Im August 1990 erlebt die Transporter-Welt mit dem Debüt des Volkswagen T4 eine technische Revolution: Nach 40 Jahren und drei Generationen heckgetriebener Bulli mit Vierzylinder-Boxermotoren dreht Volkswagen Nutzfahrzeuge das Konzept um. Ab jetzt sitzt der Motor vorn und treibt die Vorderachse an.

Mit dem Wechsel auf Frontantrieb ändert sich alles: das Design, das Fahrwerk, die Motoren und das Raumangebot. Vor allem im Heck, wo beim T3 noch der Boxermotor einiges an Volumen einnahm, steht nun deutlich mehr Platz zur Verfügung. Ein bisschen davon beanspruchen die neue Schräglenkerhinterachse und der optionale syncro-Allradantrieb, der Rest kommt voll dem Laderaum zugute.

Das neue Antriebslayout rückt das Fahrverhalten noch näher an das eines Pkw. Die Räder sind rundum einzeln aufgehängt, wobei die besagte Hinterachse an Schraubenfedern, die Vorderachse an Doppelquerlenkern mit Drehstabfederung geführt wird. Vorn wächst der VW T4 in die Länge, um dort ausreichend Raum für die quer eingebauten Vier- und Fünfzylinder-Reihenmotoren sowie bessere Crash-Eigenschaften zu schaffen.

Die ausgewogene Fahrdynamik und die Bündelung der Antriebstechnik unter der Motorhaube lassen eine höhere Zahl an Derivaten zu. Erstmals bietet Volkswagen Nutzfahrzeuge einen Transporter mit zwei unterschiedlichen Radständen an. Zudem ermöglicht das neue Layout nun auch eine Tiefladepritsche und einen Triebkopf für branchenspezifische Aufbauten.

Volkswagen T4 (1990-2003)

Der Multivan nutzt den gewonnenen Platz im Innenraum mit seiner vielseitigen Ausstattung aus Liegefläche, Klapptisch und Einzelsitzen in der zweiten Reihe besonders gekonnt aus. Auch für die Einrichtung des Reisemobils California bringt das Frontmotorkonzept neue Freiheiten mit sich.

Zum Marktstart können Bulli-Kunden zwischen drei Benzinern und zwei Saugdieseln wählen. Bei den Ottomotoren markiert der 1,8 Liter große Vierzylinder mit 67 PS den Einstieg, darüber sind der 2,0-Liter-Vierzylinder mit 84 PS und ein Fünfzylinder mit 110 PS aus 2,5 Liter Hubraum positioniert.

Die Selbstzünder bleiben mit 1,9 Litern und 60 PS sowie 2,4 Litern und 78 PS zunächst in überschaubaren Dynamikbereichen. Alle Fünfzylinder-Versionen sowie Caravelle GL und Multivan besitzen von Anfang an eine Servolenkung. Optional lassen sich die Fünfzylinder mit Automatikgetriebe und die Varianten ab zwei Liter Hubraum mit Klimaanlage ordern.

Volkswagen T4 (1990-2003)

Einen T4 syncro können Allradfreunde erst ab 1993 erwerben, da der T3 bis dahin weitergebaut wird. Anders als sein Vorgänger, der in Österreich beim Offroad-Spezialisten Steyr-Puch produziert wurde, kommen sämtliche T4 syncro aus dem Werk Hannover. Sie besitzen das gleiche Fahrwerk wie die Fronttriebler, sind folglich weniger hochbeinig und nicht ganz so geländegängig. Der Allradantrieb setzt einen Fünfzylindermotor voraus, ist allerdings für alle Aufbauten und Ausstattungsvarianten verfügbar.

Zum Modelljahr 1996 erfährt der T4 eine umfassende Modellpflege, die intern als "Große Produktaufwertung" bezeichnet wird und das gern verwendete Kürzel "GP" erklärt, das die folgenden Modelle für Insider kennzeichnet. Die Pkw-Versionen sind an weißen statt gelben Blinkern sowie dem damals bei Volkswagen angesagten "Happy Face" zu erkennen – einem Kühlergrill, dessen untere Ecken sich nach oben heben wie die Mundwinkel eines glücklichen Menschen.

Volkswagen T4 (1990-2003)

Gleichzeitig wird die Front von Multivan, Caravelle und California um acht Zentimeter verlängert. Sehr markant sind die gern als Kiemen bezeichneten Lufteinlässe im vorderen rechten Kotflügel. Scheibenbremsen rundum, energieabsorbierende Stoßfänger, ein neues Räderprogramm und keilförmig zulaufende Scheinwerfer machen die gesamte T4-Reihe noch attraktiver.

Besonders viel ändert sich unter der Motorhaube. Als erster TDI (Turbodiesel-Direkteinspritzer) in einem Volkswagen Transporter zieht ein 2,5 Liter großer Fünfzylinder mit 102 PS in den T4 ein. Der längere Vorbau der Pkw-Varianten erlaubt nun die Installation des VR6-Benziners mit 2,8 Liter Hubraum und 140 PS Leistung. Beide Power-Triebwerke sind gegenüber ihren Pendants in den Personenwagen des Konzerns in der Leistung leicht gedrosselt.

Dass hier besondere Aggregate für Vortrieb sorgen, zeigen die TDI- beziehungsweise VR6-Schriftzüge im Kühlergrill und am Heck. 1998 legt Volkswagen Nutzfahrzeuge mit dem stärksten Diesel der T4-Baureihe nach, einem 2,5-Liter-TDI mit 151 PS.

Volkswagen T4 (1990-2003)

Gleichzeitig debütiert eine schwächere Version des TDI mit 88 PS, erkennbar am blauen "I" im Schriftzug am Heck. Zum Jahrtausendwechsel dreht auch der 6-Zylinder weiter auf und schickt jetzt 204 PS an die Vorderräder. Erkennungszeichen der Topmotorisierungen: das rote "I" des TDI bzw. die rote "6" des VR6 in der Modellkennzeichnung.

Das Finale der T4-Produktion läutet Volkswagen Nutzfahrzeuge mit einem exklusiven Sondermodell ein. Nach dem Motto "Das Beste kommt zum Schluss" überzeugt der Multivan Last Edition mit besonders üppiger Serienausstattung. Als Antriebe stehen die TDI-Motoren mit 102 und 151 PS sowie der V6-Benziner zur Wahl. 16-Zoll-Leichtmetallräder samt 225/60er-Bereifung setzen sportliche Akzente.

Als die Erfolgsbaureihe anno 2003 ausläuft, blickt der T4 auf 14 Jahre Bauzeit zurück – länger als jeder andere Transporter aus Hannover. Zwischen 1990 und 2003 entstehen dort rund zwei Millionen Exemplare dieser wegweisenden Generation.

Bildergalerie: Volkswagen T4 (1990-2003)