Skoda erweitert die Speisekarte. Genauer gesagt: Im Lokal "Zum geräumigen Octavia". Es ist gut besucht, schließlich macht der Octavia rund 30 Prozent der weltweiten Verkäufe von Skoda aus. In sieben europäischen Ländern ist er sogar das meistverkaufte Modell. Nun gibt es ihn in weiteren Geschmacksrichtungen: Als G-Tec mit Erdgas (dazu in einem separatem Testbericht mehr) und als Plug-in-Hybrid.

Den Octavia mit Stecker ermöglicht die Großküche des Volkswagen-Konzerns: Auch im VW Golf und dem Seat Leon gibt es den Plug-in-Hybrid mit 204 respektive 245 PS Systemleistung, der neue Audi A3 dürfte folgen. Die stärkste Variante verknüpft Skoda ähnlich wie VW beim Golf GTE mit einem sportlichen Modell und zwar dem Octavia RS. Puristen mögen bei dem Gedanken die Nase rümpfen. Aber wie sagt man so schön? Probieren geht über Studieren.

Was ist das?

RS kennzeichnet traditionell die kräftigsten Versionen des Skoda Octavia. Auch die neue Generation wird noch "normale" Ableger erhalten: einen Benziner mit 245 PS (analog zum VW Golf GTI) und einen 200 PS starken Diesel (siehe Golf GTD). Aber wir schreiben die 20er-Jahre des 21. Jahrhunderts, in denen ein Plug-in-Hybrid auf jede Speisekarte gehört.

Sehen wir uns zunächst die Optik des Octavia RS iV an: Es gibt ihn als Combi und als Limousine, beide trennen etwa 700 Euro.  Der Grill, die "Air Curtains", ein Diffusor an der RS-spezifischen Frontschürze, Aeroflaps, der Diffusor an der hinteren Schürze und die Fensterrahmen sind in sportlichem Schwarz gehalten. Die Limousine trägt einen schwarzen RS-Heckspoiler; beim Kombi ist der Dachspoiler in Wagenfarbe ausgeführt.

Serienmäßig verfügen die RS iV-Modelle über Matrix-LED-Scheinwerfer und schwarze 18-Zoll-Leichtmetallräder; auf Wunsch sind auch 19-Zoll-Felgen erhältlich. Die Bremssättel sind als besonderer Blickfang in RS-typischem Rot lackiert.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Der Innenraum des Octavia RS iV ist vorwiegend in Schwarz gehalten. Das dreispeichige Leder-Sportlenkrad trägt ein RS-Logo sowie Schaltwippen für die Bedienung des DSG. Auf den Sportsitzen vorne sowie auf den Sitzen im Fond finden sich ebenfalls RS-Logos sowie farbige Ziernähte in Rot oder Silbergrau, die sich auch am Lederlenkrad, an den Armlehnen und an der mit Alcantara bezogenen Instrumententafel finden. Dekorleisten im RS-Look und Pedale im Aluminiumdesign runden den sportlichen Eindruck im Interieur ab. 

Nett gemacht, das Ganze. Insgesamt schreit der Octavia RS iV aber nicht "SPORT", sondern hält sich zurück wie einst Ernst Huberty beim Fußball-Kommentar. Nach wie vor Geschmackssache bleibt das digitale Cockpit. Immerhin erleichtern einige große Tasten unter dem Touchscreen auf der Mittelkonsole den Zugriff. 

Der Octavia RS iV verfügt zudem über ein Sportfahrwerk mit RS-typischer Abstimmung, die Bodenfreiheit liegt wie beim Octavia iV bei 143 Millimeter. Aber das Kofferraumvolumen sinkt durch die zusätzliche Batterie: 450 statt 600 Liter bei der Limousine, 490 statt 640 Liter beim Combi.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Wie funktioniert der Plug-in-Hybrid?

Im Skoda Octavia RS iV stehen eine Systemleistung von 180 kW (245 PS) sowie ein maximales Drehmoment von 400 Nm bereit. Für den Kraftschluss sorgt in beiden iV-Versionen ein 6-Gang-Direktschaltgetriebe, die Fahrstufenauswahl erfolgt elektronisch mittels Shift-by-Wire-Technologie.

Unter dem Blech arbeiten ein 1,4-TSI-Benzinmotor mit 110 kW (150 PS) und ein 85 kW starker Elektromotor zusammen, die Steuerung erfolgt elektronisch. Der Elektromotor ist in das 6-Gang-Direktschaltgetriebe integriert und durch eine Kupplung vom Verbrennungsmotor getrennt.

Der Octavia iV und der Octavia RS iV verfügen über eine Lithium-Ionen-Hochspannungsbatterie mit einer Kapazität von 37 Ah und einem Energiegehalt von 13 kWh, die eine rein elektrische Reichweite von um die 60 Kilometer im WLTP-Zyklus ermöglicht. 

Der Akku lässt sich an einer haushaltsüblichen Steckdose oder einer Wallbox aufladen. An der 230V-Steckdose lädt der Akku innerhalb von 3:45 Stunden wieder von 0 auf 80 Prozent auf, nach 5:00 Stunden liegt der Ladestand des Akkus wieder bei 100 Prozent.

