Bußgelder wegen Geschwindigkeitsübertretungen: In Deutschland ist dies inzwischen ein Milliardengeschäft. Die notorisch klammen Städte und Gemeinden haben diese Einnahmen fest eingeplant. So kommt schnell der Verdacht auf, dass Geschwindigkeits-Überwachungen vornehmlich zur Umleitung finanzieller Mittel vom Bürger an die öffentliche Hand betrieben werden. Doch entspricht dies der Realität? Der Verein ,Mobil in Deutschland e.V.", der sich selbst als ,Online-Automobilclub" bezeichnet, hat am Beispiel der Städte Berlin und München versucht herauszufinden, ob dies stimmt.

Radiosender und Internet als Quelle
Mobil in Deutschland e.V. vertritt die Ansicht, dass Blitzer nur an Unfallschwerpunkten aufgestellt werden sollten. Jetzt hat der Verein die häufigsten Aufstellorte für mobile Radarfallen in Berlin und München erhoben und mit den Unfallschwerpunkten der jeweiligen Stadt verglichen. In Berlin wurden die Einsatzorte der mobilen Überwachungsanlagen vom 20. April bis zum 27. Mai 2012 ausgewertet, die Daten kamen vom Radiosender StarFM und von der Internetseite blitzer.de. In München wurde der Zeitraum vom 16. April bis zum 27. Mai 2012 untersucht. Hier besorgte sich Mobil in Deutschland die Daten von den Radiosendern Charivari 95,5, 2Day, Arabella und Gong. Der Verein betont, dass man fest installierte Blitzer für diese Untersuchung nicht erfasst hat.

Häufigste mobile Blitzerstandpunkte in Berlin
Die Berliner Top-Ten der mobilen Blitzerliste wird von der Straße des 17. Juni angeführt. Laut Mobil in Deutschland wird dort hochgerechnet 300 Mal pro Jahr eine mobile Geschwindigkeitsüberwachung durchgeführt. Es folgen die Heerstraße und der Spandauer Damm (je 220 Mal), die Clayalle, der Falkenseer Damm und die Potsdamer Chaussee (je 180 Mal) und die A115, die Märkische Allee sowie die Sonnenallee mit je 160 Mal.

Unfallschwerpunkte in Berlin
Die Daten für die Ermittlung der Unfallschwerpunkte bekam ,Mobil in Deutschland" von der Berliner Polizei. Am schlimmsten geht es auf dem Tempelhofer Damm mit 405 Unfällen pro Jahr zu. Auf der Potsdamer Straße kommt es zu 351 Unfällen, dann folgen der Mariendorfer Damm (323 Unfälle), der Kurfürstendamm (309 Unfälle), die Landsberger Allee (283 Unfälle), die Frankfurter Allee (281 Unfälle), die Seestraße (267 Unfälle), die Hauptstraße (263 Unfälle), die Sonnenallee (255 Unfälle) und die Müllerstraße mit 246 Unfällen. Nach den Auswertungskriterien des untersuchenden Vereins gibt es in Berlin mit der Sonnenallee nur eine einzige Überschneidung von gehäuftem Blitzereinsatz und Unfallschwerpunkt. Laut Mobil in Deutschland werden hier die Bürger durch die Behörden abgezockt.

Blitzer in München
In München liegt bei den häufigsten mobilen Blitzereinsätzen die Wasserburger Landstraße vorn. Dort wird laut den Hochrechnungen des Vereins 160 Mal pro Jahr geblitzt. Danach folgen die Ingolstädter Straße und die Schleißheimer Straße (je 150 Mal), die Fürstenrieder Straße (140 Mal), die Grünwalder Straße sowie die Landshuter Allee (je 130 Mal), die Oberföhringer Straße (120 Mal) und die Allacher-, die Claudius-Keller- und die Menzinger-Straße mit je 110 Blitzeinsätzen. Mobil in Deutschland weist darauf hin, dass es sich bei den genannten Straßen vornehmlich um gut ausgebaute zweispurige Ein- und Ausfallstraßen handelt, die vornehmlich von Berufspendlern genutzt werden.

Unfallschwerpunkte in München
Zur Auswertung der Münchner Unfallschwerpunkte zog Mobil in Deutschland die Daten aus den Jahren 2003, 2005, 2007 und 2008 heran. Aktuelle Daten wollte die Münchner Polizei nach Angaben des Vereins nicht herausrücken. Ganz vorne steht die Landsberger Straße mit 380 Unfällen pro Jahr. Dahinter liegen die Dachauer Straße (290 Unfälle), die Schleißheimer Straße (235 Unfälle), die Fürstenrieder Straße (167 Unfälle), die Arnulfstraße (147 Unfälle), die Lindwurmstraße (131 Unfälle), die Ingolstädter Straße (85 Unfälle), die Prinzregentenstraße sowie der Frankfurter Ring (je 104 Unfälle) und die Wasserburger Landstraße mit 92 Unfällen. Hier sieht der Verein mit fünf Überschneidungen zwischen Blitzer- und Unfallschwerpunkten ein etwas geringeres Ausmaß von Abzocke durch die Behörden als in Berlin. Allerdings beschwert sich der Automobilclub Mobil in Deutschland über den Ausbau von stationären Blitzanlagen in der bayerischen Landeshauptstadt.

Verein fordert neue gesetzliche Grundlagen
Mobil in Deutschland geht davon aus, dass die in Berlin und München gewonnenen Erkenntnisse auch für andere Großstädte in Deutschland zutreffen. Der Verein fordert, Radarkontrollen auf eine neue gesetzliche Basis zu stellen. Blitzer sollten laut Mobil in Deutschland ausschließlich der Verkehrssicherheit dienen – wirtschaftliche Belange dürften keine Rolle spielen. Außerdem weist der Verein Autofahrer darauf hin, auf die Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zu achten.

Bildergalerie: Abzocke oder Erziehung?