Schon beim ersten Blick auf dieses Auto wird offensichtlich: Der Mercedes CLS Shooting Brake ist etwas Besonderes. Die Erscheinung: außergewöhnlich. Das Design: elegant. Und das Fahrzeugkonzept: aktuell einzigartig. Dabei ist die Idee, ein Coupé und einen Kombi miteinander zu kreuzen, nicht neu. Der Volvo P1800 ES (,Schneewittchensarg") und der Reliant Scimitar GTE haben es in den 1960er- und 1970er-Jahren vorgemacht. Noch heute haben diese exotischen Fahrzeuge eine treue Fangemeinde. Lang hat es gedauert, bis sich ein Hersteller – sieht man von einigen Studien ab – mal wieder an einen Shooting Brake gewagt hat.

Zwei Studien als Vorläufer
Die Idee eines Shooting Brake reifte bei Mercedes über Jahre und zu Beginn klammheimlich. Zunächst ohne Wissen des Vorstands hatte die Designabteilung erste Entwürfe erstellt. Nach der ersten internen Präsentation waren die Chefs begeistert und gaben grünes Licht. ,Ein Traum für uns Designer", erzählt Carsten Ertelt, verantwortlich für das Aussehen des CLS Shooting Brake, voller Stolz. 2008 zeigten die Schwaben in Paris die erste Studie namens ,Concept Fascination", 2010 in Peking den ,Concept Shooting Brake". Das Serienmodell zwei weitere Jahre später orientiert sich weitgehend am Pekinger Konzeptmodell. Als Basis dient die zweite Generation des CLS, die seit Anfang 2011 gebaut wird. Bis zur B-Säule sind CLS und CLS Shooting Brake dann auch identisch. Das Dach und die obere Fensterlinie des Shooting Brake fallen jedoch weniger stark nach hinten ab, statt eines Stummelhecks mit scharfer Abrisskante wie beim Viertürer mündet die rundliche Karosserie des Fünftürers in einer großen Heckklappe. In der Länge legt der 1,42 Meter flache Coupé-Kombi gegenüber der Coupé-Limousine um eineinhalb Zentimeter auf knapp 4,96 Meter zu.

Gepäckraum mit Stärken und Schwächen
Das Hauptaugenmerk wurde beim Shooting Brake auf schönes Design gerichtet. Praktischer Nutzen wurde zwar nicht ignoriert, aber hintenangestellt. ,Das wissen unsere Kunden auch, wenn sie sich einen CLS kaufen", betont Designer Ertelt. So machen die kleinen hinteren Fenster und die breite D-Säule den Shooting Brake nach hinten ziemlich unübersichtlich. Die serienmäßigen Parkpiepser oder noch besser die optionale Rückfahrkamera sind fürs Rangieren daher unerlässlich. Natürlich hätte man auch mehr Kofferraumvolumen herausholen können, stünde die Heckklappe steiler. Aber wem die 590 bis 1.550 Liter Stauraum nicht genügen, der muss eben zum nicht ganz so grazilen E-Klasse T-Modell (695 bis 1.950 Liter) greifen. In einen BMW 5er Touring passen übrigens auch ,nur" 560 bis 1.670 Liter Gepäck, ohne dass man behaupten würde, er biete zu wenig Ladekapazität. Eher schmal fällt beim CLS Shooting Brake hingegen die Kofferraumöffnung aus. Eine niedrige Ladekante, ein elektrische Heckklappe und ein bei umgeklappten Rücklehnen ebener Ladeboden gleichen das aber aus.

Edler Holzboden im Yacht-Stil für über 5.000 Euro
Was die angepeilte Kundschaft anbetrifft, werden im CLS mit großer Klappe dann aber doch eher die gern zitierten Golf-Bags als der Einkauf aus dem schwedischen Möbelhaus transportiert werden. Dazu passt ein besonders stilvolles Extra: der Kofferraum-Boden aus amerikanischem Kirschbaumholz mit schwarzen Intarsien. Er erinnert an die Beplankungen einer Luxus-Yacht, kostet zusammen mit dem dafür notwenigen Laderaum-Management-System allerdings über 5.000 Euro. Optisch ein Highlight, ist der Nutzwert nicht ganz so groß: Vom Einkaufskorb bis zum Trolly kullern alle Gegenstände auf dem rutschigen Untergrund hin und her, und zwar deutlich mehr als das bei der mit Teppich ausgeschlagenen Serienvariante der Fall ist. Die Konsequenz sind ziemlich schnell sichtbare Gebrauchsspuren im Holz. Abhilfe schafft entweder die konsequente Nutzung des Laderaum-Management-Systems oder aber echte Handarbeit: Mercedes liefert ein spezielles Pflegeöl mit, mit dem sich kleine Kratzer problemlos herauspolieren lassen sollen.