An einer 3,6-kW-Wallbox ist die Marke von 80 Prozent nach 2:33 Stunden und von 100 Prozent nach 3:33 Stunden erreicht. Der Ladeanschluss befindet sich auf der Fahrerseite hinter einer Klappe im vorderen Kotflügel, die sich über einen Knopf in der Türverkleidung öffnen lässt.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Zusätzlich zur Traktionsbatterie verfügen beide Octavia iV-Modelle über eine 12V-Batterie im Gepäckraum. Diese Batterie versorgt die Niederspannungssysteme an Bord. Im E-Modus sind der Octavia iV und der Octavia RS iV rein elektrisch unterwegs, daher eignet sich diese Einstellung insbesondere für Fahrten im Stadtverkehr.

Bei einem ausreichend geladenen Akku und einer Außentemperatur von mehr als -10 Grad Celsius startet das Fahrzeug direkt mit dem elektrischen Antrieb. Ist es kälter als -10 Grad Celsius, ist der Modus aus technischen Gründen nicht verfügbar. Mit dem reinen Elektroantrieb lässt sich eine Leistung bei 85 kW abrufen, die Höchstgeschwindigkeit beträgt in diesem Modus 140 km/h.

Im Hybridbetrieb bewertet das elektronische Steuergerät kontinuierlich die aktuelle Fahrsituation. Sobald das Fahrzeug in Bewegung ist, erfolgt die Regelung des Zusammenspiels zwischen den beiden Motoren selbsttätig. Entweder sie ergänzen sich bei gleichzeitiger Nutzung oder die Elektronik aktiviert mit dem Verbrennungs- oder dem Elektromotor nur einen der beiden Motoren.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test
ICE steht für "Internal Combustion Engine", also den Verbrennungsmotor an Bord.

Zudem gibt es im Hybrid-Modus die Möglichkeit, den Akku während der Fahrt über Rekuperation oder den Verbrennungsmotor zu laden. Ist das Auswahlfeld ‚Auto‘ im Zentraldisplay nicht ausgewählt, kann der Fahrer hier selbst einen gewünschten Ladezustand des Akkus einstellen.

Ist der aktuelle Ladestand niedriger als die gesetzte Markierung, lädt das Fahrzeug den Akku über den Verbrennungsmotor und über die Rückgewinnung der Bremsenergie, bis der gewünschte Wert erreicht ist. Falls der aktuelle Ladestand über dem gewünschten Wert liegt, wird die Energie genutzt, bis der gewünschte Ladezustand erreicht ist und anschließend auf dem eingestellten Niveau gehalten.

Wenn die Option "Auto" ausgewählt ist, arbeitet das Ladesystem komplett autonom. Das Steuergerät entscheidet entsprechend der aktuellen Fahrsituation, wann Strom aus der Batterie entnommen oder gewonnene Energie im Akku gespeichert wird.

Im Hybrid-Modus steht permanent eine Leistung von 110 kW (150 PS) zur Verfügung. Die maximale Systemleistung wird abgerufen, wenn das Gaspedal komplett durchgedrückt wird (Kickdown) oder das Fahrprofil "Sport" ausgewählt ist.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Mithilfe der intelligenten Verkehrszeichenerkennung und über die Verarbeitung von Daten, die von Kameras und Radarsensoren geliefert werden, ermitteln die Skoda Octavia iV-Modelle kontinuierlich den optimalen Rekuperationswert für die jeweils aktuelle Fahrsituation.

Im regulären Fahrmodus (D) lassen sich über das Zentraldisplay neben der automatischen Einstellung manuell zwei weitere Stufen auswählen: Ein besonders niedriger Rekuperationswert, welcher das Fahrzeug ausrollen lässt, und das "Segeln" mit abgeschaltetem Verbrennungsmotor ermöglicht sowie eine sehr intensive Bremsstufe mit einer Verzögerungsleistung von 1,2 m/s².

Diese Auswahl, bei der besonders viel Energie zurückgewonnen wird, lässt sich in den Octavia iV-Modellen auch im Sport-Modus der Fahrprofilauswahl oder mit der Fahrstufenauswahl S (Sport) an der kleinen Wippe in der Mittelkonsole einstellen. Die Rekuperation erfolgt so lange, bis der Akku zu 100 Prozent geladen ist.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Der clevere prädiktive Effizienzassistent unterstützt Fahrer des Octavia iV und des Octavia RS iV beim sparsamen und sicheren Fahren. Er weist das Fahrzeug frühzeitig etwa auf einen nahenden Kreisverkehr oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung hin. Reduziert der Fahrer die Geschwindigkeit, passt der Octavia automatisch den Grad der Bremsenergierückgewinnung an, um so effizient wie möglich zu verlangsamen. 

Wie fährt er sich?

