Jede berühmte Baureihe hat mindestens ein schwarzes Schaf in ihren Reihen, das von den Fans nicht geliebt wird. Krude Optik, miese Qualität, oft sogar keins von beiden. Gewisse Jahrgänge werden einfach nicht zur Legende.
Beispiele gefällig? VW Golf III, Ford Mustang ab 1974, Mercedes E-Klasse (W 210). Oder auch die Baureihe 996 des Porsche 911, die vor 25 Jahren vorgestellt wurde. Sie schockierte die Fans mit Wasserkühlung, "Spiegelei"-Scheinwerfern und mittelmäßigen Materialien. Erst langsam reift die Erkenntnis, dass der 996 dem Elfer das langfristige Überleben sicherte.
Mit der fünften Generation des 911, dem Typ 996, wagt Porsche 1997 den Bruch mit der Luftkühlung. Nach 34 Jahren setzt der Sportwagenhersteller mit dem neuen Elfer eine umfassende Neuausrichtung seiner Ikone um und löst dringende Aufgaben. Im Fokus stehen dabei die beim Vorgänger begonnene Senkung der Produktionskosten über eine höchstmögliche Teile-Kompatibilität mit anderen Baureihen, wie dem neuen Boxster sowie aktualisierte Sicherheits- und Abgasvorschriften.
Der 996 tritt ein schweres Erbe an, schlägt aber auch das erste Kapitel einer neuen Ära auf. Dies zeigt bereits das Design. Es nutzt nicht mehr das Ur-Design des Elfers, sondern interpretiert die klassische Linie des 911 neu und zeichnet sich durch einen niedrigen cW-Wert von 0,30 aus.
Die Linienführung des 996 war zugleich ein Resultat des Gleichteilekonzeptes mit dem Erfolgsmodell Boxster. Auffälligstes Designmerkmal: die Frontscheinwerfer mit integrierten Blinkern. Ihre umstrittene Optik speziell mit gelben Blinkern sorgt für den Spitznamen "Spiegeleier" und wird zum Facelift entschärft.
Die Abmessungen wuchsen gegenüber dem 993: 18,5 Zentimeter gewinnt der neue Elfer in der Länge hinzu, um 80 Millimeter und zum zweiten Mal in der Geschichte der Baureihe wird der Radstand gestreckt: Drei Zentimeter wächst die Karosserie in der Breite.
Davon profitiert auch das Interieur: Der 996 bietet mehr Ellbogenfreiheit und ein großzügigeres Raumgefühl. Ebenfalls neu tritt das Armaturenbrett auf: Die Formen der fünf Rundinstrumente gehen ineinander über – auch dies ein Bruch mit Konventionen. Zudem gibt es nun hängende statt stehender Pedale.
Denn die größte Revolution vollzieht sich im Heck: Das flach bauende Boxer-Prinzip des Motors bleibt – nicht aber seine Luftkühlung; denn ihr fehlen die Reserven für immer strengere Abgasvorschriften. Die neu entwickelte Wasserkraftanlage ist gewappnet für die Zukunft. Die Leistungswerte auch: Der Vierventil-Sechszylinder schöpft 300 PS aus 3,4 Liter Hubraum, so viel wie einst der legendäre 911 Turbo 3.3.
Aus 3,6 Litern nach dem Motoren-Facelift folgen 320 PS, im Jubiläumsmodell "40 Jahre Porsche 911" im Jahr 2003 sind es sogar 345 PS. Der 911 Turbo erhält ebenfalls einen neuen wassergekühlten Boxermotor. Jener besitzt eine prominente Vorgeschichte: Als 3,2 Liter großer Sechszylinder trieb er schon den 911 GT1 zum Le-Mans-Sieg 1998. Dank doppelter Aufladung leistet er im Serienauto 420 PS. Damit ist dieser 911 Turbo das erste Serienmodell von Porsche, das die 300-km/h-Marke durchbricht.
Im 911 GT2 entwickelt das Aggregat sogar bis zu 483 PS. In dem Extremsportler feiert zudem die PCCB mit Keramikbremsscheiben Premiere und gehört im GT2 zur Serienausstattung. Sie ist 50 Prozent leichter als die Bremse mit Stahlbremsscheiben und hält bis zu 300.000 Kilometer.
Mit der gleichen Maschine, nur ohne Aufladung, läutet der 911 GT3 eine neue Epoche ein: Er sorgt auf der Straße und bei Track Days auf der Rennstrecke für optimalen Fahrspaß. Außerdem dient er als Basis für die Markenpokale von Porsche. Im Typ 996 ist der 3,6-Liter-Saugmotor zunächst 360, dann 381 PS stark. 2003 folgt der nochmals schärfer abgestimmte 911 GT3 RS. Zwischen 1997 und 2005 stellt Porsche vom Typ 996 insgesamt 175.262 Fahrzeuge her.