Hinten Platz für drei statt für zwei
Im Fond des CLS Shooting Brake sitzt man trotz des nach hinten abfallenden Dachs erstaunlich gut. Aussparungen im Dachhimmel sorgen dafür, dass auch große Insassen nicht mit dem Kopf oben anstoßen. Die Beinfreiheit ist nicht exorbitant, aber ordentlich. Im Gegensatz zum herkömmlichen CLS, der hinten mit zwei Einzelsitzen ausgestattet ist, können auf der Rückbank des Shooting Brake bis zu drei Passagiere Platz nehmen. Vorne sitzt man so bequem und komfortabel, wie man das von einem Mercedes erwartet. Den hohen Erwartungen gerecht wird auch die Gestaltung des Interieurs: Türauflagen und Armaturenbrett sind beledert, hölzerne Zierleisten sowie der dezente Einsatz von Chrom-Elementen schaffen eine entspannte, luxuriöse Wohlfühl-Atmosphäre.

Vier-, Sechs- und Achtzylinder mit 204 bis 525 PS
Die Antriebspalette übernimmt der Shooting Brake vom viertürigen CLS. Zur Wahl stehen Diesel mit 204 und 265 PS sowie ein V6-Benziner mit 306 PS, ein V8-Otto mit 408 PS sowie die Sportversion CLS 63 AMG mit 525 PS starkem 5,5-Liter-Biturbo. Hierzulande dürften viele Kunden zum CLS 350 CDI greifen – und das durchaus zurecht. Der Dreiliter-Selbstzünder säuselt laufruhig und kaum wahrnehmbar vor sich hin. 265 PS und 620 Newtonmeter Drehmoment sorgen für kräftigen Durchzug. An nötigen Kraft- und Leistungsreserven mangelt es nie. Die serienmäßige Siebengang-Automatik schaltet samtweich, nur bei raschen Lastwechseln gönnt sich der Wandlerautomat hin und wieder eine Gedenksekunde. So angetrieben absolviert der Coupé-Kombi den Spurt von null auf Tempo 100 in zügigen 6,6 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 250 km/h begrenzt. Als Normverbrauch gibt Mercedes für den immerhin 1,9 Tonnen schweren CLS 350 CDI Shooting Brake mit lediglich 6,0 Liter an, das entspricht einem CO2-Ausstoß von 159 Gramm je Kilometer.

Durchaus sportlich unterwegs
Das Fahrwerk ist auch beim CLS Shooting Brake eher sportlich ausgelegt. Das Auto mit serienmäßiger Luftfederung an der Hinterachse federt härter als bei Mercedes üblicherweise gewohnt, man gleitet nicht ganz so komfortabel hin wie in anderen Modellen mit dem Stern auf dem Kühlergrill. Das straffe Setup steht dem Shooting Brake dennoch nicht schlecht zu Gesicht. Die kurvigen Straßen in der Toskana absolvierte das Auto während unserer Testfahrten äußerst souverän und selbst bei hohem Tempo fast wie an der Schnur gezogen. Auch die elektromechanische Lenkung ist mit einem Schuss Sportlichkeit versehen. Sie arbeitet für einen Mercedes etwas schwergängig, dafür auch direkter und vermittelt guten Kontakt zur Fahrbahn.

Nicht einmal 2.000 Euro teurer als der Viertürer
Der Aufpreis vom CLS zum CLS Shooting Brake beträgt 1.904 Euro. Die Einstiegsvariante kostet mindestens 61.761 Euro. Dafür gibt es den CLS 250 CDI mit nicht opulenter, aber immerhin ordentlicher Serienausstattung. Immer mit dabei sind unter anderem Bi-Xenon-Scheinwerfer, ein Müdigkeitswarner, eine elektrische Heckklappe und 17-Zoll-Leichtmetallräder. Gegen Aufpreis können Voll-LED-Scheinwerfer, Vordersitze mit Massagefunktion und einige Sicherheitssysteme geordert werden – darunter ein aktiver Spurhalte- und Totwinkel-Assistent, ein Notbremsassistent sowie ein Abstandstempomat. Ebenfalls dem Shooting Brake vorbehalten ist die optionale Anhängerkupplung.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Weniger Stauraum und deutlich teurer in der Anschaffung: Eine ernsthafte Alternative zum E-Klasse T-Modell ist der CLS Shooting Brake beileibe nicht. Doch das will die Kreuzung aus Coupé und Kombi auch gar nicht. Der Shooting Brake ist für Individualisten gemacht, die sich ein wenig aus der Masse abheben wollen und sich trotzdem einen gewissen Nutzwert wünschen. Allzu häufig wird man das Auto wohl nicht auf der Straße sehen, die Blicke werden ihm dafür umso mehr gehören. Bleibt abzuwarten, ob der CLS Shooting Brake – wie einst der CLS bei den viertürigen Coupés – als Vorreiter für andere Marken dienen wird?