Untermalt von einer turbinenähnlichen Klangnote schnürt der Octavia RS iV auf dem ersten Teil meiner Testroute rein elektrisch vorwärts. "Geschmeidig" trifft es sehr gut, aber es zeigt sich auch, dass der über 1,7 Tonnen schwere Wagen nicht die erste Wahl für Kurvenräuberei ist. 

Ist der Octavia RS iV sportlich? Lassen Sie es mich so sagen: Man kann auch die flotte Tour mit einem E-Bike zum Sport erklären. Jedenfalls sorgen 400 Newtonmeter maximales Drehmoment beim Skoda für dieselige Gefühle.    

Im Sport-Modus, der die volle Systemleistung abruft, beschleunigt der Octavia RS iV in beiden Karosserievarianten innerhalb von 7,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 225 km/h. Im Vergleich zur gleichwertigen Version mit Benzinmotor und DSG erfolgt der Zwischenspurt von 80 auf 120 km/h um 2,2 Sekunden schneller. Aber ebenso interessant: Der Octavia iV ohne RS ist als Limousine mit 7,7 Sekunden und 220 Spitze kaum langsamer.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Serienmäßig sind eine gut austarierte Progressivlenkung und ein Sportfahrwerk, das sich auch auf Unebenheiten zurückhält. Irgendwann ist aber die Batterie leer und mich glimmt vorwurfsvoll ein roter Balken ein. Halb so wild, denn nun gesellt sich unauffällig der Verbrenner hinzu. Ebenso diskret arbeitet das 6-Gang-DSG, nur bei wüstem Kickdown wird es für zwei Sekunden im Octavia RS iV etwas lauter.

Bemerkenswert ist, wie lange der letzte Kilometer E-Reichweite noch ausgekostet wird. Und ebenso interessant ist der Eingriff der vorausschauenden Rekuperation. Kommt ein Ortsschild in Sicht, werde ich ermahnt, den Fuß vom Gas zu nehmen. Dann verlangsamt sich der Wagen maßvoll auf Tempo 50. 

Was kostet der Spaß?

Bevor wir einen Blick in die Preisliste werfen, noch ein Hinweis zum Verbrauch: Auf meiner 90 Kilometer langen Testrunde mit recht wenig Autobahn und Strom für zirka 35 Kilometer lag der Benzinverbrauch bei 3,4 Liter.

Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Nun zu den Preisen: Die serienmäßig bereits gut ausgestattete Skoda Octavia RS iV Limousine beginnt bei 42.267 Euro, der Kombi bei 42.949 Euro. Natürlich mit 16 Prozent Mehrwertsteuer. Wichtig ist aber auch der Netto-Preis, an ihm bemisst sich die Höhe der staatlichen Umweltprämie: 6.750 Euro unter 40.000 Euro, darüber 5.625 Euro. 

Kurz nachgerechnet: 35.504 Euro für die Limousine, 36.077 Euro für den Kombi. Also kommt der Octavia RS iV in den Genuss der vollen Prämie. Für Dienstwagen-Fahrer ist zudem die 0,5-Prozent-Versteuerung ein Bonus. Nochmal rund 4.500 Euro günstiger ist übrigens der "normale" Octavia iV. Inklusive Prämie liegt er bei rund 30.000 Euro. So wird das Plug-in-Menü bezahlbar.

Fazit: 8/10

Natürlich sorgen die staatliche Prämie und steuerliche Vorteile gerade für einen Boom bei Plug-in-Hybriden. Doch auch ohne das alles ist der Skoda Octavia RS iV ein attraktives Angebot. Hier wirkt der Elektromotor als zusätzliches Doping. Wer das Leistungsplus und die sportliche Optik nicht braucht, sollte ein Auge auf den preiswerteren Octavia iV werfen. 

Bildergalerie: Skoda Octavia RS iV Combi (2020) und Skoda Octavia RS iV (2020) im Test

Skoda Octavia RS iV (2020)

Motor Vierzylinder-Turbobenziner, 1.395 ccm
Leistung 110 kW (150 PS) bei 5.000 - 6.000 U/min
Motor 85 kW (115 PS), Systemleistung 180 kW (245 PS)
Batterie 13 kWh
Max. Drehmoment 250 Nm von 1.550 - 3.500 U/min (Benziner) plus 330 Nm (E-Motor); Systemleistung 400 Nm
Antrieb Frontantrieb
Getriebeart Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
Beschleunigung 0-100 km/h 7,3 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 225 km/h
Länge 4.702 mm
Breite 1.829 mm
Höhe 1.474 mm
Kofferraumvolumen 450 - 1.405 Liter (Limousine), 490 - 1.555 Liter (Combi)
Leergewicht 1.707 kg
Zuladung 518 kg
Anhängelast 1.500 kg
Elektrische Reichweite 63 - 68 km
Ladeanschluss 230 V oder 3,6-kW-Wallbox
Aufladezeit 5:00 h (230 V), 3:33 h (Wallbox, jeweils bis 100 Prozent)
Verbrauch 1,5 Liter/100 km, 34 g CO2/km
Emission Euro 6d
Basispreis 42.267 Euro (Limousine), 42.949 Euro (Combi)