Die automobile Seifenoper Microlino gegen Artega geht in den nächsten dramatischen Akt. Trotz gerichtlichem Verbot zeigt Artega auf der IAA 2019 (noch bis 22. September) seinen Microlino-Klon namens "Karo".

Doch der Reihe nach: Micro-Mobility - ein Schweizer Unternehmen, das Elektroscooter herstellt - entschied sich im Jahr 2015 für den Bau eines elektrischen Kleinstautos im Stil der BMW Isetta (1955-1962).

Ohne die Mittel, alles alleine zu machen, ging sie eine Partnerschaft mit einem italienischen Unternehmen namens TMI aus der Tazzari-Gruppe ein, das das Fahrzeug L7e herstellen sollte. Aber im vergangenen November wurde es an Artega verkauft, eine Firma des deutschen Konzerns Paragon.

Artega registrierte sofort eine Website mit dem Namen Karolino in der Schweiz und war bereit, den Microlino unter seinem Namen zu verkaufen. Micro-Mobility stimmte dieser Entscheidung nicht zu und verklagte Artega. Am 22. August wurde Artega dazu verurteilt, seine Version des Microlino nicht auf der IAA zu zeigen. Wenn das Unternehmen dem nicht nachkommt, müsste es eine Geldstrafe von 250.000 Euro zahlen oder seinen Geschäftsführer Klaus Dieter Frers in Ordnungshaft nehmen lassen (siehe Bild unten).

Dies ist die rechtliche Entscheidung gegen Artega über die Microlino-Affäre

Artega war sehr zuversichtlich, dass die Entscheidung zu ihren Gunsten ausfallen würde. Trotz einer Vertragsklausel, die TMI oder einem seiner verbundenen Unternehmen ausdrücklich untersagt, ein konkurrierendes Produkt zu haben. Als der Prozess verloren ging, nahm man die Microlino-Karolino-Bilder von der hauseigenen Website.

Glauben Sie uns: Dies ist nicht der Microlino; Es ist der Karolino
Dies ist die rechtliche Entscheidung gegen Artega über die Microlino-Affäre

Bis zum 10. September, als das Unternehmen seine Pressekonferenz auf der IAA abhielt, schien alles geregelt. Nur das dann auf dem Artega-Stand in Halle 5 ein sehr rundes kleines Auto unter einer Plane verborgen stand. Klaus Dieter Frers selbst enthüllte es. Es hieß Karo statt Karolino und war ein Microlino mit nostalgischen Elementen. Hoppla!... Artega hat es wieder getan. Erstaunlich ist auch die Optik des Wagens: Viel Chrom, einfach wirkende Außenspiegel, dazu ein Pseudo-Grill und normale Scheinwerfer statt der LED-Leuchten am Microlino. Anstelle eines modernen Retro-Designs sieht das Fahrzeugs nun tatsächlich aus wie sein Vorbild, die Isetta (1955 bis 1962). Das wundert jeden, der die Microlino-Karolino-Affäre verfolgt hat, da Frers stets von vielen Verbesserungen sprach, die er vornehmen wollte. Wirklich verbessert sieht der Karo aber nicht aus.

Die dramatische Note war, dass neben dem Autor und vielen anderen Journalisten Merlin und Oliver Ouboter direkt vor Frers standen. Die beiden Brüder und ihr Vater Wim sind die Verantwortlichen bei Micro-Mobility und damit für den Microlino, der auf der IAA in Halle 4 zu sehen ist.

Ich habe vor der Enthüllung mit ihnen gesprochen, und sie waren sicher, dass Frers gegen das deutsche Gerichtsurteil verstoßen würde. Sie waren nur neugierig, wie er sagen würde, dass er es nicht tut. Vergleichen Sie die untenstehenden Fahrzeuge:

Artega macht den Microlino zum Karo
Der Microlino und seine Optionen

Artega hatte im Vorfeld der Enthüllung des Karo eine Pressemitteilung geschickt, in der es hieß: "Artega bietet den Karo in vier Ausstattungslinien an. Diese können ab Anfang Oktober 2019 via www.dasautochen.de individuell konfiguriert und bestellt werden. Die Auslieferungen der erstverfügbaren Sonderedition „Intro“ wird noch in diesem Jahr beginnen. „Der Karo ist das perfekte Auto für den umweltbewussten Stadtmenschen“, sagt Klaus Dieter Frers, Geschäftsführer von Artega. „Mit dem Karo bieten wir eine stylische, preisgünstige und nachhaltige Lösung für den Stadtverkehr. Das ‚Autochen‘, wie wir unseren Karo liebevoll nennen, fährt völlig emissionsfrei und wird komplett klimaneutral in Delbrück hergestellt. So machen wir die Luft sauberer und die Innenstädte bunter.“ Der Karo, der bekanntlich ursprünglich „Karolino“ heißen sollte, wird in vier Grundausstattungen angeboten: „Intro“, „Classic“, „Style“ und „Edition“. Antriebstechnik und Fahrwerk sind in allen Varianten identisch. Dadurch erreichen die Fahrzeuge eine Endgeschwindigkeit von 90 Kilometern pro Stunde. Das Leergewicht beträgt nur 514 Kilogramm bei einem Kofferraumvolumen von 300 Litern.

