Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik "Kennen Sie den noch?" studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die aber auch schon über 20 Jahre auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer neuen Reihe "Klassiker der Zukunft?" vorstellen. 

Man soll ja mit Superlativen vorsichtig sein. Aber ist der 5er der Baureihe E39 womöglich das beste Auto, das BMW je gebaut hat? Solide, mit zeitlosem Design und noch fast ausschließlich Motoren mit sechs und acht Zylindern. Es muss schließlich gute Gründe geben, warum man auch 25 Jahre nach der Premiere des E39 so viele Fahrzeuge auf unseren Straßen sieht. 

Pro:

Wenden wir uns zunächst den Basis-Informationen zu: Die 5er-Limousine der Baureihe E39 wurde im Dezember 1995 als Nachfolger der Baureihe E34 eingeführt. Der als Touring bezeichnete Kombi folgte im März 1997, das Sportmodell M5 im Herbst 1998. Vom E39 wurden insgesamt mehr als 1,48 Millionen Einheiten verkauft, darunter rund 266.000 Touring. Allein diese Zahl erklärt, warum man heute noch viele E39 im Alltag sieht.

BMW 5er Facelift (E39) (2000-2004)
BMW 5er Facelift (E39) (2000-2004)

im Jahr 2000 erfolgte ein Facelift mit leichten optischen Änderungen innen wie außen. Am sichtbarsten waren die Standlichtringe mit Lichtleitertechnik, unter Fans auch "Halo Rings" genannt. Tatsächlich passen die Facelift-Lampen auch an das "alte" Modell. Die Limousine wurde bis Mitte 2003 produziert, der Touring lief noch bis Anfang 2004 vom Band. Der E39 wurde sukzessive von den 5er-Baureihen E60/E61 abgelöst. 

Eines der größten Pfunde, mit denen der E39 wuchern kann, sind seine Motoren: Abgesehen vom 520d, der im Jahr 2000 kam, gab es nur Sechs- und Achtzylinder im Programm. Die Diesel, insbesondere die späteren Ausführungen mit Common-Rail-Einspritzung, sind zwar kräftig und sparsam, aber aufgrund der Steuerlast und Abgasproblematik mehrheitlich nach Osteuropa ausgewandert. 

BMW 5er (E39) (1995-2004)

Recht häufig trifft man hierzulande gebraucht auf den 520i mit anfangs 150 PS. Dieser Sechszylinder der Baureihe M52 hat aber seine Mühe mit mindestens 1,5 Tonnen Leergewicht. Hier lohnt es sich, das Nockenwellen-Verstellsystem VANOS der Einlassnockenwelle zu checken, nach 20 Jahren und mehr kann Verschleiß zulasten der Leistungsentfaltung gehen. 

Wer nicht nur entspannt mit seinem 5er (E39) cruisen will, sollte sich vor dem Facelift den 523i (170 PS) oder den 528i (193 PS) ansehen. Vor gut 20 Jahren wurde in der Presse der 528i als gelungener Kompromiss empfohlen: 7,5 Sekunden auf 100 km/h, 236 km/h Spitze und 10,5 Liter Verbrauch (12,4 Liter aber in der Stadt!). Neupreis 1999: fast 70.000 Mark. Die Kunden sahen es ähnlich: Bis zum Facelift war der 528i der meistgebaute 5er.

Nach dem Facelift bekamen alle Sechszylinder-Benziner mehr Leistung. Die neue M54-Motorengeneration bot zwischen 20 und 30 PS mehr. Nun war bereits der 520i mit 170 PS sehr anständig motorisiert.

BMW M5 (E39) (1998-2004)
BMW M5 (E39) (1998-2004)

Eine Sonderrolle spielen die V8-Motoren vom 535i bis zum M5. Preislich liegen sie in Anschaffung und Unterhalt höher, sind aber in Sachen Leistung mit Ausnahme des M5 (400 PS) nicht so weit vom 528i/530i entfernt. Ein klarer Fall für Liebhaber wie auch die Alpina-Derivate des E39. 

