Man vergisst es ja gerne mal. Gerade derzeit. SUV hier, SUV da, das SUV als Heilmittel für alles, was den Menschen jemals in seiner Mobilität bedrückte. Alleine Mercedes hat derzeit sieben verschiedene SUVs im Angebot. Tja und neben so einem GLA, GLC oder GLC Coupé und all dem Marketinggedöns, dass man um sie herum aufgebauscht hat, wirkt so eine stinknormale C-Klasse plötzlich ganz schön profan und auch ein bisschen staubig im Image. Die Realität aber sieht natürlich anders aus. Alleine 2017 hat der Daimler 415.000 C-Klassen verkauft (nur Limousine und Kombi, versteht sich). Damit ist gut jeder fünfte Benz ein C. Bestseller. Sie sehen schon: Dieses Auto ist WICHTIG. So wichtig, dass man bei einem Facelift – oder einer „Mopf“ (Modellpflege), wie man in Stuttgart so gerne sagt – besser keinen Mist macht. Deshalb muss man bei der seit 2014 gebauten C-Klasse schon eher zwei- oder auch drei- oder viermal hinschauen, um etwas zu erkennen. Und das obwohl es sich laut Mercedes um das größte C-Klasse-Facelift aller Zeiten handelt.

Das klingt ein wenig überwältigend. Was ist passiert?
Nun, immerhin knapp 6.500 Teile sind neu. Das entspricht in etwa einer halben C-Klasse. Beim Blick auf die geliftete Karosserie scheinen sich die meisten dieser Teile eher unter selbiger zu befinden. Der W205 (so der interne Code des aktuellen C) wurde zeitlebens als ziemlicher Design-Wurf gepriesen, wirkt auch nach gut vier Jahren noch frisch. Entsprechend ändert sich äußerlich nur wenig. Besitzer des Vorfacelifts dürfte das freuen. Käufer des neuen Modells werden sich auch nicht grämen. Wenn Sie Unterschiede erkennen wollen, dann schauen Sie bitte auf die Schürzen. Außerdem gibt es neue LED-Scheinwerfer und erstmals in einer C-Klasse auch die schlauen Multibeam-LED-Leuchten. Ansonsten wurde ein bisschen durch den Lack- und Polsterladen gewischt, es gibt ein paar neue (offenporige) Holzfurniere und gleich 20 neue Räder, die allesamt aerodynamischer sein sollen als bisher.

Ich erspähe mehr Displays …
Ganz recht. Zu MBUX, dem Digitalisierungs- und Connectivity-Overkill aus der neuen A-Klasse hat es im C-Klasse-Facelift zwar nicht gereicht, aber deutlich anders und wesentlich moderner geht es hier drin künftig trotzdem zu. Der Grund für die MBUXlosigkeit des C ist seine Elektronikbaukasten-Verwandschaft mit S- und E-Klasse. Von den beiden großen Brüdern erbt er nun, was dort elektronisch derzeit machbar ist. 80 Prozent aller Komponenten sind in diesem Bereich neu. Dazu zählen auch der auf zehn Zoll vergrößerte Infotainment-Bildschirm auf dem Armaturenbrett oder das neue, digitale 12,3-Zoll-Instrumentendisplay. Beide sind optional und verfügen über eine beeindruckende Auflösung. Die Bedienung wirkt logisch und einfach, auch wenn ich mich wohl nie so recht an die Daumen-Touchbedienung im (neuen) Lenkrad gewöhnen werde. Bei einem weiteren Punkt bin ich mir ebenfalls unsicher: Ich empfand das C-Klasse-Cockpit bisher immer als recht extravaganten, aber ziemlich genialen Entwurf. Inzwischen jedoch wirkt es mit all den verschiedenen Ebenen irgendwie völlig zerklüftet und auch der frei stehende Bildschirm macht einen etwas unharmonischen Eindruck. Man fühlt sich recht eingebaut hier drin, wünscht sich etwas mehr Luft. Aber womöglich ist das nur ein persönlicher Eindruck. Qualität und Benutzerfreundlichkeit sind nämlich nach wie vor über jeden Zweifel erhaben.

