Wenn Mercedes eine neue Unternehmensstrategie für mehr Profitabilität vorstellt, ist das normalerweise eher etwas für den Wirtschaftsteil der Tageszeitung. Doch der neue Mercedes-Chef Ola Källenius stellt nun Pläne vor, die auch für Autofans wichtig sind. So will er künftig stark auf Elektromobilität setzen - ähnlich wie der VW-Konzern es jetzt schon tut.
Källenius lobte beim "Mercedes-Benz Strategy Update" am gestrigen Dienstag (6. Oktober) zunächst Erfolge wie den höheren Absatz und die neuen Kundenschichten, die Mercedes unter dem alten Chef Dieter Zetsche mit den Kompaktklassemodellen (A-Klasse, CLA, GLA etc.) erschlossen hat. Doch bei den Gewinnen habe man "noch nicht das volle Potenzial ausgeschöpft", so Källenius.
Deshalb soll Mercedes in Zukunft eine neue Strategie verfolgen, die sechs Punkte ("Säulen") umfasst. Dazu gehört eine stärkere Fokussierung auf Luxus - unter anderem bei der Modellpalette. Neben dem Absatz soll außerdem der Gewinn wieder wichtiger werden. Die Entwickler sollen sich künftig auf die profitabelsten Segmente konzentrieren - also wohl auf die höheren Klassen statt auf die absatzstarke Kompaktklasse.
Elektrifizierung von AMG und Maybach
Künftig sollen außerdem die Sub-Marken wie AMG, Maybach oder EQ stärker wachsen. Dabei ist offenbar vor allem an die Elektrifizierung gedacht. "AMG ist mit der Elektrifizierung des Portfolios ab 2021 für die nächste Stufe bereit", so Mercedes. Dabei könnte es sich um Autos wie die über 600 PS starke AMG-Version des EQS handeln, über die bereits spekuliert wird.
Maybach soll künftig "ebenfalls elektrische Modelle anbieten". Außerdem erwähnt Mercedes eine bisher nicht bekannte Sub-Marke namens G - offenbar eine neue Geländesparte rund um die G-Klasse. Auch diese Baureihe soll elektrifiziert werden, so Mercedes. Die Marke EQ schließlich widmet sich künftig stärker speziellen Elektro-Plattformen.

Neue Elektroplattformen: EVA und MMA
Bei Elektroantrieben und Fahrzeug-Software will Mercedes führend werden. Vier neue Elektrofahrzeuge sollen auf der kommenden Electric Vehicle Architecture (EVA) basieren. Der 2021 startende EQS wird das erste Modell auf dieser neuen Plattform sein. Danach folgen der EQE, das EQS-SUV und das EQE-SUV.
Die zweite neue Elektro-Plattform heißt Mercedes-Benz Modular Architecture (MMA) und ist für die Kompakt- und Mittelklasse gedacht. Auf dieser Basis sollen ab 2025 weitere Modelle das Elektro-Portfolio komplettieren.
"Während der Anteil von elektrifizierten und vollelektrischen Fahrzeugen bis 2030 mehr als 50 Prozent des weltweiten Absatzes ausmachen wird, werden die Investitionen in Verbrennungsmotoren schnell zurückgehen und die Zahl der Varianten bis 2030 um 70 Prozent reduziert." (Daimler-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer)
Die nächste Elektromotoren-Generation wird von Mercedes selbst entwickelt, außerdem will man Hochvolt-Technologie einsetzen - womöglich geht Mercedes also auch in Richtung 800 Volt-Technik wie Porsche beim Taycan. Bei den Batterien setzt man weiterhin auf Partner wie CATL, Farasis und Sila Nano. Neue Materialien und Produktionsprozesse sollen die Reichweite erhöhen und Ladezeit sowie Kosten reduzieren.
Vision EQXX: E-Autos mit maximaler Reichweite
Mit dem Technologieprogramm Vision EQXX will Mercedes außerdem ein Elektrofahrzeug mit besonders hoher Reichweite entwickeln. Dazu wird eine Arbeitsgruppe in Stuttgart gebildet, die durch Spezialisten der britischen Mercedes-AMG High Performance Powertrains (HPP) unterstützt wird - einer Daimler-Tochter, die Rennmotoren für die Formel 1 entwickelt.
Im Bereich Software entwickelt Mercedes ein eigenes Betriebssystem namens MB.OS, das 2024 auf den Markt kommen soll. So sollen häufigere Updates möglich werden.
Der sechste und letzte Punkt: Um zukunftsfähig zu werden, müssen die Fixkosten sinken. Durch "Kapazitätsanpassungen und geringere Personalkosten" will man mehr als 20 Prozent gegenüber den Zahlen von 2019 sparen. Auch Sachinvestitionen sowie Entwicklungsausgaben sollen bis 2025 um mehr als 20 Prozent verringert werden. Auf Kosten der Elektrifizierung soll das wohl nicht gehen. Offenbar verfolgt Källenius hier künftig ähnlich ambitionierte Ziele wie VW-Konzernchef Herbert Diess.