Überraschend üppig kann die Ausstattung bei gebrauchten E39 ausfallen, sogar die Mischung aus 520i und Autotelefon kommt vor. Das Cockpit ist ergonomisch vorzüglich: Schalter im Lenkrad, Parkpiepser im Heck und frühe Navigationssysteme wiesen in die Zukunft, die meisten E39 haben eine Klimaautomatik an Bord. Hier nutzen sich im Alter die Tasten ab, Ersatz für das Bedienteil ist aber nicht teuer. 

BMW 5er (E39) (1995-2004)

Generell gilt der Tipp wie für alle einst hochpreisigen Fahrzeuge der 1990er-Jahre: Weniger Elektronik-Extras sind im Zweifelsfall besser. Bereits im Jahr 1999 merkten Autotester leicht spöttisch an, der 5er brauche bei Vollausstattung glatt einen Hilfsdiesel.

Grundsätzlich erweist sich der E39 aber als zuverlässig, nicht umsonst schrubbten die BMW-Ingenieure in der Entwicklung 30 Millionen Testkilometer ab. 

Rost ist beim 5er der Baureihe E39 ein überschaubares Thema. Im Vergleich zur heftig rostenden Mercedes E-Klasse (W 210) steht der E39 aber hervorragend da. Unsere Leser wissen aber ergänzend aus eigenen Erfahrungen zu berichten:

"Gerade die Facelift-Modelle neigen sehr dazu, an den Schwellern und insbesondere den Wagenheberaufnahmen zu rosten. Auch Kotflügel vorne können blühen. Ebenso die Kotflügel hinten. Die Heckklappe des Touring ist ein klarer Fall. Die blüht früher oder später immer. Bedingt ist das besonders auffällige Verhalten gerade der Facelift-Modelle, durch die Umstellung auf wasserbasierte Lacke und die Tauchintervalle selbst, sowie die Blechbearbeitung und scharfen Kanten. Die Vor-Facelift Modelle sind da "weniger" anfällig", so Leser Sven Braunsdorf, der einen 2001er E39 530i Touring fährt.

Bildergalerie: BMW 5er Touring (E39) (1997-2004)

Hohe Laufleistungen sollten beim E39 nicht abschrecken: Vor einigen Jahren zerlegten die Kollegen der AutoBild einen 5er mit einer Million Kilometer auf dem Tacho. Die Technik war zu großen Teilen noch tipptopp, nur die Karosserie durch salzige Seeluft und mangelnde Pflege völlig verrostet.

Contra:

Wirklich altertümlich sieht der E39 auch nach einem Vierteljahrhundert noch nicht aus. Das ist fraglos ein großes Plus, aber auch sein größtes Manko. Wenn in sechs Jahren die ersten Exemplare theoretisch ein H-Kennzeichen bekommen können, dürfte man manch fassungsloses Gesicht sehen.

Richtig gravierende Mängel leistet sich der E39 nicht. Doch er sollte gut gewartet sein: Die Motorkühlung und das Getriebeöl der Automatik sind Prüfpunkte, ebenso Fahrwerk und Lenkung. Laut BMW war der E39 das erste Großserienfahrzeug, dessen Fahrwerk nahezu vollständig aus Aluminium besteht. Im Laufe der Zeit können hier gewisse Teile schwächeln, im Zubehör gibt es robusten Ersatz. Die Abgasanlage ist aus rostfreien Edelstahl gefertigt.

BMW 528i (E39) (1995-2000)

Häufig zu sehen, insbesondere vor dem Facelift, sind matt gewordene Scheinwerferabdeckungen. Typisches Designelement des E39 sind die Doppelscheinwerfer unter Glas. Ersatz kostet aber nicht die Welt. Generell empfiehlt es sich, nach freien Werkstätten Ausschau zu halten, die sich im besten Fall auf ältere BMW spezialisiert haben.

