Im Jahr 1986 kam der VW Golf, damals die zweite Auflage, erstmals mit Allradantrieb auf den Markt. Mittlerweile ist der Quotenrenner in siebter Generation unterwegs und ab sofort wieder in einer Allradversion zu haben. Macht die überhaupt Sinn? Im österreichischen Kitzbühel haben wir den neuen Golf 4Motion mit 150-PS-Diesel auf verschneiten Bergstraßen getestet.

Kaum sichtbare Merkmale
Der Testwagen sieht aus wie gewöhnlicher Golf VII. Dass er einen Allradantrieb hat, sieht man ihm nicht an, nur ein kleines ,4Motion"-Schild am Heck verrät die Besonderheit. Das kann man beim Kauf aber auch abwählen. Unterwegs im winterlichen Alpenland wird recht schnell klar, dass dieser Wolfsburger auf rutschigen Straßen sehr viel besser die Spur hält als seine Brüder mit ausschließlichem Frontantrieb.

Druckvoller Motor, leises Vorankommen
Auf gerader, trockener Fahrbahn wird auch der Golf 4Motion ausschließlich von den Vorderrädern vorangetrieben. Der Zweiliter-Diesel beschleunigt den Wagen druckvoll, die Maschine ist leise und bleibt akustisch dezent im Hintergrund. Auf der Autobahn zwischen München und Kitzbühel gleiten wir dahin und genießen die feine technische Wunsch-Ausstattung des Siebener-Golf. Auf Knopfdruck können wir die Dämpfung in drei Stufen zwischen komfortabel und sportlich variieren. Auch wie direkt die Lenkung oder der Motor auf Gaspedalbewegungen reagieren, können wir nach Gusto per simplem Tastendruck festlegen. Fahrer und Beifahrer sitzen auf bequemem Gestühl mit ausreichend Seitenhalt, auch aus dem Fond kommen keine Klagen wegen Platzmangels. Dem Gepäckabteil hat der Allradantrieb zwar 37 Liter abgeknappst, aber es sind noch 343 gut zugängliche Liter übrig.

Vom Allradantrieb ist nur die Wirkung zu spüren
Im Promi-Wintersportort Kitzbühel schweben dicke Schneeflocken vom grauen Himmel und lassen die Straßen rutschig werden. Jetzt kann der Allradantrieb seine Qualitäten ausspielen. Wir fahren eine schmale Passstraße in Richtung einer Jausenhütte bergauf. Links gähnt ein Abgrund, Leitplanken gibt es nicht. Die Strecke bei diesem Wetter ist der Albtraum jedes Sonntagsfahrers und würde Fahranfängern den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Doch nicht uns: Der Allrad-Golf zieht geradlinig voran, weder drehen die Räder durch, noch kommt der Wagen ins Schlingern. In einer etwas zu schnell genommenen Haarnadel-Rechtskurve schert das Heck leicht nach links aus, aber das Auto wird gleich wieder in die Bahn gezogen. Richtig spannend wird es, als wir auf der engen Strecke einem Milchlaster ausweichen und dazu in einer zugeschneiten Hofeinfahrt steil nach oben fahren müssen. Selbst an diesem Hang setzt sich der 4Motion beim Rangieren so in Bewegung, als wäre es mitten im Sommer.

Elektronische Längs- und Quersperren
Das neue Allradsystem funktioniert mit einer Haldexkupplung der fünften Generation. Wie erwähnt, werden bei normaler Fahrt nur die Vorderräder angetrieben, die Hinterachse ist entkoppelt. Das spart Sprit. Ein Steuergerät erkennt, wenn vorn Traktionsverlust droht. Dann werden in Bruchteilen von Sekunden per Ölpumpe die Lamellen in der Haldexkupplung geschlossen und somit Kraft auf die Hinterräder geschickt. Das passiert in so kurzer Zeit, dass der Fahrer nicht einmal bemerkt, dass die Vorderräder durchdrehen wollten. Zudem verfügt der Allrad-Golf über so genannte elektronische Differenzialsperren (EDS). Sie übernehmen die Funktion von Quersperren: Verliert ein einzelnes Antriebsrad die Bodenhaftung, wird das Drehmoment zum anderen Rad dieser Achse geleitet.
Zieht bis zu 1.900 Kilogramm
Speziell um die Spurführung in schnell gefahrenen Kurven kümmert sich die sogenannte XDS-Funktion: Sie bremst das kurveninnere Rad an – das soll Untersteuern entgegenwirken. So spielt der Allradantrieb des Golf nicht nur auf Eis und Schnee seine Trümpfe aus, sondern auch beim sportlichen Fahren auf trockenem Asphalt. Dank der variablen Kraftverteilung lässt sich der Wolfsburger spurtreu selbst mit hohem Speed durch Biegungen zirkeln. Auch mit Wohn- oder Bootshänger bringt das 4Motion-System Vorteile, vor allem beim Anfahren: Da hier die Vorderräder stärker entlastet sind, muss beim Losfahren die Hinterachse zusätzlich mit Kraft ran. Immerhin darf der vierradgetriebene Kompaktwagen bis zu 1.900 Kilogramm Anhängelast bewegen.

