Bugatti startet Chiron-Produktion
Viele Menschen werden sich desöfteren gefragt haben, wie man einen Bugatti Veyron jemals toppen soll. Nun, ganz offensichtlich ist es dem elsässischen Unternehmen mit dem neuen Chiron ziemlich gut gelungen. Natürlich dreht sich bei einem fahrenden Superlativ wie dem neuen Bugatti alles um Zahlen. Vornehmlich, weil er sehr viele sehr große davon produziert. 1.500 PS, über 420 km/h Spitze und ein Preis von knapp 2,9 Millionen Euro sind nur die prominentesten einer gewaltigen Reihe ziemlich unglaublicher Nummern. Nun aber hat die Produktion der ersten zwölf Chiron tatsächlich begonnen und in diesem Zuge gewährt Bugatti ungewöhnliche und faszinierende Einblicke in dessen Entstehungsprozess. Und natürlich entdeckt man auch hier wieder reichlich wundersame Zahlen und Fakten.
Unglaubliches Level an Indiviualisierung
Zuerst konfiguriert man seinen Chiron. Zusammen mit einem Bugatti-Designer. Sie haben die Wahl aus 23 Decklackfarben und acht Sichtcarbon-Varianten. Innen buhlen 31 Lederfarben, acht Alcantarafarben, 30 Garnfarben, 18 Teppich-Einfärbungen und elf Gurt-Töne um Ihre Gunst. Wenn Sie etwas mehr Zeit und Geld haben, gibt es tausende weiterer, personalisierter Lack-Töne, die sich – so sagt es Bugatti – "beispielsweise an den Farben der Lieblingshandtasche oder des Flaschenetiketts des bevorzugten Mineralwassers orientieren können". Personalisierte Stickereien sind natürlich ebenfalls machbar. Ist die Konfiguration abgeschlossen, geht es ans Eingemachte, der Kunde erhält einen Produktionsslot und die Teile werden bestellt. Zwischen hier und der Auslieferung vergehen im Schnitt neun Monate.
Die Lackierung dauert drei Wochen
Ein Monat bevor die Produktion beginnt, baut Bugatti das erste Mal die Karosserie an Monocoque und Rahmenteilstruktur. Man muss schließlich sichergehen, dass alles passt. Von dort geht es in die Lackierei, wo geschlagene drei Wochen vergehen, um die einzelnen Lackschichten aufzubringen. Warum das so lange dauert? Weil jede einzelne Schicht von Hand geschliffen und poliert wird, bevor die nächste aufgetragen wird.
In der ersten von zwölf Montagestationen wird der W16-Motor zusammengesetzt
Die Produktionshalle heißt bei Bugatti "Atelier" und ist 1.000 Quadratmeter groß. Hier wird nun der 8,0-Liter-Quadturbo-W16-Motor (eine überarbeitete Version des Veyron-Aggregats) auf die Montage vorbereitet. Vormontiert wird er im VW-Motorenwerk in Salzgitter, wo er in einer exklusiv für Bugatti eingerichteten Pilothalle zuvor acht Stunden auf dem Prüfstand Hochlast-getestet wird. Gleiches gilt für das Sieben-Gang-DSG. Ach ja, der Motor wiegt übrigens 628 Kilogramm.
Die Kühlungsrohre des Chiron sind so groß wie Feuerwehrschläuche
Den Hinterwagen bauen die Monteure quasi um den monumentalen Antriebsstrang herum. Dann werden Monocoque und Vorderwagen verbunden und all die Kabelstränge und Rohre für die Kühlung werden angebracht. Der Chiron hat drei Wasserpumpen und die Rohre für die Kühlung sind so groß wie ein Feuerwehrschlauch. Entsprechende Durchschussmengen inkusive.
Am Chiron gibt es 1.800 Verschraubungen
Wie Sie bereits erfahren haben, wird der Chiron komplett von Hand montiert. Ein elektronisches Hilfsmittel gibt es jedoch. Mit der sogenannten EC-Schraubertechnik kann der Monteur jede Verschraubung am Chassis per Datenkurve am Computer speichern. Dieser gibt ihm dann ein Signal, wenn eine Verschraubung das richtige Drehmoment erreicht hat. Insgesamt gibt es über 1.800 Verschraubungen am Chiron, der Monteur hat also gut zu tun.