Gewiss, ein Taschengeld kostet der Unterhalt des E39 nun auch wieder nicht. Aber gepflegt und gut gewartet sollte er sein. Auch hier weiß Leser Braunsdorf aus eigener Erfahrung zu berichten: "Ein E39 ist teuer! Zumindest, wenn er gepflegt sein soll und alles funktionieren soll. Billige Teile aus dem Zubehör sollte man vor allem bei Fahrwerk und der Peripherie des Motors absolut meiden. In der Szene spricht man gerne von mehreren 1.000 Euro Wartungskosten beim Kauf eines Wagens ohne nachvollziehbare Historie.

Auch Schwachstellen gibt es, die definitiv gravierend sein können. So plagen die V8-Motoren Probleme mit der Steuerkette, die sich längen kann, die Gleitschienen können sogar brechen und mehr. Sollte dies bei Laufleistungen jenseits der 150.000 km noch nicht revidiert worden sein, sind hier zusätzlich 2-3 Tausend Euro einzuplanen.

Wie bereits erwähnt, sind gerade Facelift- aber auch die Vorfacelift-Modelle geplagt von rostenden Schwellern respektive Wagenheberaufnahmen. Diese können beim Anheben des Wagens schlicht wegbrechen. Der Wagenheber versinkt dann in der Karosserie.

Ein Austausch des Automatikgetriebeöls stand bei BMW so nicht auf dem Wartungsplan und wurde als Lifetime-Füllung bezeichnet. Was nach Herstellerangaben von ZF und GM so nicht stimmt. Sehr wohl sollen die Getriebe bei Laufleistungen von 60-80.000 km gespült werden. Dies hat viele Getriebe schon vorgeschädigt. Nicht selten finden dann heute bei Laufleistungen jenseits der 200.000 km Spülungen statt, die dem Getriebe dann oft nur noch schaden statt zu helfen.

Grade die M54-Motoren sind häufig Ölsäufer mit einem Ölverbrauch von nicht selten deutlich über 1 Liter auf 1.000 km oder gar pro Tankfüllung. Das ist ebenfalls auf die Longlife-Wechselintervalle mit Castrol-Öl zurück zu führen. Die Wechselintervalle waren dann vor allem für Fahrzeuge mit einem Kurzstreckenprofil viel zu lang. Die Kolbenringe und Abstreifer verkoken und verklemmen. Erhöhter Verschleiß, der sich manchmal nur noch mit einer kostspieligen Revision des Motors retten lässt.

Hinzu kommen etliche Kleinigkeiten, die viel mehr der Wartung entsprechen. So fallen oft auch Vanos-Einheit, Kurbelwellensensor, Nockenwellensensor, Kurbelgehäuseentlüftung, Luftmassenmesser, Lambdasonden, Öldruckrückschlagventil, DISA-Einheit, Zündspulen, Servoleitungen, Kennfeldthermostat, Ölfiltergehäuseabdichtung, Ölwanne, Ausrücklager, Tonnenlager, Querlenker und Bremsen auf. Auch der Ausfall von Steuergeräten ist zu verzeichnen, insbesondere Grundmodul, ABS Hydroblock oder LCM. Auch Pixelfehler in den BC High Tachos und MID sowie Navi 16:9 bis hin zum Totalausfall. Es gibt also eine Menge."

BMW 528i (E39) (1995-2000)

Fazit: 9/10

Jetzt BMW 5er (E39) kaufen, am besten als 528i Limousine oder 520i nach dem Facelift! Er ist modern und Klassiker zugleich, aber auch voll tauglich für den heutigen Verkehr. Großer Pluspunkt sind seine Sechszylinder: Hier gab es sie viel häufiger als im 3er, gleichzeitig aber weniger Tuning-Klientel mit wilder Fahrweise.

Wer sich also für wenig Geld einen gepflegten Reihen-Sechser mit typischem BMW-Klang wegstellen will, sollte zuschlagen. Noch tauchen gute Exemplare aus Rentner-Hand auf. Der beste BMW aller Zeiten? In Sachen Langzeit-Qualität durchaus möglich! Aber im Gegensatz zu manch reizarmen 90er-Jahre-Auto, das Geld verschlingt, entschädigt der 5er mit Leistung, Laufkultur und Komfort. 

Bildergalerie: BMW 5er Limousine (E39) (1995-2004)