Was ist das?

Geht es nach dem Prospekt, ist das hier endlich ein Plug-in-Hybrid, der rein elektrisch nicht schon nach der Fahrt zum Bäcker die Segel streicht. BMW hat seine Elektro-Benziner-Kombo für den neuen X5 heimlich, still und leise auf Vordermann gebracht und protzt nun geradezu mit Reichweite: Bis zu 87 Kilometer laut WLTP, so viel schafft derzeit außer dem kleinen Bruder X1 25Le und dem Mercedes GLE 350 de keiner. 

Der neue Hybrid-X5 fährt jetzt mit einem 286 PS starken Dreililter-Turbo-Sechszylinder vor. Der E-Motor leistet wie bisher 113 PS. Die Systemleistung steigt auf 394 PS und 600 Nm Drehmoment. Da der E-Motor zwischen Verbrenner und der Achtgang-Automatik sitzt, bleibt es beim herkömmlichen Allradantrieb. Hinten unten, so im Bereich Rückbank/Kofferraum, sitzt ein Lithium-Ionen-Akku mit 24 kWh Kapazität. Vor gar nicht all zu langer Zeit war das eine Größe für rein elektrische Fahrzeuge. Das Kofferraumvolumen sinkt deshalb natürlich, allerdings in einem Ausmaß, das noch erträglich sein dürfte. Der 45e kommt auf 500 bis 1.720 Liter, das sind jeweils 150 Liter weniger als bei einem X5 mit nur einem Motor. 

Erfreulich auch: BMW baut Ihnen einen großzügigen 69-Liter-Tank in Ihr Plug-in-SUV. Damit würden Sie dann, wenn Sie den offiziellen WLTP-Verbrauch von 1,9 Liter für bare Münze nehmen, mehr als 3.600 Kilometer weit kommen, ohne eine Tankstelle anzufahren. Bis dahin wären Sie vermutlich verhungert oder an Ihrem Sitz festgewachsen, aber keine Sorge, denn in der Realität werden Sie diesen Verbrauch eher nicht erreichen. Außer natürlich, Sie laden wie ein Weltmeister auf und fahren nie mehr als 60 bis 80 Kilometer am Stück.

Klappt das denn wirklich mit den 87 Kilometer elektrischer Reichweite?

Ich war zugegebenermaßen auch skeptisch, aber es ist mit dem neuen Auto definitiv möglich. Lässt man den 45e einfach im Hybrid-Modus laufen, versucht er, so vernünftig es geht, rein elektrisch zu fahren. Das geht bis zu Geschwindigkeiten von 135 km/h. Hierzu wird auch das schlaue Navi als Helfer herangezogen. Sollten Sie beispielsweise am Ende Ihrer Reise noch in der Stadt fahren müssen, spart das System Akku-Power auf und nutzt deshalb außerhalb der Stadt mehr Benzin. Kurzer Trip ist gleich mehr Elektro, bei einer längeren Reise gibt es früher mehr Dinosaft - so könnte man es wohl in einfachen Worten beschreiben.

Klar, wenn man Leistung abfordert, etwa bei einem Überholvorgang, schaltet sich der Verbrenner dazu. Aber in aller Regel kommt man, wenn man nicht gerade mit manischem Blick und Schaum vor dem Mund durch die Lande knallt, rein elektrisch sehr gut zurecht. Natürlich können Sie das Auto auch dazu befehligen, anders zu reagieren. Im reinen Elektro-Modus wird das Auto lautlos fahren bis die Batterien leer sind, in "Sport" hingegen ist der Sechszylinder immer mit dabei.

BMW X5 PHEV (2020) im Test
BMW X5 PHEV (2020) im Test

Die Übergänge zwischen reinem Elektro-, reinem Verbrenner- oder kombiniertem Betrieb sind mittlerweile beeindruckend geschmeidig und passieren eigentlich vollkommen unbemerkt. 

Wie diverse Kollegen schaffte ich es beim Fahrtermin auf einer gemischten Route mit Landstraße, Autobahn und Stadtverkehr von etwa 150 Kilometer Länge gute 80 Kilometer komplett elektrisch zurückzulegen. Der Durchschnittsverbrauch lag bei um die sechs Liter. Und das, wie gesagt, im ganz normalen Betrieb (Hybrid-Modus). Dieser beinhaltet selbstverständlich Rekuperation, aber nicht das zwischenzeitliche Laden der Batterien durch den Verbrenner.

Er fährt also sehr weit. Fährt er denn auch gut?

Vor allen Dingen fährt er jetzt bei Bedarf verblüffend schnell. Feuern beide Aggregate aus allen Rohren, geht es in 5,6 Sekunden auf Tempo 100 und weiter bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h. Verblüffend deshalb, weil natürlich auch der X5 45e schwer ist wie Blei. Gegenüber einem X5 40i mit 340-PS-Benziner bringt er adipöse 300 Kilo mehr auf die Waage. 250 davon gehen auf das Konto des großen Akkus. Insgesamt wollen hier nun 2.510 Kilo bewegt werden. Und das gelingt alles in allem erfreulich akkurat, präzise und gut zu handhaben.

Der Antrieb ist kräftig, motiviert und kommt auch mit dem knackigen Gewicht gut zurecht. Das Fahrverhalten des 45e als spielerisch zu bezeichnen, wäre wohl etwas zu viel des Guten, aber dank des niedrigen Schwerpunkts (die Batterien sitzen ja weit unten) erzielt das Auto ein sehr solides, sicheres und unklobiges Fahrverhalten. Wankbewegungen werden vom serienmäßigen Luftfahrwerk gut unterdrückt, die Lenkung arbeitet sehr sauber und generell fühlt sich der Plug-in-X5 leichter an, als er ist. Das dürfte im Testwagen auch an der optionalen Hinterradlenkung gelegen haben, die man in München nach Kritik an frühen X5-Modellen nun erfolgreich überarbeitet hat. 

Soll ich ihn kaufen?

Nun, natürlich klingt es auf den ersten Blick (vermutlich auch auf den zweiten) ein wenig seltsam, wenn man uns weismachen will, dass ein Zweieinhalb-Tonnen-SUV eine gute grüne Alternative ist. Wenn Sie allerdings auf den Platz und die Leistung eines solchen Tankers nicht verzichten wollen, so kriegen Sie mit dem neuen BMW X5 45e eine relativ famose Lösung präsentiert. 

BMW X5 PHEV (2020) im Test
BMW X5 PHEV (2020) im Test
BMW X5 PHEV (2020) im Test

Beim Raumangebot gibt es so gut wie keine Einschränkungen und die Performance ist trotz des Mehrgewichts absolut auf Augenhöhe mit den Modellgeschwistern. Dazu kriegen Sie nun endlich eine elektrische Reichweite, die den meisten Alltagssituationen standhalten kann. Mit einem Preis von 77.600 Euro ist der 45e 5.850 Euro teurer als der vergleichbare Benziner X5 40i. Allerdings kostet er auch über 16.000 Euro weniger als der in etwa gleichstarke Diesel M50d. 

Sie sehen schon, einen Plug-in-Hybrid zu fahren, macht inzwischen mehr und mehr Sinn. Und zwar nicht mehr nur, um vor den Nachbarn mit dem eigenen grünen Gewissen zu punkten. Dieser X5 ist der neueste Beweis. 

Fazit: 8/10

+ sehr gute elektrische Reichweite; starker, geschmeidiger Antrieb; akkurates Fahrverhalten; kein abgehobener Plug-in-Preisaufschlag

- sehr schwer; minimale Einbußen beim Kofferraumvolumen

Bildergalerie: BMW X5 PHEV (2020) im Test