Auf den ersten Blick mag der neue Mercedes-AMG GT R nur eine leistungsgesteigerte Version des GT mit großem Heckspoiler sein. Aber es stecken einige wirkliche technische Neuheiten darin. Mercedes stellt den Boliden nun auf der Traditions-Rennstrecke Brooklands im Südwesten Londons vor.

Andere Turbolader und modifizierte Motorsteuerung
Der bekannte 4,0-Liter-Biturbo-V8 wurde auf 585 PS gebracht. Die 75 Zusatz-PS gegenüber dem GT S stammen von neuen Turboladern sowie einer modifizierten Motorsteuerung. Unter anderem stieg der Ladedruck im Vergleich zum GT von 1,20 auf 1,35 bar. Das Leistungsgewicht verringert sich durch die Zusatzleistung und eine um 15 Kilo geringere Gesamtmasse von 3,2 auf 2,8 Kilo pro PS. Der Normsprint klappt infolgedessen in 3,6 Sekunden – zwei Zehntel schneller als beim GT S. Ebenfalls leicht verbessert wurde die Höchstgeschwindigkeit, sie liegt hier bei 318 km/h.

Gewindefahrwerk für ein individuelles Setup
Zu den technischen Neuheiten gehört das extra entwickelte Gewindefahrwerk. Es erlaubt dem Fahrer, die Federung mechanisch und stufenlos auf seine Bedürfnisse einzustellen. Aus dem Motorsport stammen die sogenannten Uniball-Gelenklager an den unteren Querlenkern der Hinterachse. Sie sollen verhindern, dass sich Spur und Sturz bei hoher Belastung verändern. An der Hinterachse kommt außerdem ein dickerer Querstabilisator zum Einsatz.

Erstmals bei AMG: Hinterachslenkung
Erstmals bei einem AMG-Modell kommt zudem eine Hinterradlenkung zum Einsatz. Zwei Elektromotoren drehen dabei die Hinterräder – aber nur um maximal 1,5 Grad. Bis Tempo 100 werden sie in entgegengesetzter Richtung zu den Vorderrädern eingeschlagen, was die Agilität erhöht und den Wendekreis verkleinert. Über 100 km/h werden die Hinterräder parallel zu den Vorderrädern eingeschlagen. Dies entspricht einer virtuellen Verlängerung des Radstandes und verbessert die Fahrstabilität.

Einstellbarer Grip durch AMG Traction Control
Eine weitere Neuheit ist die AMG Traction Control: Im ESP-Off-Modus kann der Fahrer den Schlupf an der angetriebenen Hinterachse vorwählen – über einen Drehregler in der Mittelkonsole unterhalb der Lüftungsdüsen. Es gibt neun Stufen. Stufe eins ist für Fahrten bei Nässe programmiert, Stufe neun lässt maximalen Schlupf zu. Wenn die Räder beim Beschleunigen den eingestellten Schlupfwert erreichen, wird die Motorleistung so weit verringert, dass der Wert nicht überschritten wird und das Fahrzeug mit diesem Schlupf weiterbeschleunigt.

Aktive Aerodynamik
Neu ist auch die aktive Aerodynamik im Unterboden: Im Race-Modus fährt ein Carbon-Element bei 80 km/h automatisch etwa vier Zentimeter nach unten. Durch den verstärkten Venturi-Effekt sinkt so der Auftrieb an der Vorderachse, außerdem lässt sich der Wagen bei hohem Tempo präziser lenken. Hinter der Frontschürze gibt es zudem senkrechte Lamellen. Normalerweise sind sie zugunsten eines niedrigen Luftwiderstands geschlossen – sogar bei Höchstgeschwindigkeit. Nur wenn der Kühlluftbedarf besonders hoch wird, öffnen sie sich und lassen maximale Kühlluft zu den Wärmetauschern strömen.

Modifiziertes Getriebe und einstellbarer Sound
Auch das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe haben die Entwickler überarbeitet. Der erste Gang ist länger, der siebte Gang kürzer übersetzt, was ein agileres Beschleunigungserlebnis und eine spontane Reaktion auf schnelle Gaspedalbefehle ermöglichen soll. Der bekannte ,Racestart" ist hier durch eine erhöhte Startdrehzahl noch beeindruckender. Die spezielle Abgasanlage spart durch Titan und dünnwandigen Edelstahl rund sechs Kilo Gewicht. Neben einem großen, sechseckigen Auspuffrohr gibt es zwei weitere Endrohre links und rechts im Diffusor. Serienmäßig beeinflussen zwei stufenlos verstellbare Abgasklappen den Sound. Sie öffnen und schließen abhängig vom gewählten Fahrprogramm, können aber auch über einen separaten Taster gesteuert werden.

Knallgrün, Streben im Grill und großer Heckflügel
Optisch verweist die quietschgrüne Sonderfarbe – eine Anspielung auf die ,Grüne Hölle" des Nürburgrings – auf die spezielle Stellung des GT R. Außerdem gibt es breitere Kotflügel vorn und hinten, eine neue Frontschürze und einen anderen Grill. Dessen charakteristische Form mit vertikalen Streben ist vom Kundensport-Renner GT3 bekannt und schmückt nun erstmals ein Serienfahrzeug. Ein Erkennungsmerkmal ist auch die spezielle Lüftungsöffnung hinter dem vorderen Kotflügel. Andere Seitenschweller-Verkleidungen mit schwarz glänzenden Leisten sind weitere Kennzeichen. Das besonders leichte, mattschwarze Zehn-Speichen-Rad ist ebenfalls exklusiv dem GT R vorbehalten. Darauf kommen Reifen der Größe 275/35 ZR 19 vorn und 325/30 ZR 20 hinten.

Starrer Flügel am Heck
Am Heck fällt der schwarz glänzende Flügel auf, der starr montiert ist. Je nach Einsatzzweck lässt sich die Neigung des Blatts mechanisch justieren. Auch die senkrechten Luftschlitze und der massive Doppeldiffusor sind neu. Alle aerodynamischen Maßnahmen zusammen erhöhen den Abtrieb bei Höchstgeschwindigkeit um 155 Kilo im Vergleich zum GT. Trotzdem ist der cW-Wert niedriger als beim GT – um wie viel, verrät Mercedes nicht. Innen gibt es wahlweise Sportschalensitze oder die bekannten AMG Performance-Sitze. Optional angeboten werden gelbe Sicherheitsgurte, Zifferblätter mit gelben Akzenten und Klavierlack-Details. Schaltpaddles, Lenkradspange, Einstiegsleisten und die Kofferraumquerstrebe sind serienmäßig in glänzendem Schwarz gestaltet. Messepremiere dürfte auf dem Pariser Autosalon (1. bis 16. Oktober) sein. Bestellbar ist der GT R ab 21. November 2016, die Markteinführung beginnt in Europa im März 2017. Den Preis hat Mercedes noch nicht genannt.

Lesen Sie auch:

Bildergalerie: Mercedes-AMG GT: Viele Hightech-Neuheiten