkung der geschiedenen Ehe zwischen Daimler und Chrysler. Dass der Antrieb im 224 PS starken Mercedes sechs PS mehr hat als im 300C, fällt nicht ins Gewicht. Die beiden Selbstzünder besitzen eine Common-Rail-Einspritzung der dritten Generation, das heißt, es wird mit Piezodüsen und 1.600 bar eingespritzt. Das maximale Drehmoment von imposanten 510 Newtonmeter liegt von 1.600 bis 2.800 Touren an. So liefert der Motor guten Vorschub, sogar im Zweitonnen-Chrysler, aber vor allem im rund 200 Kilo leichteren Mercedes.

Abgründe tun sich auf
Insgesamt liegen beim Fahren Welten zwischen den beiden Testkandidaten, wie wir schon auf den ersten Metern spüren. Im Chrysler schwebt man dahin wie in einer Sänfte. Im Stop-and-go-Verkehr hat der 300C auch etwas von einem Öltanker: Es dauert, bis er sich in Bewegung setzt, und man muss den Motor dazu richtig arbeiten lassen. Außerdem füllt das 1,88 Meter breite Auto eine städtische Fahrspur ohne großen Rest, was das Manövrieren nicht eben leichter macht. Der Mercedes ist rund zehn Zentimeter schmaler und fährt sich deshalb viel handlicher – und vor allem wirkt er mit dem V6-Diesel deutlich agiler.

Fünf oder sieben Automatikgänge
Da beim Chrysler eine Getriebeautomatik Serie ist, bestellten wir den Mercedes ebenfalls mit Automatik. Wer will, kann die Gänge bei beiden Autos auch manuell am Wahlhebel wechseln. Die 7G-Tronic besitzt allerdings zwei Gänge mehr als die Fünfgang-Automatik des 300C. Einen spürbaren Vorteil der zwei zusätzlichen Fahrstufen haben wir aber nicht bemerkt. Beim Chrysler nervt, dass sich der Wahlhebel nach dem Motorstart nicht sofort aus der P-Stellung herausbewegen lässt. Die unterschiedlichen Getriebe, die verschiedenen Karosserien und die Gewichtdifferenz führen dazu, dass sich die beiden Testkandidaten in ihren Fahrleistungen deutlich unterscheiden – obwohl sie fast identische Motoren besitzen. So spurtet der Chrysler in 7,9 Sekunden auf Tempo 100, der Mercedes braucht nur 7,1 Sekunden. Auch das Maximaltempo ist beim C-Klasse-Kombi höher. Er schafft 244 km/h, während der 300C Touring höchstens 227 km/h schnell wird. Dafür bleibt der 300C Touring bei hohem Tempo sehr leise.

Enormer Spritverbrauch bei Chrysler
Auch beim Spritverbrauch gibt es Unterschiede. Chrysler gibt ihn mit 8,3 Liter an, Mercedes mit 7,5 Liter. Damit sind beide Autos nicht gerade sparsam: Ein BMW 530d Touring mit Automatik braucht laut Datenblatt nur 6,8 Liter Sprit. In der Praxis ist der Verbrauch unserer Kandidaten noch deutlich höher als vom Hersteller angegeben. Auf unseren Testfahrten benötigten wir mit dem 300C 11,3 Liter, mit der C-Klasse aber nur 9,3 Liter auf 100 Kilometer. Das sind stolze zwei Liter Unterschied. Ein Partikelfilter ist bei beiden Motoren Serie, die Abgase erfüllen die Euro-4-, aber noch nicht die Euro-5-Norm. Halten wir als Ergebnis fest: Der Chrysler fährt sich behäbig, dagegen wirkt die C-Klasse fast so handlich wie ein Kompaktwagen. Der Sieg in der Kategorie Motor und Getriebe geht an Mercedes.

FAHRWERK / LENKUNG
Ähnliche Unterschiede wie bei Motor und Getriebe gibt es beim nächsten Thema. Denn so behäbig, wie der Chrysler-Antrieb wirkt, kommt auch das Fahrwerk daher. Eigentlich kein Wunder, basiert doch der 300C auf der Technik der aktuellen Mercedes E-Klasse, und die ist als Taximodell primär auf Fahrkomfort ausgerichtet. Zwar besitzen beide Autos vorne eine McPherson-Achse, hinten eine Raumlenkerachse. Doch die C-Klasse wirkt damit erstaunlich straff. Das liegt auch an der Ausstattung unseres Testwagens. Serienmäßig erhält das T-Modell ein Agility-Control-Fahrwerk mit hydromechanischer Stoßdämpferregelung, unser Testwagen hat jedoch das optionale Fahrdynamikpaket mit elektronischer Stoßdämpfereinstellung. Wer dieses Paket ordert, bekommt automatisch ein strafferes Fahrwerk mit kürzeren Federn in seinen Kombi eingebaut.