Durstiger als der Fronttriebler
Im Vergleich zum System im alten Golf VI soll der neu entwickelte 4Motion weniger Sprit verbrauchen, beim 150-PS-Diesel sind es im Gegensatz zum 140-PS-Vorgänger immerhin 0,8 Liter weniger. Laut Hersteller nimmt sich der 2.0 TDI im Durchschnitt 4,7 Liter aus dem Tank. Mit reinem Frontantrieb ist der Zweiliter-Diesel mit 4,1 Liter angeben. Bei unserem Test unter den genannten winterlichen Bedingungen standen 6,2 Liter am Bordcomputer.

Zwei Diesel, ein Getriebe
Neben dem von uns gefahrenen 2.0 TDI mit 150 PS ist noch ein 1,6-Liter-Selbstzünder mit 105 PS im 4Motion-Angebot. Beide werden jeweils mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe verbunden und sind ausschließlich als Fünftürer erhältlich. Wie uns VW-Sprecher Pietro Zollino erklärt, sei die Nachfrage nach weiteren Varianten zu gering. Im Vergleich zum reinen Fronttriebler sind die Allradmodelle um 1.800 Euro teurer. Die schwächere Motorisierung startet in der Ausstattungslinie Trendline bei 23.425 Euro, der stärkere Diesel ist erst ab der nächst höheren Ausstattung Comfortline zu haben und kostet mindestens 27.975 Euro.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Im Winter auf Eis und Schnee ist der Allradantrieb eine feine Sache: Man ist sicherer unterwegs, da sich die Elektronik um die Spurtreue kümmert. Auch im Sommer spielt der 4Motion beim sportlichen Fahren auf trockenem Asphalt, im Anhängerbetrieb oder auf rutschigen Untergründen seine Trümpfe aus. Die 1.800 Euro Aufpreis können wir auf jeden Fall empfehlen. Schade nur, dass der 4Motion ausschließlich mit Dieselmotor und Schaltgetriebe zu haben ist.

  • Antrieb
    100%
    sehr gute Traktion auch auf rutschigen Straßen
    leiser, kultivierter Motor
  • Fahrwerk
    90%
    gutes Abrollverhalten
    bei DCC spürbarer Unterschied zwischen Komfort und Sport
  • Karosserie
    85%
    bequeme Sitze vorn, genug Platz im Fond
    nur als Fünftürer zu haben
  • Kosten
    80%
    jede Menge feiner Technik-Features zubuchbar
    sportlicher Grundpreis, kein Otto zu haben, nur Handschaltung

Preisliste


VW Golf 2.0 TDI 4Motion BlueMotion Technology Comfortline Fünftürer

Grundpreis: 27.975 Euro
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie
Kopfairbags hinten Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie
Klimaanlage Serie
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe -
Bildschirmnavigation 1.375 (Radio + Navi-Fkt.)
elektr. Schiebedach 1.050
Metalliclackierung 525
Leichtmetallfelgen Serie
Sitzhöheneinstellung Serie
Tempomat 205
Lederausstattung ab 1.860
Xenonlicht 850
Kurvenlicht 1.200 (i.V. m. Xenon)
Nebelscheinwerfer 185
Anhängevorrichtung 835
adapt. Fahrwerksregelung inkl. Fahrprofilauswahl 990
Klimaautomatik 365
Licht- und Regensensor 175
Schlüsselloses Schließ- und Startsystem 370
Radio mit MP3-Funktion Serie

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Common-Rail-Diesel mit BlueMotion-Technologie 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 1.968 
Leistung in PS 150 
Leistung in kW 110 
bei U/min 1.750-3.000 
Drehmoment in Nm 320 
Antrieb Allradantrieb 
Gänge
Getriebe Schaltgetriebe 
Kraftverteilung variabel 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.549 
Spurweite hinten in mm 1.518 
Radaufhängung vorn McPherson-Federbeinachse mit unteren Dreiecksquerlenkern 
Radaufhängung hinten Vierlenker-Hinterachse mit getrennter Feder-Dämpfer-Anordnung 
Bremsen vorn Scheibenbremsen innenbelüftet 
Bremsen hinten Scheibenbremsen 
Wendekreis in m 10,9 
Räder, Reifen vorn 205/55 R 16 V 
Räder, Reifen hinten 205/55 R 16 V 
Lenkung elektromechanische Lenkung mit geschwindigkeitsabhängiger Servounterstützung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.255 
Breite in mm 1.790 
Höhe in mm 1.454 
Radstand in mm 2.632 
Leergewicht in kg 1.449 
Zuladung in kg 566 
Kofferraumvolumen in Liter 343 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.233 
Anhängelast, gebremst in kg 1.900 (8 % Steigung), 1.700 (12 % Steigung) 
Dachlast in kg 75 
Tankinhalt in Liter 55 
Kraftstoffart Diesel 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 211 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 8,6 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 4,7 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 5,7 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 4,1 
CO2-Emission in g/km 122 
Schadstoffklasse Euro 5 

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