Großes Einbaunavi mit Rückfahrkamera, Lenkradheizung, Kurvenlicht und Motor-Startknopf: Als wir in den neuen Kia Rio einsteigen, fallen uns fast die Augen aus dem Kopf. So viel Hightech-Schnickschnack in einem koreanischen Kleinwagen? Die Zeiten ändern sich wirklich. Noch vor wenigen Jahren war der Rio ein Sparauto mit dem diskreten Charme eines Dacia Logan. Wir waren erstmal perplex, aber auch gespannt, wie der Wagen fahren würde.

Innen und außen gelungenes Design
Der Rio steht ab 9. September 2011 als Fünftürer bei den Händlern, ein Dreitürer folgt im Frühjahr 2012. Mit 4,05 Meter Länge orientiert sich der Kleinwagen eher an der oberen Segmentgrenze – länger sind nur noch Fiat Punto, Alfa MiTo und Seat Ibiza. Die Karosseriegestaltung von Kia-Chefdesigner Peter Schreyer kann man nur als gelungen bezeichnen. Die Front mit den großen Lufteinlässen wirkt sportlich, das Heck ist stimmig. Auch innen bekommt der Rio Punkte für Augenfreundlichkeit. Ein schwarzes Armaturenbrett mit silbernen Details schmückt das Interieur. Drückt man auf den optionalen Motor-Start-Knopf, huschen rote Zeiger über schicke Instrumente. Allerdings ist vieles nur bei der Topversion Spirit an Bord – darunter gibt es zum Beispiel keine Metallic-Akzente. Die andersfarbigen Armaturenbretter hat Kia für Deutschland erstmal ganz gestrichen – so etwas behält man sich für Sondermodelle vor.

Neuer Rekordsparer über alle Klassen
Vier Motoren werden angeboten, je zwei Benziner und zwei Diesel. Besonders stolz ist Kia auf einen 1,1-Liter-Diesel mit drei Zylindern. Mit diverser Spritspartechnik kommt das Auto auf einen Verbrauch von nur 3,2 Liter auf 100 Kilometer und 85 Gramm CO2 pro Kilometer. Damit ist das Auto das derzeit sparsamste und emissionsärmste Auto auf dem Markt, noch vor dem bisherigen Rekordhalter VW Polo BlueMotion 87g und dem Smart 0.8 cdi. Nur Elektroautos verbrennen weniger Ressourcen. Dieses Aggregat aber sparen wir uns für einen eingehenderen Verbrauchstest auf.

Sparsamer Basisbenziner mit 85 PS
Stattdessen fahren wir den Einstiegsmotor, einen 1,2-Liter-Ottomotor mit 85 PS. Auch dieses Aggregat brilliert beim Spritverbrauch: 5,1 Liter je 100 Kilometer werden angegeben, das ist gut für einen Benziner dieser Leistung. Der gleich kräftige VW Polo 1.4 benötigt 5,9 Liter, und auch der Skoda Fabia aus dem gleichen Konzern mit dem aktuelleren, 86 PS starken 1,2-Liter-Turbobenziner liegt mit 5,2 Liter noch etwas schlechter als unser Testwagen mit Saugmotor. Beim Spritsparen hilft allen Rio-Versionen mit manuellem Getriebe eine Schaltpunktempfehlung. Durch eine Start-Stopp-Automatik lässt sich der Verbrauch noch verringern. Das System ist bei der Topausstattung optional verfügbar und knapst 0,1 Liter pro 100 Kilometer ab, in der Stadt sogar 0,3 Liter. Mit kleinem Hubraum und Aufladung geht es aber auch noch erheblich sparsamer: Der neue Nissan Micra 1.2 DIG-S mit kompressorgeladenem Dreizylinder und stattlichen 98 PS soll mit nur 4,1 Liter auskommen, der Lancia Ypsilon mit Turbo-Zweizylinder benötigt nur 4,2 Liter.