Agile Parameterlenkung
Die Lenkung des C 320 CDI wirkt agil und jugendlich im Vergleich zur etwas zähen Steuerung des 300C. Besonders bei niedrigem Tempo fällt das Lenken hier schwer, und das hat einen einfachen Grund: Der Chrysler hat keine geschwindigkeitsabhängige Servolenkung. Der Mercedes besitzt die zwar serienmäßig auch nicht, doch gegen Aufpreis gibt es die tempoabhängige ,Parameterlenkung". Diese ist auch Teil des bei unserem Testfahrzeug installierten Fahrdynamikpakets. Damit profitiert man bei niedrigem Tempo von einer guten Servounterstützung, während das Lenkrad schön ruhig bleibt, wenn man auf der Autobahn die Kuh fliegen lässt. Alles in allem ist klar: Auch in der Kategorie Fahrwerk und Lenkung liegt das Mercedes C-Klasse T-Modell vorne.

KAROSSERIE / INNENRAUM
Der Chrysler 300C Touring ist mit 5,02 Meter deutlich länger als das Mercedes C-Klasse T-Modell mit seinen 4,60 Metern. Hat man also im US-Kombi deutlich mehr Platz? Im Fond des 300C ist tatsächlich sehr viel Raum für Knie und Kopf, doch das kleinere, deutsche Modell ist fast ebenso geräumig. Deutlicher ist der Unterschied beim Kofferraum. Er fasst beim 300C Touring 630 bis 1.602 Liter, beim T-Modell aber nur 485 bis 1.500 Liter. Der Chrysler liegt also vorn, doch die Zahlen sind nicht so beeindruckend, wie wir dachten. Schließlich bietet das E-Klasse T-Modell gleich 690 bis 1.950 Liter. Noch trauriger sieht es beim Mercedes aus: Er bietet gerade mal so viel Platz wie ein durchschnittlicher Kompaktkombi. Bei der Zuladung sind beide Testfahrzeuge fast gleich gut: Der Chrysler liegt mit 536 Kilo nur sechs Kilo vorne.

Praxis-Defizit beim 300C
Was die Nutzbarkeit angeht, sticht der Mercedes aber den Chrysler aus. Zwar sind die Ladeflächen bei beiden Kombis so gut wie eben. Doch der 300C hat eine deutlich höhere Ladekante. Den Unterschied von rund 15 Zentimeter merkt man spätestens dann, wenn man mit Hexenschuss einen Mineralwasserkasten vom Boden aus ins Auto heben muss. Ebenso ärgerlich ist die Sieben-Zentimeter-Schwelle am Kofferraumeingang des Chrysler, die beim Herausziehen von Ladegut stört – dergleichen ist bei Kombis aus gutem Grund unüblich. Beim Mercedes gibt es kein derartiges Hindernis. Punkten kann der Stuttgarter Kombi mit einem weiteren Detail: Während beim Chrysler wie bei den meisten Kombis eine Querstrebe entnommen werden muss, bevor man den maximalen Laderaum nutzen kann, klappt diese beim Mercedes automatisch mit den Sitzlehnen um – sehr praktisch.

Schönes Chrysler-Cockpit
Der Innenraum des Chrysler gefällt uns etwas besser als der des Mercedes. Besonders angetan haben es uns die Schildpatt-Akzente am Lenkrad und am Armaturenbrett. Im Vergleich sieht der Mercedes in der gefahrenen Avantgarde-Ausstattung mit seinen schwarzen Zifferblättern etwas trist aus. Hier sind aber einige Details bewundernswert intelligent gelöst. Beispiel Audioanlage: Wer mitten in einem spannenden Radio­feature durch Verkehrsmeldungen unterbrochen wird, versucht die Störung möglichst schnell zu stoppen. Wir drücken instinktiv auf den Mute-Knopf des Multifunktionsrades, und schon sind wir wieder bei dem Feature. Zweites Beispiel: Den Tempomat im Mercedes braucht man vor der Benutzung nicht umständlich zu aktivieren, wie es beim Chrysler nötig ist. Außerdem umfasst das System beim Mercedes auch einen Tempobegrenzer, und man kann das eingestellte Tempo ablesen. Und noch ein Negativbeispiel aus dem Chrysler: Hier muss man die Tankklappe doch tatsächlich mit einem separaten Schlüssel öffnen. Beim Mercedes geht das mit der Hand und abgesperrt wird per Zentralverriegelung. Insgesamt ergibt sich ein Unentschieden: Im Fond sind beide Autos etwa gleich geräumig. Der Kofferraum ist beim Chrysler größer, aber nicht so praktisch wie in der C-Klasse. Die hat auch sonst in vielen Details die Nase vorn.