Über den Online-Konfigurator können Kunden die technische Ausstattung und die Optik ihres Karos zusätzlich individuell bestimmen. Zum Verkaufsstart präsentiert Artega den „Intro“ als limitierte Sonderedition über 500 Fahrzeuge in zwei Serien. Sie weisen in Material und Design die Handschrift des Firmengründers auf, zudem trägt der „Intro“ seine Signatur und eine individuelle Nummerierung. Das Modell ist in zwei Sonderlackierungen und einer exklusiven Velours-/Leder-Ausstattung erhältlich. Beide Features sind identisch mit dem Artega GT Intro aus dem Jahr 2009. Die limitierte Sonderedition „Intro“ kostet 18.500 Euro zzgl. MWSt. (21.995 Euro brutto). Interessenten sollten sich beeilen; für mehrere Hundert Fahrzeuge gibt es schon Interessensbekundungen. Das „Classic“-Modell ist die preisgünstigste Variante des Karos mit einem Basispreis von 11.995 Euro zzgl. MWSt. (14.275 Euro brutto). Die Varianten „Style“ - Basispreis 13.440 Euro zzgl. MWSt. (15.995 Euro brutto) - und „Edition“ werten das Fahrzeug mit weiteren Merkmalen im Innenraum und Außendesign auf. Die Modellvariante „Edition“ beginnt ab einem Preis von 15.120 Euro zzgl. MWSt. (17.995 Euro brutto) und ist zusätzlich in drei saisonalen Sonderlackierungen verfügbar."

Artega Karo

Weiter heißt es: "Optional verfügen alle Modelle über eine größere Batterie, mit der die Reichweite von rund 125 Kilometer auf 200 Kilometer erweitert wird. Die Serienfertigung und die Auslieferung der Modelle „Classic“, „Style“ und „Edition“ erfolgen ab dem Jahr 2020. Für jede Bestellung wird eine Anzahlung von 2.500 Euro fällig, die für die Kunden durch eine Bürgschaft einer renommierten Versicherung abgesichert ist.

Beim Exterieur hat der Kunde die Wahl zwischen fünf ein-und mehrfarbigen Lackierungen sowie vier verschiedenen Felgenoptionen. Darüber hinaus können Kunden die Modelle mit einem Außensoundgenerator der Firma paragon zur erhöhten Sicherheit im Straßenverkehr ausrüsten. Bei Ausstattung des Interieurs enthält das Fahrzeug auf Wunsch unter anderem die Smartphoneintegration inklusive dem auf künstlicher Intelligenz basierenden paragon-Sprachassistenten EDWIN, ein Soundsystem oder Textilfußmatten. Zahlreiche produktbezogene Dienstleistungen wie eine Lade-Wallbox inklusive Installation und „Grünem Strom“ oder ein Leasing- und Versicherungsangebot runden das Paket ab.

Der Karo gehört der Fahrzeugklasse L7e an, die leichte, vierrädrige Kraftfahrzeuge mit Antrieb durch einen Elektromotor umfasst. Artega hat seit 2013 Erfahrung in der Entwicklung von Fahrzeugen dieser Klasse. Daneben vertraut Artega bei der Entwicklung und Produktion des Karos auf seine jahrelange Expertise im Bereich Elektro-Sportwagen sowie auf die Kooperation mit dem deutschen Autoelektronikhersteller paragon und dessen Tochtergesellschaft Voltabox, einem Marktführer im Bereich Elektromobilität." Soweit die von Artega veröffentlichten Details.

"Ich weiß wirklich nicht, was er mit dieser Einstellung bezweckt. Wie viele Fahrzeuge wird er voraussichtlich verkaufen? Unser Ziel war es zunächst, 10.000 Einheiten pro Jahr zu produzieren. Er könnte perfekt seinen eigenen Cityflitzer entwickeln", sagte Oliver Ouboter.

Bildergalerie: Microlino auf der IAA 2019

"Wir wollen nur sehr bald eine Lösung finden. Frers kann sogar mit uns konkurrieren. Artega hat kein neues Fahrzeug geliefert, seit er es zurück gekauft hat. Das Problem ist, unser eigenes Projekt gegen uns zu verwenden. Juristische Entscheidungen brauchen viel Zeit, und wir wollen nicht noch mehr davon verschwenden. Wir wollen nur den Microlino auf den Markt bringen."

Man plant auf 2020: Um den Microlino zu verkaufen, muss Micro-Mobility einen neuen Produktionspartner finden und den noch bestehenden Vertrag mit TMI beenden. Die Hoffnung ist, dies mit einer Einigung zu tun, aber die Brüder Ouboter sind nicht sehr zuversichtlich, dass das funktionieren wird.

Unsere größten Zweifel beziehen sich nun darauf, wie das deutsche Gericht mit dem, was Artega getan hat, umgehen wird. Die Brüder Ouboter schickten ihren Anwälten Bilder vom Karo, sobald der Schleier abgenommen wurde. Das kann entscheidend für die Zukunft des kleinen elektrischen Autos sein. Wir meinen natürlich den Microlino.

Bildergalerie: Artega macht den Microlino zum Karo