Vor 15 Jahren, auf der New Delhi Motor Show 2008, stellte Tata den Nano vor. Ein Fahrzeug, das weltweit als das billigste Auto der Welt Schlagzeilen machte. Mit ihm wollte Ratan Tata, der Vorsitzende des indischen Riesen, vielen Einwohnern seines Landes den Zugang zu einem Neuwagen ermöglichen.    

Der Tata Nano kam 2009 auf den Markt und kostete in der Einstiegsvariante rund 1.500 Euro plus Steuern. Das entsprach etwa 2.000 Euro, eine Summe, die für einen Inder der Mittelschicht erschwinglich war. Dafür bekam der Kunde einen gut 3,10 Meter langen, viersitzigen Stadtflitzer mit Zweizylindermotor. Als Benziner leistete er 38 PS, es gab zudem sogar einen Diesel mit 28 PS. Der Motor mit jeweils 628 ccm Hubraum befand sich im Heck.

Bildergalerie: Tata Nano

Das Fahrzeug wurde anfangs mit einem Kaufpreis von 100.000 Rupien (ca. 1.440 Euro) plus Steuern als billigstes Auto der Welt beworben und vor der Bekanntgabe des Markennamens auch als "One Lakh Car" (Hunderttausend-Rupien-Auto) bezeichnet. Der versprochene Verkaufspreis von einem Lakh wurde tatsächlich nur für die ersten 100.000 Exemplare eingehalten und danach fast verdoppelt.

Als billigstes Auto der Welt wurde der Nano vom Bajaj Qute abgelöst, der allerdings als Leichtfahrzeug eingestuft wird und für den in Indien die neue Fahrzeugkategorie „Quadricycle“ geschaffen wurde.

Als Marketingmaßnahme wurden die ersten Exemplare nicht verkauft, sondern die Kaufberechtigung für die ersten 100.000 Fahrzeuge verlost, was mehr als der voraussichtlichen Jahreskapazität entsprach, nur für diese Stückzahl wurde der Preis von 100.000 Rupien garantiert, ab Mitte 2012 wurde das Fahrzeug je nach Region ab ca. 150.000 Rupien (ca. 2.160 Euro) angeboten.

Tata Nano

Der günstige Preis wurde vor allem durch den Verzicht auf Komfortelemente (Servolenkung, Automatikgetriebe, Klimaanlage, Radio, elektrische Fensterheber) ermöglicht. Eine
Heckklappe gab es nur als Sonderausstattung, der Kofferraum war sonst lediglich von innen über die umklappbare Rücksitzbank zugänglich. Und schließlich der Verzicht auf einige Sicherheitselemente (zweiter Außenspiegel, Airbags, Antiblockiersystem), was sich später als fatal erweisen sollte.

Der Verkaufserfolg blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Tata Motors rechnete vor der Markteinführung mit einer Nachfrage von einer Million Fahrzeugen pro Jahr, die auch aufgrund mangelnder Produktionskapazitäten nie auch nur annähernd erreicht wurde. Die Endmontage in Sanand hatte eine Kapazität von 24.000 Einheiten pro Monat, tatsächlich wurden im gesamten ersten Jahr nur rund 70.000 Nanos verkauft.

Bildergalerie: Tata Nano für Europa auf dem Genfer Salon 2009

Im Februar 2009 kündigte Ratan Tata eine in Europa zulassungsfähige Version an, die im März 2009 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde und 2010 auf den Markt kommen sollte. Doch daraus wurde nie etwas.

Im besten Jahr 2012 wurden in Indien 76.747 Nanos verkauft, noch hinter einem anderen Modell des Herstellers. Das mag nach viel klingen, aber Indien hat weit über eine Milliarde Einwohner. Zum Vergleich: Der winzige Wuling Hongguang Mini EV brachte es China im Jahr 2022 auf über 443.000 Einheiten. Im Laufe der Zeit ging der Absatz deutlich zurück. 2017 schwankte die monatliche Produktion zwischen 100 und 1.000 Einheiten. Tiefpunkt war der Oktober 2017 mit nur 57 Einheiten. Im Sommer 2018 wurde die Produktion schließlich endgültig eingestellt.

Die Gründe dafür? Natürlich war das Design des Nano nicht gerade anmutig, aber der Hauptkritikpunkt an diesem Auto war die Sicherheit. Bei den Tests von Global NCAP erhielt er keinen einzigen Stern, und das ist kein Wunder, wenn man sich das unten stehende Video eines Frontalcrashtests bei 60 km/h ansieht. 

Laut Global NCAP war der Grad der strukturellen Schwäche des Nano so groß, dass selbst Airbags das Risiko schwerer Verletzungen nicht wirksam verringern würden. Dies machte es für dieses Auto unmöglich, Zugang zu den Industrieländern zu erhalten. 

Bereits 2011 war es ein offenes Geheimnis, dass der Tata Nano kein gutes Geschäft für die indische Marke sein würde, denn neben seiner geringen Qualität gab es in dem asiatischen Land auch interessante Konkurrenten.  Natürlich sollte der Nano die Kunden vom Motorrad zum Auto locken, doch womöglich war er "zuwenig" Auto. Auch optisch.

Wie das Beispiel VW Käfer zeigt: Lieber preiswert statt insgesamt billig, dafür aber wertiger mit mehr Prestige. Ein Auto, was nicht jedem auf die Nase bindet: Ich kann mir nicht mehr leisten.

Der Misserfolg des Nano beweist, dass ein extrem billiges Auto nicht immer auf großes Interesse in den großen Volkswirtschaften stößt. Dacia zeigt mit seinem Erfolg, wie es anders geht: Günstig, aber nicht armselig.