Irgendwann in den 1970er-Jahren hat es Porsche beim 911 auf den Punkt gebraucht: Keiner braucht ihn, jeder will ihn. Ein Auto also, dass streng genommen außer Fahrspaß keinen besonderen Nutzen hat. Aber wenn es danach ginge, müssten wir alle VW Polo fahren. Zum Glück gibt es noch herrlich unvernünftige Autos wie den Mazda MX-5 und den Suzuki Jimny, die beide rein zufällig auch wunderbar aussehen.

Was ist das?

Über mangelnde Nachfrage kann sich Suzuki beim aktuellen Jimny nicht beklagen: Die kantige Kiste im Retro-Look wird mehr verteilt als verkauft. Die Lieferfristen aus Japan sind lang, Lagerfahrzeuge werden mit saftigem Zuschlag angeboten. Aber obwohl der Jimny so beliebt ist wie einst Bananen in der DDR, hat er ein Problem.

Die immer strengeren CO2-Vorschriften machten der Pkw-Version den Garaus. Unter der Haube im Stil einer Tischtennisplatte werkelt ein rustikaler 1,5-Liter-Saugbenziner mit 102 PS Leistung und 130 Newtonmeter Drehmoment. Um den Jimny weiter anbieten zu können, hat Suzuki einen cleveren Schachzug vorgenommen: Die eh kaum brauchbare Faltrückbank flog raus, nun gibt es puren Laderaum mit Trenngitter zu den vorderen Plätzen. 

Suzuki Jimny als Nutzfahrzeug (2021) im Test

Diesen Trick kennt vielleicht noch so mancher, der mit seinem Diesel-Golf von der Post Steuern sparen wollte. So läuft der Jimny jetzt als leichtes Nutzfahrzeug. 173 Gramm pro Kilometer CO2? Egal!

Am Rest hat sich nichts geändert: Der Suzuki wirkt noch immer wie eine Mischung aus Lego-Modell und einer Tafel Ritter Sport. Quadratisch, praktisch, gut. Gerade einmal 3,64 Meter ist der Jimny inklusive Reserverad am Heck lang und nur 1,64 Meter breit, was alle freut, die öfters im Wald zu tun haben. 

Doch im Gegenzug sitzen Fahrer und Beifahrer zwar sehr hoch, aber auch sehr kuschelig nah beieinander. Nicht ohne Grund befinden sich die Schalter für die Fensterheber in der Mittelkonsole. Hinter der zur Seite schwenkenden Kofferraumtür (auch nicht unbedingt praktisch) befindet sich ein Gepäckabteil von 863 Liter Volumen. Ob Hund, Holz, Jagdbeute, Angelzubehör: Hier kann alles hinein, was etwas schmuddelig ist.

Wie fährt er sich?

Im Video (siehe oben) sehen Sie, wozu der Jimny alles in der Lage ist. Mit einer Kombination aus 1,72 Meter Höhe und nur 2,25 Meter Radstand verbieten sich schnelle Kurven oder gar ein Elchtest von selbst. Aber was heißt hier schnell? Gut 13 Sekunden braucht der Suzuki auf Tempo 100, theoretisch sind 145 km/h möglich. Doch schon bei 110 brüllt der Motor lauter als Klaus Kinski im Zorn.

Viel Dämmung gibt es nicht, dafür hinter dem Fahrer viel Resonanzkörper. Zudem hat Suzuki den Jimny NFZ in Sachen Ausstattung abgespeckt. Klimaanlage statt -automatik, CD-Radio statt Touchscreen, aber kurioserweise Sitzheizung, ein Spurhaltesystem und eine Verkehrszeichenerkennung.

Nein, mit dem Jimny möchte man nicht wirklich 500 Kilometer auf der Autobahn fahren. Schon kurze Strecken werden dank des langen, knorpelig geführten Schalthebels und des mäßigen Federungskomforts zu einer Mischung aus Camel Trophy und "Convoy".

Suzuki Jimny als Nutzfahrzeug (2021) im Test

Ähnlich gilt das aber auch für einen Mazda MX-5. Und so wie dieser auf kurvigen Passstraßen in seinem Element ist, fühlt sich der Jimny erst in richtigem Gelände wohl. "Allgrip Pro" nennt sich die per kleinem Hebel aktivierbare Untersetzung, beim langsamen Kriechen bietet der Saugmotor Pluspunkte. Hinzu kommt eine steife Radaufhängung mit Starrachsen vorne und hinten. Der Unimog des kleinen Mannes quasi. Konsequent und zweckmäßig.

Was kostet er?

Aber wer von uns ist schon Förster, Bergdoktor oder Hotelier auf der Zugspitze? Gewiss, der Jimny macht unglaublich viel Spaß gerade durch seine rustikale anachronistische Art. Aber er kostet nun als NFZ relativ teure 21.915 Euro, zudem warnt Suzuki selbst vor langen Wartezeiten aufgrund der sehr hohen Nachfrage und begrenzter Stückzahl.

Fazit: 7/10

Die Gruppe, die einen Jimny als Arbeitsgerät benötigt, ist überschaubar. Wer einen rustikalen Spaß-Geländewagen sucht, schaut entweder nach der PKW-Variante gebraucht oder besorgt sich günstig den Lada Niva Legend als Grauimport. Wer hingegen nur gelegentlich Feldwege nutzt oder in, aber nicht AUF die Berge fährt, sollte zum jüngst gelifteten Dacia Duster schauen. Mit 150-PS-Turbobenziner, Allrad und Vollausstattung ist er sogar einen Hauch günstiger als der Jimny NFZ. Oder sie schauen sich als Suzuki-Stammkunde den Vitara an ...

Für Otto Normalautofahrer ist der Suzuki Jimny nichts. Der Verstand sagt: furchtbare Karre. Das Herz sagt: Danke, dass es noch solche authentischen Autos gibt. Man liebt ihn oder man hasst ihn. Der Jimny ist keine geleaste Monatsfahrkarte auf Rädern. Er versucht nicht, mehr vorzugaukeln, als er eigentlich ist. Wäre er ein Politiker, würden wir ihn sofort wählen.

Bildergalerie: Suzuki Jimny als Nutzfahrzeug (2021) im Test

Bild von: Fabian Grass

Suzuki Jimny NFZ (2021)

Motor Vierzylinder-Saugbenziner, 1.462 ccm
Leistung 75 kW (102 PS) bei 6.000 U/min
Max. Drehmoment 130 Nm bei 4.000 U/min
Antrieb Allrad permanent mit zuschaltbarer Untersetzung
Getriebeart manuelles Fünfgang-Getriebe
Höchstgeschwindigkeit 145 km/h
Länge 3.645 mm (bis Reserveradabdeckung)
Breite 1.645 mm
Höhe 1.720 mm
Bodenfreiheit 210 mm
Böschungswinkel 37 Grad
Rampenwinkel 28 Grad
Böschungswinkel hinten 49 Grad
Kofferraumvolumen 863 Liter
Leergewicht 1.090 kg
Zuladung 345 kg
Verbrauch 6,1 Liter/100 km (NEFZ)
Emission 173 g/km CO2, Euro 6
Basispreis 21.915 Euro