Sparsam, aber auch spaßarm
Unser Aggregat bietet eine variable Ventilsteuerung auf Ein- und Auslassseite (Dual CVVT) und sogar ,Ventilfedern in Bienenkorb-Form". Aber Fahrspaß ist nicht im Package drin, wie sich bald herausstellt. An Steigungen kämpft das Aggregat hörbar. Der Rio 1.2 beschleunigt laut Datenblatt in wahrlich nicht berauschenden 13,1 Sekunden auf Tempo 100. Selbst für diese bescheidene PS-Klasse ist das nicht gut. So ist der vergleichbare VW Polo 1.4 über eine Sekunde schneller. Aber für ein Stadtauto mag der Vortrieb ausreichen. Die genannten Werte gelten für die beim Basismodell serienmäßige Fünfgang-Schaltung. Diese versieht ihren Dienst problemlos. Eine Automatik gibt es nur für den starken 109-PS-Benziner, den wir auch kurz bewegten – und ebenfalls mit hängenden Mundwinkeln verließen. Auch der große Bruder wirkt etwas müde, die 109 PS sind ihm nicht anzumerken. Für 2012 verspricht Kia jedoch eine neue Benzinergeneration mit Direkteinspritzung, die unter dem altbekannten Kürzel GDI (Gasoline Direct Injection) laufen wird. Man darf gespannt sein.

Innenraumangebot in Ordnung
Das Fahrwerk ist für einen Kleinwagen in Ordnung. Eher straff abgestimmt, poltert das Auto gelegentlich, wenn man über Bodenunebenheiten fährt, wirkt aber nicht zu unkomfortabel. Auf der Autobahn fühlt sich die elektrische Servolenkung sporadisch seltsam an, beim leichten Einlenken ist ab und zu ein Widerstand zu fühlen. Ansonsten fühlen wir uns wohl im Rio. Der Sitzkomfort vorn ist okay, auch wenn die Möbel weniger Seitenhalt als von VW-Modellen gewohnt bieten. Im Fond blieben uns vor den Knien und über dem Kopf jeweils etwa fünf Zentimeter Platz – das ist für einen Kleinwagen sehr ordentlich.

Der fehlende Einlegeboden
Der Kofferraum fasst 288 bis 923 Liter und liegt damit volumetrisch etwa auf dem Niveau des VW Polo. Nach dem Umklappen wird auch der Ladeboden leidlich eben. Allerdings gibt es für den Wolfsburger einen ungemein praktischen Einlegeboden, der die Einladeschwelle egalisiert. Wer öfter Getränkekisten kauft, wird dieses Utensil schätzen, da sich damit die schweren Kästen problemlos aus dem Auto herausziehen lassen – das Heben entfällt. Einen solchen Boden würden wir uns auch für eine der höheren Ausstattungen des Rio wünschen.

So günstig wie ein Renault Twingo
Die Preise für den neuen Kia beginnen bei 9.990 Euro. Damit ist der Kleinwagen günstig, er liegt sogar gleichauf mit dem Renault Twingo, der eine Klasse niedriger als Kleinstwagen antritt. Für den Basispreis erhält man einen Dreitürer mit dem getesteten 85-PS-Benziner und Attract-Ausstattung. Dazu gehören ESP, sechs Airbags, ein CD-Radio, eine Zentralverriegelung mit Fernbedienung, elektrisch einstellbare Außenspiegel. Nicht schlecht für eine Basisversion, aber viele werden eine Klimaanlage und elektrische Fensterheber vorne vermissen.

,3.000 Euro unter dem Polo"
Diese beiden Elemente gibt es bei der Edition7-Ausstattung serienmäßig, und dazu noch Alufelgen und einen höheneinstellbaren Fahrersitz. Für diese Version zahlt man 13.060 Euro. Mit Einführungsrabatt, der bei Bestellung bis Jahresende 2011 gewährt wird, liegt der Preis bei nur 11.990 Euro. Der Fünftürer kostet jeweils 700 Euro mehr, also hier 12.690 Euro. Laut Kia liegt der Rio preisbereinigt 3.000 Euro unter dem Polo. Leicht nachzurechnen ist das für unseren Fall nicht, aber es könnte stimmen. Denn ein VW Polo 1.4 Comfortline kostet bereits 15.500 Euro. Mit den fehlenden Vorhangairbags, Klimaanlage, Alurädern und Fondtüren werden schon über 18.000 Euro fällig. Dafür erhält man hier allerdings auch elektrische Fensterheber hinten und Parkpiepser. Halten wir fest: Teuer ist unser Rio nicht.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Auch wenn Kia bei Autos noch nicht den Rang erreicht hat, den LG bei Monitoren und Samsung bei Smartphones einnehmen: Korea ist technologisch auf dem Vormarsch. Am Rio wird das sichtbar. Einst ein primitives Brot-und-Butter-Auto, kann der Kleinwagen nun dem Klassenprimus VW Polo das Wasser reichen. Der Rio ist außen und innen schick, mit zahlreichen Hightech-Extras ausrüstbar, beim Spritverbrauch ganz vorne und mit sieben Jahren Garantie ausgestattet. Fahrwerk und Innenraumangebot stimmen und in puncto Sicherheit bietet die Basisversion sogar zwei Airbags mehr als der Polo. Einzig der Vortrieb der Motoren ist verbesserungsbedürftig. Hier könnten die angekündigten Benzindirekteinspritzer Abhilfe schaffen. Fürs nächste Facelift würden wir uns außerdem einen Kofferraum-Einlegeboden wünschen.

