Was ist das?

Der Insignia GSi ist jetzt auch schon wieder gut zwei Jahre auf dem Markt, aber irgendwie flog er immer ein bisschen zu sehr unter dem Radar. Mit ein wenig Abstand könnten wir doch mal ausprobieren, ob sein Schattendasein Gründe hat. So oder so ähnlich haben wir schlauen Füchse aus der Motor1.com-Redaktion uns das gedacht, als wir kürzlich in Rüsselsheim einen schwarzen Grand Sport GSi zum Test orderten. 

Nun platzte mitten in unseren Test die Ankündigung des GSi-Facelift mit neuem 230-PS-Turbo-Benziner. Allerdings birgt dieser Umstand auch die Chance, jetzt noch mit ordentlich Nachlass ein Vor-Facelift abzugreifen. Ob sich das lohnen könnte, soll dieser Test klären.

Vorneweg sei in jedem Fall gesagt: Das Dilemma mit dem GSi beginnt ja irgendwie schon bei seinem Namen. Was Menschen über 30 mit ikonischer 80er- und 90er-Jahre-Performance-Glorie gleichsetzen, ist inzwischen ein auf niedriger Hitze erwärmter Insignia. Leicht angespitztes Fahrwerk, ein paar nette Extras und ... ein Zweiliter-Diesel, den man so auch in anderen Insignias bekommt. Im Prinzip ist der GSi also eine Ausstattungsvariante. 

Warum genau soll ich dann ...?

Naja, ein bisschen was ist ja schon passiert. Das Auto liegt 10 mm tiefer, adaptive Dämpfer sind Serie, es gibt straffere Federraten und der Allrad mit seinem Torque Vectoring System wurde so kalibriert, dass die ganze Fuhre spontaner und motivierter durch Kurven fährt. Außerdem herrscht dank großer Brembo-Stopper und spezieller 20-Zöller mit Michelin Pilot Sport 4S-Pneus mehr Glamour im Radkasten. Das Setup spart darüber hinaus 6 Kilo an ungefederten Massen, worüber wir uns ebenfalls nicht beschweren wollen. 

Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test
Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test

Innen gibt es sehr gute Sportsitze, ein Head-up-Display, ein Bose-Soundsystem und - weil Sportmodell und so - Schaltpaddles für die 8-Gang-Automatik. Das Exterieur profitiert von mehr Chrom und dicken Schürzen, die den Insignia nach deutlich mehr als 210 PS aussehen lassen. Entscheiden Sie selbst, wie gut sie diesen Umstand finden. 

Profitiert denn auch das Fahrverhalten? 

Das kann man so sagen. Nun ist ja schon der normale Insignia ein recht geschickt fahrender Vertreter seiner Zunft. Gefühlt zieht der GSi die Zügel noch ein Stück an, aber in einem Maß, dass sich nicht übertrieben sportlich, sondern einfach sehr sehr richtig anfühlt. 

Der GSi lenkt sehr zackig, direkt und präzise, aber er bleibt sehr rund, wird nicht hibbelig oder nervös. Dank des Torque Vectoring-Systems (der Allrad mit den zwei Kupplungen an der Hinterachse funktioniert sehr ähnlich wie der im grandiosen Ford Focus RS) fühlt er sich im Handling recht spitz an, wirkt in jedem Fall deutlich kleiner als er ist. Aber auch hier ist eine schöne Natürlichkeit gegeben, die das Fahren nicht anstrengend eckig, sondern insgesamt sehr homogen und angenehm macht. Der GSi ist flink auf den Beinen und gleichzeitig sehr fein gefedert. Was Dynamik und Fahrgefühl angeht, ist Opels Flaggschiff - anders kann man es nicht sagen - eine helle Freude.

Und der Antrieb?

Sagen wir mal so: Das unterhaltsame, feinfühlige Chassis hätte wahrlich mehr verdient als diesen etwas eingeschnürt wirkenden Diesel. Das auf dem Papier sehr üppige Drehmoment von 480 Nm liegt zwar bereits ab 1.500 Nm zur Gänze an, nur scheinen nicht unerhebliche Teile davon irgendwo zwischen Getriebe und Allradantrieb zu versanden. 

Die Leistungsentfaltung wirkt sehr gleichmäßig, aber leider wenig stämmig. Das zeigt auch ein Blick auf die Fahrleistungen. So ein Audi A4 oder BMW 3er mit nominell schwächerem 190-PS-Diesel fährt diesem Insignia GSi schlicht davon. Leider weiß der Antrieb auch ökonomisch nicht komplett zu überzeugen. Ein Testverbrauch von 7,7 Liter ist in diesem Umfeld nur so semi-ruhmreich. Absolut in Ordnung dagegen: Die Achtgang-Automatik.