Fährt die C-Klasse jetzt von selbst?
So gut wie. Denn das komplette Assistenzsysteme-Portfolio aus dem S-Benz ist nun auf Wunsch verfügbar. Verbesserte Kameras und Radarsensoren sorgen für das gleiche Level an teilautonomem Fahren. Sprich: Auch die C-Klasse hält (und wechselt) nun allein die Spur, den Abstand und regelt vor Kreisverkehren, Ortseinfahrten et cetera selbständig die Geschwindigkeit. Ziemlich cool und praktisch: Ein einziger Knopfdruck am Lenkrad genügt, um die C-Klasse (fast) von selbst fahren zu lassen. Die Sprachsteuerung hat nicht das Niveau der A-Klasse, wurde aber im Vergleich zu bisher deutlich erweitert. Und wenn Sie Spaß an Hiobsbotschaften haben: Über die Mercedes-me-App kriegen Sie ab sofort eine Handy-Nachricht, wenn mal wieder ein rücksichtsloser Chaot auf dem Aldi-/Hornbach-/Flughafenparkplatz in Ihren schönen Daimler gebummst ist. Aus datenrechtlichen Gründen ist es leider nicht erlaubt, den Übeltäter – zum Beispiel über die diversen Kameras – zu identifizieren. Klingt irgendwie frustrierend. Jetzt wissen Sie eben ein paar Minuten früher, dass Sie ein Loch im Auto haben, aber noch immer nicht, von wem das Loch stammt.

Gibt es nicht auch jede Menge neuer Motoren?
Die gibt es. Die Facelift-C-Klasse erhält die neuen M264-Vierzylinder-Benziner sowie die bereits aus der E-Klasse bekannten OM654-Vierzylinder-Diesel. Am interessantesten ist hier sicher der neue 1,5-Liter-Benziner mit sogenanntem „EQ Boost“. Hierbei handelt es sich nicht um einen miserabel buchstabierten Ford-Turbomotor, sondern um eine Teilelektrifizierung mittels riemengetriebenem Starter-Generator und 48-Volt-System. Der zierliche 1,5er leistet 184 PS und 280 Newtonmeter, wird aber vom Mildhybrid-System mit 14 PS und 160 Newtonmeter unterstützt. Beim Anfahren etwa, bis der Turbo vollen Druck aufgebaut hat. Außerdem segelt dieser Motor deutlich häufiger und Start-Stopp kann auf einen größeren Bereich ausgeweitet werden, weil der Starter-Generator den Motor innerhalb von 400 Millisekunden wieder anwirft. Und das mehr als unmerklich. Klingt alles nach einem Stückchen schöner neuer Welt, fährt sich in der Realität aber ausgesprochen normal. Einziger Hinweis, dass hier etwas mehr elektrische Energie hin- und herzuckt, ist die Boost- und Rekuperationsanzeige im Drehzahlmesser. Ansonsten fährt sich der neue Einsfünfer wie sich so ein moderner Vierzylinder-Benziner eben fährt. Er turbolocht unten raus kaum noch, wirkt aber ein bisschen angestrengt, wenn man ihn stark fordert. Angestrengt heißt nicht langsam, das ist er nicht. Er atmet halt ein bisschen schwerer und drönt ein bisschen, wenn man mal voll reinsteigt. In jedem anderen Fall aber, auch bei höheren Autobahntempi, ist er extrem leise und unaufdringlich. Der Verbrauch lag nach einer kleinen, normal gefahrenen Runde bei etwas unter acht Liter (laut Bordcomputer). Sicher ein guter, wenn auch kein „WOW“-Motor, der seine Vorteile in einem kleineren Auto deutlich besser ausspielen könnte.

Und die neuen Diesel?
Mercedes und Diesel – auch hier muss man ja mittlerweile sehr vorsichtig sein, mit dem, was man so von sich gibt. Die neue Vierzylinder-Diesel-Generation aber gilt als besonders vorbildlich und sauber. Wie die durchweg partikelfilternden Benziner erfüllen auch sie Euro 6d-Temp. Bereits aus der E-Klasse wissen wir: Der 220 d mit seinen 194 PS und 400 Newtonmeter Drehmoment ist nicht nur in der Preisliste die goldene Mitte. Klar, auch in der C-Klasse ist er keiner, der vor Kraft kaum laufen kann. 0-100 km/h passieren zwar in sehr annehmbaren 6,9 Sekunden. Er blökt, knurrt und müht sich allerdings schon ein wenig, wenn die Lücke beim Überholvorgang mal wieder etwas kleiner war, als gedacht. Und diese kleine Portion Dieselvibe wird er auch nie so richtig los. Es ist aber wirklich eine sehr kleine Portion. Ansonsten gilt: Im Normalbetrieb sehr leise, angenehm und absolut flott genug. Aaaber, es gibt doch auch den 300 d, werden die Außendienst-Ritter der linken Spur jetzt rufen. Richtig, den gibt es. Der Biturbo mit seinen 245 PS und 500 Newtonmeter ist auf dem Papier die klare Dampfhammer-Alternative, macht 0-100 km/h in knapp sechs Sekunden. Auf der Straße kommt davon aber kaum etwas an. Gefühlt wirkt er kaum durchzugsstärker als der 220er. Seltsamerweise macht er insgesamt aber einen geschliffeneren, vibrationsfreieren Eindruck. Trotzdem kriegt der günstigere 220 d meine Empfehlung. Und falls Sie richtig Öl-Druck wollen: Neben einem neuen Plug-in-Hybrid-Benziner bringt Mercedes für die C-Klasse in Bälde auch einen Plug-in-Diesel mit 700 Newtonmeter Drehmoment. Das ist AMG-C-63-Niveau.