AUSSTATTUNG / PREIS
Anfangs haben wir erwähnt, dass unsere beiden Testwagen ähnliche Preise aufweisen. Bei genauerem Hinsehen ist der kleinere Mercedes sogar teurer. Den Chrysler 300C Touring gibt es für 42.590 Euro, während es das Mercedes C 320 CDI T-Modell ab 43.524 Euro gibt – egal, ob man die Version Elegance oder Avantgarde wählt. Mit Automatik wird man 45.869 Euro los, also über 3.000 Euro mehr als beim Chrysler. Dabei ist der auch noch viel besser ausgestattet. Beide Fahrzeuge besitzen ein gutes Sicherheitspaket mit sechs Airbags und ESP, eine Fahrlichtautomatik, elektrisch einstellbare Vordersitze, elektrische Fensterheber rundum, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, ein MP3-fähiges CD-Radio, elektrisch einstellbare Außenspiegel sowie Aluräder.

Chrysler deutlich besser ausgestattet
Der 300C Touring hat überdies aber noch eine Scheibenwischerautomatik, Xenonlicht, eine Reifendruckkontrolle, eine Memoryfunktion für verschiedene Einstellungen, eine Einparkhilfe fürs Heck und einen Tempomaten an Bord. Ausstattungsbereinigt ist der Mercedes damit mindestens 6.000 Euro teurer als der Chrysler. Dabei ist das bei unserer C-Klasse inbegriffene Fahrdynamikpaket für 1.119 Euro noch nicht berücksichtigt. Hinzu kommt, dass Chrysler eine Sechsjahresgarantie gewährt, Mercedes nur zwei Jahre. Andererseits ergibt eine Autokostenberechnung unter www.adac-autokosten.de, dass der Chrysler höhere Gesamtkosten aufweist. Bei 20.000 Kilometer jährlicher Laufleistung und fünf Jahren Haltedauer zahlt man für den Chrysler knapp 11.000 Euro pro Jahr, für den Mercedes etwa 1.000 Euro weniger. Dies kommt vor allem durch den geringeren Wertverlust und die niedrigeren Spritkosten zustande.

Mehr Optionen bei Mercedes
Insgesamt heißt es in puncto Preis dennoch: Daumen hoch für den hervorragend ausgestatteten und dabei auch noch günstigen 300C Touring. Gut, bei Mercedes gibt es etliche Extras, die beim Chrysler nicht wählbar sind, wie Seitenairbags im Fond, ein schlüsselloses Zugangs- und Startsystem oder Kurvenlicht. Kaufentscheidend dürfte das nur selten sein, ebensowenig wie die Tatsache, dass man weniger Auswahl bei der Außenfarbe hat. Bei dem Preisunterschied dürfte so etwas zu verschmerzen sein.

Wertung

  • ☆☆☆☆☆☆☆☆☆☆
  • Das Mercedes C-Klasse T-Modell gegen den Chrysler 300C Touring: Das ist wie David gegen Goliath. Bibelkundige dürfen sich freuen, denn auch in unserem Test gewinnt der Kleinere. Und das, obwohl bei Kombis das Ladevolumen extrem wichtig ist. In diesem Punkt ist der große 300C Touring dem T-Modell überlegen, doch dafür ist der Laderaum des Stuttgarters besser nutzbar. Auch bei Ausstattung und Preis liegt der US-Amerikaner vorn.

    Ansonsten führt der Mercedes: Er fährt sich agiler, ist handlicher, weist mit dem Fahrdynamikpaket das bessere Fahrwerk und eine überlegene Lenkung auf. Insgesamt gewinnt der Mittelklasse-Mercedes deutlich vor dem Chrysler, obwohl der eine Klasse höher antritt.

  • Chrysler 300C 3.0 CRD DPF Touring
    80%
    mehr Ladevolumen, deutlich günstiger als der Mercedes
    weniger Hightech, hoher Verbrauch
  • Mercedes C 320 CDI DPF T-Modell
    90%
    wirkt wesentlich agiler und handlicher
    intelligente Detaillösungen

Bildergalerie: David gegen Goliath