Ein bisschen frustrierend muss es schon sein, wenn man sich als Techniker das Energiediagramm eines Motors ansieht. Denn selbst in einem sehr effizient arbeitenden Verbrennungsmotor wird nur rund ein Drittel der Energie, die im Kraftstoff steckt, zur Fortbewegung genutzt. Die restlichen zwei Drittel gehen in Form von Wärme verloren, die über das Abgas und den Kühler an die Umgebung abgegeben wird. Um wenigstens einen kleinen Teil dieser Energie zu nutzen, entwickelt BMW einen thermoelektrischen Generator (TEG).
Strom aus der Abgaswärme
Wie der Name schon sagt, gewinnt dieser Stromerzeuger Elektrizität aus Wärme. Das ist besser, als die Energie zu verwenden, die im Kraftstoff steckt. Denn dabei muss die chemische erst im Motor in mechanische und dann im Generator in elektrische Energie gewandelt werden. Bei jeder Umwandlung ergeben sich Verluste, deshalb ist die direkte Umformung von Wärme in elektrischen Strom effizienter als das bisher verwendete System.
Solarzellen, Thermoelemente und Co
Bei der thermoelektrischen Stromgewinnung macht man sich den so genannten Seebeck-Effekt zunutze, der bei thermoelektrischen Halbleiterelementen auftritt. Ähnlich wie die in Solarzellen eingesetzten Halbleiter Strom aus Licht produzieren, machen thermoelektrische Halbleiter Strom aus Wärme. Die Tatsache, dass sich so bei einem Temperaturgefälle eine elektrische Spannung ergibt, wird derzeit unter anderem in Thermoelementen zur Temperaturmessung eingesetzt. Man kann sie aber auch zur Energiegewinnung nutzen.
Auch bei Raumsonden genutzt
Diese Technik wird bereits seit Jahrzehnten zur Stromerzeugung in Raumsonden genutzt. Dabei dient eine radioaktive Probe als Wärmequelle. Das ist im Auto natürlich schlecht machbar; stattdessen verwendet man die heißen Abgase. Dazu wird ein thermoelektrischer Generator in den Abgasstrang integriert. Das geht beim Diesel genauso wie beim Benziner. Beim Diesel sind zwar die Temperaturen niedriger, dafür aber die Volumenströme größer. Da der TEG nach dem Partikelfilter eingesetzt wird, besteht auch nicht die Gefahr der Verrußung.
Strom für alle Verbraucher
Aktuell kann das System eine elektrische Leistung von etwa 200 Watt erzeugen. Nicht gerade viel, wenn man bedenkt, dass man aus einem einzigen Kilowatt Motorleistung 500 Watt elektrische Energie machen kann. Aber die Materialforschung macht rasante Fortschritte, und so sollen schon bald 1.000 Watt möglich sein. Zum Vergleich: Derzeit braucht ein BMW 5er etwa 600 bis 700 Watt für alle elektrische Verbraucher – vom CD-Radio bis zur Beleuchtung. Man könnte also den Mehrverbrauch verhindern, den die elektrischen Systeme im Auto bedingen. Das würde bis zu fünf Prozent Sprit sparen. Die Wärmerückgewinnung kann zudem das Getriebe oder die Heizung im Kaltstart mit Wärme beliefern und so den Fahrkomfort erhöhen. Auch ist denkbar, dass der TEG in einen Katalysator integriert wird. Denn bei Umkehrung des Prozesses, also bei der Umwandlung von Strom in Wärme, könnte das Aggregat als Katalysatorheizung dienen, um die Rohemissionen beim Kaltstart zu verringern. Sobald das Abgas heiß genug ist, kann der Prozess umgekehrt werden, um damit Strom zu erzeugen.
Strom beim Bremsen und beim Gasgeben
Der TEG ist zudem eine ideale Ergänzung zur Bremsenergie-Rückgewinnung, wie sie Bestandteil des EfficientDynamics-Pakets von BMW ist. Denn während diese im Schubbetrieb und beim Bremsen durch die in die Batterie eingespeiste zurückgewonnene Energie Verbrauchsvorteile erzielt, spielt der TEG seine Vorteile dann aus, wenn das Autofahren am meisten Spaß macht – beim Gasgeben.
Auch Turbo-Steamer nutzt Abgaswärme
Der TEG ist nicht der einzige Ansatz von BMW zur Nutzung der automobilen Abwärme. Daneben soll der so genannte Turbo-Steamer mechanische Energie gewinnen. Dieser basiert auf dem Prinzip der Dampfmaschine: Es wird Dampf erzeugt, der einen Motor antreibt. Dieser ist mit der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors gekoppelt, wodurch sich Leistung und Drehmoment erhöhen. Gleichzeitig sinkt der Verbrauch. Primärer Energielieferant ist das heiße Abgas, das via Wärmetauscher über 80 Prozent der enthaltenen Wärmeenergie zurückgewinnen soll. In Laborversuchen lassen sich damit Verbrauchsreduzierungen von bis zu 15 Prozent erzielen – ebenfalls ein sehr spannender Ansatz, zu dem wir hoffentlich bald Neues von BMW hören werden.