Wie ist er innen?

Weitgehend wie ein normaler Insignia. Mit der überaus willkommenen Dreingabe absolut hervorragender Sportstühle. Platz ist in Hülle und Fülle vorhanden. Im Fond kann man sich nahezu nach Belieben strecken, der Kofferraum ist für einen Nicht-Kombi gewaltig und im Alltag sehr gut nutzbar, auch wenn man ein wenig wuchten muss, um die Ladekante zu überwinden. 

Weniger berauschend wird es, sobald man sich der Bedienung und den Anzeigen zuwendet. Der Insignia ist ja kein altes Auto, in puncto Instrumente und Infotainment wirkt er aber so. Die Grafiken des 8-Zoll-Screens wirken altbacken, die Bedienung ist eher mittelmäßig und das System hat teilweise horrende Ladezeiten. 

Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test
Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test
Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test

Die Qualitätsanmutung fällt weder besonders positiv noch negativ auf. Für ein fast fünf Meter langes Auto, das in der Basis irgendwo um die 25.000 Euro startet, geht das absolut in Ordnung. Für ein Topmodell, dass dann letztlich eher das Doppelte kostet, würde man sich jedoch ein paar Aufwertungen wünschen.

Ein Wort noch zu einem Phänomen, dass mich bei jedem Opel der jüngeren Vergangenheit in den völligen Wahnsinn treibt: Liebe Ingenieure, Eure Parkpiepser reagieren gereizter als Uli Hoeness auf einer Jahreshauptversammlung. Besonders schlimm: Morgens in der Garage das Auto anlassen und direkt von diesem schrillen Warnton überfallen werden. Wenigstens ist man dann wach. Aber im Ernst: Wenn sie einfach immer piepsen, nützen die Dinger doch auch nichts, oder? 

Soll ich ihn kaufen?

Was die Qualitäten seines Chassis betrifft - sowohl bei der Fahrdynamik, als auch in puncto Komfort - ist der Insignia Grand Sport GSi ein Auto, dass sich vor keinem Konkurrenten in der hochkompetitiven Mittelklasse zu verstecken braucht. Dazu kommt sein mehr als generöses Platzangebot.

Bei Antrieb und Bedienung schneidet der GSi dagegen maximal durchschnittlich ab. Hier könnte es sich tatsächlich lohnen, auf das angesprochene Facelift mit dem neuen Turbobenziner zu warten. 

Bliebe noch der Preis, der ein elementares Problem des GSi deutlich macht. Denn er kostet knapp 6.000 Euro mehr als ein normaler Insignia mit dem gleichen Antrieb. Dafür bekommt man ein Fahrzeug, dass ein wenig besser um die Kurve fährt und etwas knackiger aussieht, aber definitiv kein reinrassiges Sportmodell ist.

Sind das wirklich entscheidende Kriterien für einen im Durchschnitt eher preissensitiven Insignia-Kunden? Es scheint fast ein wenig, als hätte Opel die Antwort auf eine Frage gegeben, die keiner gestellt hat.

Das Gute für Sie als möglichem Interessenten: Eine kurze Recherche im Netz ergibt, dass man die gut 50.000 Euro, die unser Testwagen gekostet hat, in der Realität nicht bezahlen muss. Einen fünfstelligen Betrag dürften Sie in der Regel von diesem Preis abziehen können. Für einen Neuwagen vom Opel-Händler, wohlgemerkt. Das relativiert vieles. Und macht den Insignia GSi zu einer Alternative, die man sich durchaus mal durch den Kopf gehen lassen kann.

Fazit: 7/10

Bildergalerie: Opel Insignia GSi 4x4 (2019) im Test

Bild von: Fabian Grass

Technische Daten und Preis Opel Insignia Grand Sport GSi 2.0 BiTurbo Diesel

Motor Vierzylinder-Diesel; 1.956 ccm
Antrieb Allradantrieb
Getriebeart 8-Gang-Automatik
Leistung 154 kW (210 PS) bei 4.000 U/min
Max. Drehmoment 480 Nm bei 1.500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 7,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 233 km/h
Leergewicht 1.772 kg
Zuladung 543 kg
Kofferraumvolumen 490-1.450 Liter
Verbrauch Normverbrauch: 7,1 Liter; Testverbrauch: 7,7 Liter
Emission 187 g/km CO2
Basispreis 46.845 Euro
Preis des Testwagens ca. 51.000 Euro