Was ist das?

Die vierte Generation des vermutlich vernünftigsten schnellen Autos auf diesem Planeten. Der Skoda Octavia RS ist der Golf GTI für alle, die viele Kinder haben und/oder ständig neue Möbel kaufen. Er ist der Pauschalurlaub unter den Kompaktsportlern. Wobei es "kompakt" bei einer Länge von inzwischen 4,70 Meter jetzt auch nicht mehr so richtig trifft.

Wie Sie auf den Bildern sehen, hat Skoda uns die Limousine zum Test vorbei gebracht. Unserer Meinung nach sieht sie richtig gut aus. Das dürfte ihr allerdings nicht viel helfen, denn natürlich gibt es auch wieder einen Octavia RS Combi, den die überwältigende Mehrheit der Kundschaft natürlich auch wieder bestellen wird. 

Generell dürfte es allerdings leichter sein, den Partner fürs Leben zu finden, als sich für den richtigen Octavia RS zu entscheiden. Skoda bietet Limousine und Combi nämlich jeweils als Benziner, Diesel oder Plug-in-Hybrid an. Alle kommen anfangs mit DSG, der Benziner später auch als Handschalter. Der Diesel dann irgendwann auch mit Allrad. Viel Spaß beim Vergleichsrechnen. 

Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test

Da wir es simpel mögen und uns - wenn möglich - immer für die fahrdynamisch attraktivste Variante entscheiden würden, hat der 245-PS-Benziner schon mal einen kleinen Stein im Brett. Er kommt aus dem neuen GTI, leistet 370 Nm und beschleunigt den Octavia in 6,7 Sekunden von 0-100 km/h.

Für entsprechendes Handling sollen ein speziell abgestimmtes adaptives Sportfahrwerk mit 15 mm Tieferlegung und serienmäßige 18-Zöller mit 225er-Bereifung (19 Zoll gegen Aufpreis) sorgen. Den Untersteuer-Teufel bekämpfen die Tschechen mit XDS+ und VAQ.

Ersteres soll mit Bremseingriffen an den kurveninneren Rädern ein besseres Eindrehen des Fahrzeugs in zügiger gefahrenen Ecken gewährleisten. Die Vorderachs-Quersperre wiederum leitet mehr Kraft an das Rad mit der besseren Traktion und verbessert so den Vortrieb beim Herausbeschleunigen aus Kurven.

Aus der Schnäppchen-Abteilung sind die Autos aus Mladá Boleslav inzwischen mehrheitlich herausgewachsen. Die Octavia RS Limousine mit dem Zweiliter-Benziner und 7-Gang-DSG kostet ab 38.543 Euro. Unser vollausgestatteter Testwagen bringt es auf 47.785 Euro.     

Wie fährt er?

Absolut genau so wie man sich einen Octavia RS vorstellt. Für den Großteil der Interessenten sind das hervorragende Nachrichten. Auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: Auch der Neue wird nie das fesselndste Auto seiner Klasse sein, aber er liefert einen Grad an unaufgeregter, extrem leicht zugänglicher Performance und alltagstauglicher Dynamik, die schwer zu toppen ist.

"Untersteuern wird gefühlt ein gutes Stück besser bekämpft als zuletzt. Das Auto schmiert in Richtung Limit nicht pomadig nach außen weg, sondern versucht eher sich ein wenig einzudrehen, um die Linie beizubehalten."

Die Lenkung ist sehr leicht und schnell, bietet - wie das heutzutage nun mal so ist - wenig Anhaltspunkte in Sachen Gefühl/Information, arbeitet aber absolut präzise. Das Fahrwerk ist nicht zu weich und nicht zu hart. Selbst, wenn Sie den Regler des DCC (adaptive Dämpfer) im zugehörigen Infotainment-Menü auf die maximale Rumpel-Stufe stellen, hat das alles noch sehr viel Würde. 

Im Fahrdynamischen zeigt sich einmal mehr, wie ausgeklügelt, austariert und feingeschliffen die Konzern-Plattform MQB inzwischen ist. Auch der Octavia RS stellt sich in schnell gefahrenen Kurven deutlich geschickter an, als man vermuten würde. 

Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test

Hier wankt nix, hier taucht nix weg. Untersteuern wird gefühlt ein gutes Stück besser bekämpft als zuletzt. Das Auto schmiert in Richtung Limit nicht pomadig nach außen weg, sondern versucht eher sich ein wenig einzudrehen, um die Linie beizubehalten. Das ist alles wirklich gut, man würde nur so gerne ein bisschen mehr dabei fühlen. Der Octavia RS wirkt - gerade in Anbetracht seins Gewichts - überraschend leichtfüßig, dabei zu jeder Zeit vollkommen narrensicher, aber er fährt halt arg digital.

Apropos digital: Noch nie in der Geschichte des künstlich verstärkten Motor-/Auspuff-Sounds wurden absurdere, unangemessenere Klänge in den Innenraum gepumpt als hier. Im Normal- und vor allem im Sport-Modus klingt der Zweiliter-Vierzylinder des Octavia RS wie ein 7,7-Liter-V8, gefangen in einem Amiga 500. Warum in aller Welt sollte irgendjemand ein "Motorgeräusch" als Bereicherung empfinden, das so offensichtlich so unglaublich fake ist?

Aber sonst alles okay an der Antriebs-Front?

Ja ja, absolut. Und glücklicherweise kann man den übermotivierten Soundgenerator ja zum Schweigen bringen. Im Eco- und Comfort-Modus oder wenn man ihn in der Individual-Einstellung abwürgt.