  • Antrieb
    75%
    sparsamer 85-PS-Benziner
    auch für diese PS-Klasse ziemlich lahm
  • Fahrwerk
    85%
    für einen Kleinwagen angemessen
    mit einem Mini kann der Rio nicht mithalten
  • Karosserie
    90%
    innen und außen schick, gutes Raumangebot
    kein Einlegeboden für Kofferraum
  • Kosten
    95%
    Einstiegspreis auf Niveau eines Kleinstwagen
    viele Hightech-Extras verfügbar

Preisliste


Kia Rio 1.2 Fünftürer Edition7

Grundpreis: 12.690 *) Euro
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie (durchgehend)
Seitenairbags hinten -
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie bei Spirit
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie (beheizbar)
Klimaanlage Serie
Klimaautomatik Serie bei Spirit
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe -
Bildschirmnavigation 990 (nur Spirit, incl. Rückfahrkamera)
CD-Radio Serie
MP3 Serie
elektr. Schiebedach -
Metalliclackierung 390
Leichtmetallfelgen 16 Zoll Serie
Sitzhöheneinstellung Serie (Fahrer)
Tempomat im Paket für Spirit
Kurvenlicht Serie bei Spirit
Nebelscheinwerfer Serie bei Spirit
Start-Stopp-System Serie bei Spirit
Schaltpunktempfehlung Serie
Lenkrad höhen- und weitenverstellbar Serie
Lenkrad mit Funktionsknöpfen Serie
USB- und Aux-Anschluss Serie
Motor-Startknopf im Paket für Spirit
Tagfahrlicht Serie
Fahrlicht- und Scheibenwischerautomatik Serie bei Spirit
LED-Rückleuchten Serie bei Spirit
Parkpiepser hinten Serie bei Spirit
Sitzheizung vorn im Paket für Spirit
asymmetrisch geteilt umklappbare Rückbank Serie
*) Anmerkung mit Frühbucherrabatt (bis 31.12. 2011), danach 13.760 Euro

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Otto-Reihenmotor, DOHC, Dual CVVT 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.248 
Leistung in PS 85 
Leistung in kW 63 
bei U/min 4.000 
Drehmoment in Nm 121 
Antrieb Frontantrieb 
Gänge
Getriebe Schaltung 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.507 *) 
Spurweite hinten in mm 1.511 *) 
Radaufhängung vorn McPherson-Achse, Stabilisator 
Radaufhängung hinten Verbundlenkerachse, Stabilisator 
Bremsen vorn belüftete Scheiben, 256 mm 
Bremsen hinten Scheiben, 262 mm 
Wendekreis in m 10,5 
Räder, Reifen vorn 6.0J x 16 ET43 mit Reifen 195/55 R16 87H (Edition7) 
Räder, Reifen hinten wie vorn 
Lenkung elektrisch unterstützte Zahnstangenlenkung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.045 
Breite in mm 1.720 
Höhe in mm 1.455 
Radstand in mm 2.570 
Leergewicht in kg 1.104-1.211 
Zuladung in kg 349-456 
Kofferraumvolumen in Liter 288 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 923 
Anhängelast, gebremst in kg 900 
Dachlast in kg 70 
Tankinhalt in Liter 43 
Kraftstoffart Super 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 172 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 13,1 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 5,1 (5,0 **) 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 6,3 (6,0 **) 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 4,4 (4,3 **) 
CO2-Emission in g/km 119 (114 **) 
Schadstoffklasse Euro 5 
Fixkosten
Service-Intervalle 30.000 km oder 24 Monate 
Garantie 7 Jahre oder 150.000 km (übertragbar) 
Weitere Informationen
1/moreName mit 16- und 17-Zoll-Rädern, also ab Edition7 
2/moreName mit Start-Stopp-System 

Bildergalerie: Rio überrascht