  • Antrieb
    90%
    leiser, durchzugsstarker Dreiliter-Diesel
    Automatik gönnt sich ab und zu Gedenksekunde
  • Fahrwerk
    85%
    hohe Kurvendynamik, direkte Lenkung
    etwas geringerer Fahrkomfort als von Mercedes gewohnt
  • Karosserie
    95%
    extrem schickes Design, trotzdem guter Nutzwert
    nach hinten unübersichtlich, schmale Kofferraumöffnung
  • Kosten
    80%
    nur 1.904 Euro Aufpreis gegenüber herkömmlichem CLS
    7.646 Euro teurer als vergleichbar motorisiertes E-Klasse T-Modell

Preisliste


Mercedes CLS 350 CDI Shooting Brake

Grundpreis: 65.629 Euro
Ausstattungen Preis in Euro
ABS Serie
ESP Serie
ASR Serie
Airbag Fahrer Serie
Airbag Beifahrer Serie
Seitenairbags vorn Serie
Kopfairbags vorn Serie
Seitenairbags hinten 452
Kopfairbags hinten Serie
elektr. Fensterheber vorn Serie
elektr. Fensterheber hinten Serie
elektr. verstellbare Außenspiegel Serie
Klimaautomatik Serie
Zentralverriegelung mit Fernbed. Serie
Automatikgetriebe Serie (7 Gänge)
Bildschirmnavigation 3.118
CD-Radio Serie
MP3 Serie
elektr. Schiebedach 1.380
Metalliclackierung 1.083
Leichtmetallfelgen Serie (17 Zoll)
Sitzhöheneinstellung Serie
Tempomat Serie
Lederausstattung ab 1.785
Xenonlicht Serie
Anhängevorrichtung 1.023
Start-Stopp-System Serie
Multifunktions-Lederlenkrad Serie
Knie-Airbag für den Fahrer Serie
elektrische Heckklappe Serie
AMG-Sportpaket 3.546
Gepäckraumboden aus Kirschbaum 4.701
Laderaummanagement Easy Pack 351
Luftfederung vorn und hinten mit adaptivem Dämpfungssystem 1.345
Aktiv-Multikontursitze inklusive Massagefunktion 1.523
Sitzheizung vorn 446
Sitzheizung hinten 446
Sitzklimatisierung vorn 1.285
beheizbares Lenkrad 309
Voll-LED-Scheinwerfer 1.773
Fond-Entertainmentsystem 1.737
TV-Tuner 1.178
Spurpaket (Spurhalte- und Totwinkel-Assistent) 893
Fahrassistenzpaket Plus (Abstandstempomat, aktiver Spurhalte- und aktiver Totwinkel-Assistent) 2.678
Nachtsichtassistent 1.488
aktiver Einparkassistent 869
Rückfahrkamera 476

Datenblatt

Motor und Antrieb
Motorart Dieselmotor mit Turboaufladung und Common-Rail-Direkteinspritzung 
Zylinder
Ventile
Hubraum in ccm 2.987 
Leistung in PS 265 
Leistung in kW 195 
bei U/min 1.600 bis 2.400 
Drehmoment in Nm 620 
Antrieb Heckantrieb 
Gänge
Getriebe Automatik 
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1.596 
Spurweite hinten in mm 1.626 
Radaufhängung vorn Mehrlenkerachse, Bremsmomentabstützung, Schraubenfedern, Gasdruckstoßdämpfer mit amplitudenabhängigem Dämpfungssystem, Stabilisator 
Radaufhängung hinten Raumlenkerachse, Anfahr- und Bremsmomentabstützung, Schraubenfedern, Gasdruckstoßdämpfer mit amplitudenabhängigem Dämpfungssystem, Stabilisator 
Bremsen vorn innenbelüftete Scheiben 
Bremsen hinten innenbelüftete Scheiben 
Wendekreis in m 11,3 
Räder, Reifen vorn 245/45 R17, 8,5 J x 17 
Räder, Reifen hinten 245/45 R17, 8,5 J x 17 
Lenkung elektromechanische Zahnstangenlenkung mit geschwindigkeitsabhängiger Servounterstützung 
Maße und Gewichte
Länge in mm 4.956 
Breite in mm 1.881 
Höhe in mm 1.416 
Radstand in mm 2.874 
Leergewicht in kg 1.910 
Zuladung in kg 525 
Kofferraumvolumen in Liter 590 
Kofferraumvolumen, variabel in Liter 1.550 
Tankinhalt in Liter 80 
Kraftstoffart Diesel 
Fahrleistungen / Verbrauch
Höchstgeschwindigkeit in km/h 250 km/h (abgeregelt) 
Beschleunigung 0-100 km/h in Sekunden 6,6 
EG-Gesamtverbrauch in Liter/100 km 6,0 
EG-Verbrauch innerorts in Liter/100 km 7,3 
EG-Verbrauch außerorts in Liter/100 km 5,3 
CO2-Emission in g/km 159 
Schadstoffklasse Euro 5 

Bildergalerie: Eleganter Individualist