Der gute alte 2.0 TSI (inzwischen EA888 evo4) bleibt eine sichere Bank für souveränen, sehr stämmigen Vortrieb. Nicht über die Maßen charismatisch, aber sauschnell. Wie immer hapert es auch hier ein wenig am Ansprechverhalten, was gerade beim Anfahren sicher auch ein "Verdienst" des Doppelkupplungsgetriebes ist. Und es gibt unbestreitbar Maschinen, die aggressiver am Gas hängen, aber ab knapp unter 3.000 Touren hat dieser Motor wirklich ein irre breites Kreuz und er schiebt bullig bis über 6.000.

Das DSG ist definitiv nicht unter den sportlichsten Doppelkupplungsgetrieben auf dem Markt und verschluckt sich das ein oder andere Mal zu oft (wie gesagt: beim Anfahren oder wenn man länger gleitet und dann wieder aufs Gas geht), aber in 95 Prozent der Fälle schaltet es weich und sehr schnell.

Wir erreichten bei unserer sportlich gefahrenen Testrunde laut Bordcomputer einen Verbrauch von unter 10 Liter. Beim Pendeln oder längeren, eher entspannt gefahrenen Autobahnetappen sollte aber auch eine 7 vor dem Komma locker machbar sein.

Wie ist er innen?

Der Octavia RS ist innen besser als ein Golf GTI. Und das liegt nicht nur daran, dass er größenbedingt mehr Beinfreiheit und einen Kofferraum wie eine Bahnhofshalle (600 bis 1.55 Liter) hat.

Das Cockpit ist schlichtweg schöner und liebevoller eingerichtet. Außerdem ist es einfacher zu bedienen. "Einfach" bedeutet leider auch hier nicht wirklich einfach. Es bedeutet lediglich einfacher als im ganz und gar nicht einfachen Golf.

Das liegt hauptsächlich daran, dass es ein paar mehr physische Tasten an Lenkrad und Armaturenbrett gibt, mit denen man sinnvolle Dinge steuern kann. Außerdem ist die Temperatur-Einstellung, auch wenn sie in den zentralen Touchscreen verlegt wurde, immer zu sehen und sehr leicht zu bedienen. 

Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test
Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test
Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test

Die Auswahl und Qualität der Materialien macht einen hervorragenden Eindruck. Die Metall-Drehrädchen am Lenkrad etwa verströmen eine Liebe zum Detail, die in dieser Klasse absolut ungewöhnlich ist.

Das Carbon (vermutlich Fake, aber sehr gut gemacht), das Alcantara am Armaturenbrett und in den Türen, die schönen, vielfach einstellbaren Sportsitze, die vielen roten Nähte, der große, freistehende Infotainment-Bildschirm - da ist Skoda wirklich die Extra-Meile gegangen und es zahlt sich im Gesamtergebnis aus. 

Schwächen? Wenig. Die diversen Verstellmöglichkeiten des digitalen Instrumentendisplays sind in der Bedienung ziemlich fummelig. Außerdem sitzt man etwas hoch. Und Vorsicht beim Öffnen der gigantischen Heckklappe. Sie ist definitiv kein Freund knapp geschnittener Tiefgaragen. 

Fazit: 8/10

Zuletzt zeichneten die RS-Modelle für 20 Prozent aller Octavia-Verkäufe verantwortlich. Es ist absolut verständlich, warum das so ist. Auch hier wieder. Ein schneller, bequemer Kilometermacher mit vernünftigen Reserven im Fahrwerk, einem großartigen Interieur und einer unschlagbaren Alltagstauglichkeit. 

Wer nicht nur pendelt und ständig laden kann, ist mit dem Benziner auf jeden Fall besser dran als mit dem gleich starken Plug-in-Hybrid. Der ist gut 160 Kilo schwerer und liefert mit leerer Batterie (nach etwa 40-50 Kilometern) nur noch 150 PS. Das hat dann mit Sportlichkeit nicht mehr wirklich viel zu tun. 

Apropos: Der Octavia RS 2.0 TSI kann fahrdynamisch inzwischen mehr, als man ihm vielleicht zutrauen würde. Es wäre nur schön, wenn er es dem Fahrer auch etwas leidenschaftlicher und weniger androgyn demonstrieren dürfte. Er bleibt mehr der potente Familienwagen als ein reinrassiger Athlet.

Wer das beherzigt, erhält ein absolut hervorragendes Auto, das preislich allerdings nicht mehr so attraktiv ist, wie das mal war. Der Combi ist übrigens nur 700 Euro teurer als die Limousine. Das dürfte die Entscheidung - bei allem, was die Limo kann - nicht unbedingt schwerer machen. 

Bildergalerie: Skoda Octavia RS 2.0 TSI (2020) im Test

Bild von: Fabian Grass

Technische Daten und Preise Skoda Octavia RS 2.0 TSI DSG

Motor Vierzylinder-Turbo-Benziner; 1.984 ccm
Getriebeart 7-Gang-Doppelkupplung
Antrieb Vorderradantrieb
Leistung 180 kW (245 PS) bei 5.250-6.500 U/min
Max. Drehmoment 370 Nm bei 1.800-4.300 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 6,7 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h
Leergewicht 1.629 kg
Zuladung bis zu 602 kg
Kofferraumvolumen 600-1.555 Liter
Verbrauch Normberbrauch: 6,5 Liter; Testverbrauch laut BC: 9,5 Liter
Emission 150 g/km CO2
Basispreis 38.543 Euro
Preis des Testwagens 47.785 Euro