Fahrdynamisch noch immer eher bequem?
Absolut und das ist auch gut so. Bezeichnend für die Ausrichtung: Die C-Klasse bleibt das einzige Auto im Segment, für das es auch eine Luftfederung gibt. Neu ist hingegen das Adaptiv-Fahrwerk für alle Versionen. Im Test erwies es sich als Rundum-bequem-und-sorglos-Paket. Ein richtiger Sportler wird der C wohl nie (wenn nicht AMG auf dem Deckel steht), aber er hat sich und seine Bewegungen sehr gut im Griff, wirkt kompakt, beisammen und sehr fein austariert. Einfach ein sehr sehr angenehm zu fahrendes Auto. Alle Kontrollen im C - Lenkung, Pedale - sind leicht und positiv. Er macht einem das Leben am Steuer sehr einfach, umschmeichelt einen mit der typischen Mercedesheit. Das ist nicht wahnsinnig aufregend, aber sehr entspannend. Natürlich können Sie per Fahrmodi-Schalter (links neben dem Schalthebel) auch alles auf rot, sprich: auf Sport oder Sport Plus, drehen. Am eher Gentleman-esquen Charakter der C-Klasse ändert das aber nicht all zu viel.

Das beste Mittelklasse-Auto?
Das kommt wie immer darauf an, wo Ihre Prioritäten liegen. Wenn Ihnen Handling und Sportlichkeit bei Ihrem (in aller Regel vierzylindrig dieselnden Firmen-)Wagen wichtig sind, sind Sie mit einem Jaguar XE, BMW 3er oder Alfa Giulia womöglich besser dran. Das kompletteste Paket bietet derzeit aber wohl die neue C-Klasse. Am Ende sind es wie so oft diese Benz-typischen Kleinigkeiten. Wie einfach, fast beiläufig und zuverlässig die Fahrhilfen funktionieren, wie hervorragend die Neungang-Automatik arbeitet, wie das Auto als Ganzes ständig bemüht ist, einem das Leben so leicht wie möglich zu machen, wie feingeschliffen das Fahrgefühl ist. Natürlich muss man wissen, dass all das auch hier seinen Preis hat. Vor allem, weil so gut wie alle neuen Hightech-Features Aufgeld kosten. Etwas unglücklich auch: Die kleine A-Klasse kann konnektiv inzwischen viel mehr als der „große“ C. Und der muss noch gut vier Jahre durchhalten. Inklusive der baldigen Ankunft eines komplett neuen BMW 3er und eines großen Facelifts für den Audi A4. Als C 200 Limousine mit neuem Mildhybrid startet die modellgepflegte Mercedes C-Klasse bei 39.948 Euro. Der C 220 d ist ab 42.328 Euro zu haben. Zum Vergleich: Der Audi A4 mit 190-PS-TDI und Automatik kostet mindestens 42.150 Euro. Der kurz vor der Ablösung stehende BMW 320d liegt bei 42.600 Euro.

Wertung

  • ★★★★★★★★★☆
  • Die C-Klasse hat sich nach dem Facelift nicht radikal verändert. Auch wenn das halbe Auto neu ist. Dank der frischen Displays und der neuen Assistenzsysteme wirkt das Auto jetzt wieder voll "up to date". Die neuen Diesel sind ein Schritt nach vorne, der Mildhybrid-Benziner wird sich erst im Alltag beweisen müssen. An Komfort, Bedienung und Qualität gibt es absolut nichts auszusetzen. Das ist wirklich Spitze. Insgesamt wirkt die C-Klasse nach der Modellpflege wieder wie das kompletteste Angebot in der Mittelklasse. Aber Vorsicht, Mercedes: Der ganz neue BMW 3er steht bereits in den Startlöchern und auch der Audi A4 erhält bald ein Facelift.

    + Mercedes-Qualität und Wohlfühlatmosphäre; technologisch wieder ganz vorne dabei; hoher Fahrkomfort; sehr gute, sehr saubere neue Diesel

    - Mildhybrid-Benziner gar nicht so vorteilhaft?; Cockpit etwas zerklüftet und eng; mit all den neuen Ausstattungsfeatures sehr teuer

  • Antrieb
    85%
  • Fahrwerk
    90%
  • Karosserie
    90%
  • Kosten
    85%

Bildergalerie: Geliftete Mercedes C-Klasse im Test