Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen.

Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein. Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" Youngtimer und Oldtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.

Man kennt das: Gut gemeint bedeutet nicht immer gut gemacht. Die US-Automobilindustrie befand sich seit der ersten Ölkrise 1973 in Panik. Immer weniger Kunden wollten einen klassischen Straßenkreuzer mit trunkfreudigem Big Block unter der Haube haben. Kleine Autos aus Deutschland und insbesondere Japan mischten den Markt auf, insbesondere nach der zweiten Ölkrise 1979.

In den Vorstandsetagen der "Großen Drei" aus Detroit schrillten die Alarmglocken. So auch bei Cadillac: Ihre Dickschiffe mit sieben Liter Hubraum und mehr fanden bei der Kundschaft immer weniger Anklang. Besonders für US-Verhältnisse kleinere Premiumfahrzeuge von Mercedes (W123, später auch der 190) und BMW (3er und 5er) setzten der US-Nobelmarke zu.

Wie praktisch, dass Cadillac zum großen GM-Konzern gehörte und sich so aus dem Baukasten bedienen konnte. Man schnappte sich den Chevrolet Cavalier, der seinerseits Mitglied der "J-Car"-Familie war, zu der auch der Opel Ascona C zählte. Mit einigem Zierrat wurde versucht, diese arg bürgerliche Herkunft zu kaschieren.

Cadillac Cimarron
Cadillac Cimarron
Opel Ascona C
Opel Ascona C

Mit mäßigem Erfolg: Der 4,51 Meter kurze Cadillac Cimarron wirkte nicht nur aufgrund seines Formats befremdlich. Der Cimarron war der erste Cadillac mit Vierzylindermotor seit 1914 und der erste mit serienmäßigem Schaltgetriebe seit 1953.

Cadillac war nicht die einzige US-Marke, die beinahe panisch von sehr großen Motoren ins komplette Gegenteil wechselte. Aber sie machten gefühlt alles falsch: Unter der Haube des 1982 vorgestellten Cimarron bemühte sich ein 1,8-Liter-Vierzylinder mit nur 89 PS. Dazu kam Frontantrieb. Mit dabei war ab Werk eine manuelle (!) Viergang-Schaltung, die jedoch oft durch eine Dreigang-Automatik ersetzt wurde. Spätestens sie gab die ganze Mischung der Lächerlichkeit preis. Höflich formuliert: Spritzig war der Cimarron damit nicht.

Recht bald zeigten die Verkaufszahlen, wie sehr sich Cadillac verkalkuliert hatte, obgleich der Grundgedanke nicht verkehrt war. Mit knapp 26.000 Exemplaren war 1982 noch das beste Jahr des Cimarron, insgesamt entstanden bis 1988 exakt 132.499 Exemplare.

Cadillac Cimarron

Die Marke bemühte sich redlich, noch das Beste aus dem Cimarron zu machen: 2,0-Liter-Einspritzer mit Fünfgang-Getriebe ab 1983, ab 1985 gegen Aufpreis ein 2,8-Liter-V6 mit 127 PS und 1986 eine optische Überarbeitung. 

Aber das Konzept "kleiner Cadillac" war nicht mehr zu retten. Spätestens die zeitgleich erschienenen BMW 3er (E30) und Mercedes 190 wurden zum Sargnagel für den Cimarron, preisbewusstere Kunden griffen zu Toyota Camry, Mazda 626 oder Honda Accord.

Der Automobiljournalist Dan Neil nahm den Cimarron 2007 in seine Liste der "Worst Cars Of All Time" auf und sagte: "Alles, was in den 1980er-Jahren an GM falsch, käuflich, faul und verlogen war, kristallisierte sich in dieser eklatanten Beleidigung des guten Namens und der noblen Kunden von Cadillac heraus." Er fügte hinzu, dass der Cimarron "Cadillac beinahe getötet hätte und seine größte Schande bleibt". 

Moment mal, Mister Neil! Zu jener Zeit hatte der für Europa konzipierte Cadillac BLS (2005-2010) den Cimarron als hausinternen Mega-Flop abgelöst. Verkäufe? Nicht einmal 8.000 Fahrzeuge. Trotzdem wagte Cadillac 30 Jahre später mit dem ATS einen neuen Anlauf gegen BMW 3er und Co., doch auch hier blieben die Absatzzahlen in den USA überschaubar. 

Bildergalerie: Cadillac Cimarron (1982-1988)