Das Chassis wird von 14 Schrauben zusammengehalten
Jeder dieser 14 Schrauben, die Monocoque und Hinterwagen zusammenhalten, ist aus Titan und wiegt genau 34 Gramm. Nun erhält jedes Chassis vier Räder und rollt dann zur nächsten Station – der Befüllungsanlage. Hier kriegt der Chiron alle seine Flüssigkeiten: Motor- und Getriebeöl, Bremsflüssigkeit, Hydrauliköl und Kühlflüssigkeit. Letztere saugt man zehn Minuten lang per Vakuum ein, um nochmal zu checken, ob der Kreislaufes auch dicht ist. Im Anschluss wird der 16-Zylinder das erste Mal zum Leben erweckt. Das sei "jedes Mal ein aufregender Moment für die Mitarbeiter", heißt es von Bugatti.
Der Chiron füttert die Stadt Molsheim mit Energie
Jetzt geht es weiter auf den Rollenprüfstand. Er befindet sich in einem eigenen Raum mit eigener Belüftung. Hier floss im Zuge der Umbauten für die Chiron-Produktion das meiste Geld. Die alte Anlage hätte den 1.500 PS und 1.600 Newtonmeter des Chiron nicht standgehalten. Während eines Tests wird elektrische Energie mit einer Stärke von bis zu 1.200 Ampere produziert. Und Bugatti speist das überschüssige Zeug in das örtliche Versorgungsnetz Molsheims zurück. Ja richtig, der Chiron powert nicht nur in unter 14 Sekunden auf 300 km/h, er beschleunigt sogar Molsheimer Kaffeemaschinen und Wäschetrockner. Während der Prüfung sitzt ein Mitarbeiter am Steuer des Wagens und checkt alle Motor- und Getriebedaten. Der Vorgang dauert zwei bis drei Stunden. Währenddessen werden 60 Kilometer zurückgelegt.
Der Zusammenbau der Karosserie dauert bis zu vier Tage
Obwohl der Chiron zu einem früheren Zeitpunkt schon einmal vormontiert wurde, dauert das Anbringen der Exterieurteile und das Einstellen aller Fugen und Spalten drei bis vier Tage. Die einzelnen Leichtbauteile sind zum Teil sehr groß und fragil und machen diesen Arbeitsschritt extrem anspruchsvoll.
Der Chrion wird einem 30-minütigen Monsun-Regen ausgesetzt
Um zu prüfen, ob auch alles am Chiron richtig dicht ist, geht es nun zum Wassertest. Hier wird er 30 Minuten lang mit einem Monsun-artigen Regenschauer konfrontiert. Erst wenn hier alles passt, wird das Interieur eingebaut.
Der Interieur-Einbau dauert drei Tage
Zwei Mitarbeiterinnen bauen binnen drei Tagen das Interieur zusammen. Der Kunde hat die Wahl zwischen einem betont luxuriösen Vollleder-Innenraum oder einer sportlicheren Version mit Sichtcarbon.
Der Fahrtest findet auf einem Flugplatz statt
Hierfür wird der Chiron in eine spezielle Schutzfolie gehüllt. Das allein dauert einen Tag. Für die Testfahrt erhält das Auto nicht die Original-Räder oder den endgültigen Unterboden. Diese Teile werden geschont. Die Testfahrt geht zu einem Flugfeld in Colmar. Anschließend fährt der Testfahrer "gemütlich " über die Autobahn zurück. Gibt er sein Okay, kommen die richtigen Räder und der Unterboden drauf und das Getriebeöl wird gewechselt. Nun erfolgt die abschließende 50-Kilometer-Testfahrt für die finale Freigabe. Dann geht es zurück in die Lackkabine, wo der Chiron für das Finish vorbereitet wird.
Die Vorbereitung zur Auslieferung kann bis zu drei Wochen dauern
Vor der Übergabe werden alle Schutzfolien entfernt und das Auto wird gereinigt und poliert. Anschließend geht es in den Lichttunnel, wo ein Mitarbeiter mit vermutlich sehr guten Augen das Auto sechs Stunden lang unter die Lupe nimmt. Werden Mängel identifiziert, geht es zurück in die Lackkabine. Die Beseitigung der Fehler kann drei Tage bis drei Wochen dauern (falls ein Teil neu produziert werden muss). Ein letztes Mal geht es nun zurück in den Tunnel. Erst wenn alle Manager aus den verschiedenen Abteilungen mit dem Ergebnis zufrieden sind, wird der Termin zur Fahrzeugübergabe ausgemacht. Insgesamt soll dieses extreme Prozedere 70-mal pro Jahr durchgeführt werden (500 Chirons sind insgesamt geplant). Seien Sie beim Ein- und Ausparken Ihres Chiron also bitte etwas vorsichtig.
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