In puncto Sicherheit kommen mit dem autonomen Fahren neue Herausforderungen auf die Autohersteller zu. Denn auch das Auto der Zukunft kann mal einen Unfall haben, zumindest solange noch Autos ohne moderne Technik herumfahren und solange Kühe oder Kinder vors Auto rennen, die nicht mit Transpondern bestückt sind. So muss auch das autonom fahrende Auto mit Gurten, Airbags, Kindersitzen und so weiter ausgerüstet sein. Wie diese aussehen könnten, zeigt Mercedes nun mit seinem Experimentellen Sicherheits-Fahrzeug 2019 (ESF 2019). Wir haben uns vor Ort zu den Sicherheitsideen des Herstellers informiert.

In diesem ersten Teil zum ESF 2019 beschränken wir uns auf die Innovationen in puncto Gurte, Airbags und Kindersitze. Beginnen wir beim Lebensretter Nummer eins im Auto, dem Sicherheitsgurt. Damit er richtig sitzt, wird man ihn in Zukunft wohl aus dem Sitz herausziehen, denn nur so funktioniert er auch dann, wenn der Insasse den Sitz nach hinten gekippt hat. Außerdem wird der Sicherheitsgurt nicht mehr pyrotechnisch gestrafft, sondern reversibel über einen Elektromotor.

Mercedes ESF 2019
In den Sitz integrierter Sicherheitsgurt
Mercedes ESF 2019
Beheizbarer Sicherheitsgurt (Wärmebild)

Aber das ist noch nicht alles. Von den 3.265 Verkehrstoten, die es 2018 in Deutschland gab, hätten sich 200 verhindern lassen, wenn die Insassen richtig angegurtet gewesen wären. Dabei bedeutet richtig auch, dass man keine dicke Winterjacke oder ähnliches trägt, und so die Gurtlose (den Abstand zwischen Gurt und Brustkorb) möglichst klein ist. Um den Leuten das Anlegen des Gurts zu versüßen, entwickelt Mercedes einen beheizten Gurt. Was sich zunächst etwas skurril anhört, ist in der Praxis wirklich angenehm, wie wir uns überzeugt haben. Der Gurt wird elektrisch auf bis zu 42 Grad aufgeheizt und wärmt angenehm die Brust, wo besonders viele Temperaturrezeptoren sitzen. Natürlich geschieht das abhängig von der Innentemperatur oder auf Knopfdruck. Übrigens: Auch Ford hat einen solchen beheizbaren Sicherheitsgurt patentiert, er funktioniert aber im Detail anders als bei Mercedes.

Mercedes ESF 2019
Eingefahrenes Lenkrad
Mercedes ESF 2019
Der Airbag entfaltet sich über das Lenkrad

Lebensretter Nummer zwei dürfte der Airbag sein. Der Fahrerairbag wird in Zukunft nicht mehr im Lenkrad integriert sein, da dieses im autonomen Modus eingefahren wird – dann wäre er zu weit weg vom Fahrer. Stattdessen will Mercedes ihn oben ins Armaturenbrett einbauen wie den Beifahrerairbag. Bei einem Frontalcrash entrollt er sich dann über das Lenkrad nach unten. Ist das Lenkrad ausgefahren, dann wird es zunächst pyrotechnisch eingezogen, bevor sich der Airbag entfaltet.

Mercedes ESF 2019
Der Seitenairbag der Zukunft

Auch beim Seiten- und Kopfairbag ließ sich Mercedes etwas einfallen. Bei einem seitlichen Crash, also wenn zum Beispiel ein anderes Auto in die Fahrertür kracht, ist die Knautschzone nicht sehr groß. Bisher schützten Window-Airbags den Kopf des Fahrers, aber diese decken nur den Fensterbereich ab. Wenn der Fahrer eher liegt als sitzt, schützen sie den Kopf nicht mehr. Daher will Mercedes sie seitlichen Airbags künftig links und rechts in die einzelnen Sitze integrieren. So neigen sie sich mit dem Sitz nach hinten. Und warum gibt es auf beiden Seiten einen solchen Luftsack? Nun, der Airbag auf der "inneren" Seite verhindert, dass die Insassen mit den Köpfen gegeneinanderprallen.

Mercedes ESF 2019
Fondairbag als Prototyp

Auch für die Fondpassagiere hat Mercedes künftig einen Airbag parat. Bisher gab es sowas nicht, da der Luftsack bei Entfaltung ein Kind gefährdet hätte, das in einem im Fond installierten Kindersitz sitzt. Der Fondairbag von Mercedes dagegen besteht nicht aus einem Luftsack, sondern aus einem Luftröhrengitter, das sich so entfaltet, dass das Kind nicht gefährdet wird. Zwischen den Luftröhren befindet sich ein Hightech-Material, das mit eingearbeiteten Ventilen arbeitet. Diese lassen Luft zwar herein, aber nicht heraus. So kann bei der Entfaltung des Airbags Luft in den Raum zwischen den Röhren einströmen, der Airbag ist dann prall gefüllt. Schlägt der Kopf des Fondinsassen in den Airbag ein, verhindern die Ventile das Ausströmen.

Mercedes ESF 2019
Mercedes ESF 2019
Mercedes ESF 2019

Apropos Kindersitze: Beim Einbau werden immer wieder Fehler gemacht, was das Leben des Kindes gefährdet. Daher hat Mercedes einen Isofix-Kindersitz entwickelt, der es den Eltern sagt, wenn sie etwas falsch machen. Einerseits gibt es eine einfache Anzeige am Kindersitz mit Leuchtsymbolen, die zum Beispiel anzeigen, ob die Gurte richtig eingerastet sind. Außerdem zeigt das Infotainmentdisplay im Cockpit an, ob alles okay ist. Mit einer Kamera, die im Kindersitz integriert ist, wird außerdem das Gesicht des Kindes beobachtet. Eine Software erkennt, ob das Kind guter Dinge ist oder die Miene verzieht. Der Fahrer im Cockpit sieht entsprechende Symbole, zum Beispiel eine Sonne, wenn das Kind wohlauf ist. Der Sitz stützt sich auch automatisch zur Fahrzeugtür hin ab, wie in folgender Grafik zu sehen ist:

Mercedes ESF 2019

Das ESF 2019 hält noch viele weitere Innovationen parat, die wir Ihnen in einem zweiten Artikel vorstellen.

Bildergalerie: Mercedes ESF 2019