Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen.

Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein. Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.

Heutzutage sind offene Autos gefühlt immer mehr die Ausnahme. Was wurde nur aus der Cabrio- und Roadsterwelle der 1990er-Jahre? Einen luftigen Kleinwagen sucht man inzwischen fast vergebens, nur das Mini Cabrio, der offene Smart Fortwo und mit Abstrichen der Fiat 500C halten die Fahne hoch.

Nun, vielleicht sind die Hersteller nicht ganz unschuldig daran. In den Jahren nach 2000 mutierten kleine Cabrios zu wüsten Blechburgen mit Metalllklappdach, das seinen Platz in einem unförmigen Hintern fand. Der Mitsubishi Colt CZC oder der Renault Wind seien hier stellvertretend als ästhetische Verbrechen genannt. 

Dabei gab es kurz vorher einen sympathischen Winzling mit Stoffverdeck: das Fiat Punto Cabriolet. Es schmückte sich mit klangvollen Namen. Kein Geringerer als Giugiaro zeichnete die schlichte Karosserie mit dem steilen Heckdeckel. Gebaut wurde der 3,77 Meter kurze Wagen von Bertone im italienischen Grugliasco, weshalb das Bertone-Logo auf den Kotflügeln glänzte.

Das viersitzige Punto Cabriolet entstand zur gleichen Zeit wie der normale Punto (intern Typ 176 genannt) auf den Fiat-Reißbrettern. Heraus kam eine laut Fiat steife Karosseriestruktur ohne Überrollbügel, aber unter anderem mit Verstärkungen entlang der Frontscheibe. Zudem waren alle Punto teilverzinkt (laut Fiat 60 Prozent des Karosseriegewichts), leider knabbert heutzutage trotzdem der Rost an den verbliebenen Punto Cabriolets.

Im April 1994 erschien das Fiat Punto Cabriolet zusätzlich zur Limousine, bis zum Ende des Jahres waren bereits 12.000 Fahrzeuge bestellt worden. Kein Wunder also, dass der Punto 1996 das meistverkaufte Auto in Europa war. Er gewann auch den Titel "Auto des Jahres 1995". Im August 1999 endete die Produktion der Steilhecklimousinen, während das Cabriolet noch bis Juni 2000 gebaut wurde.

Das gut eine Tonne schwere Punto Cabriolet war zu Lebzeiten mit einem 1,2-Liter-Motor sowie mit einem 1,6-Liter-Motor erhältlich. Ein dünner Prospekt vom Juni 1998 listet für den deutschen Markt den 8V mit 60 PS und 96 Newtonmeter maximalen Drehmoment auf, der glatte 15 Sekunden von 0 auf 100 km/h benötigte.

Wer es flotter mochte, orderte den 16V mit satten 85 PS und 113 Nm. Das reichte für 12 Sekunden auf 100 km/h und 170 Spitze. Oder im Marketing-Deutsch der Broschüre: "Mit Freunden oder allein unter freiem Himmel einfach den Hauch der Freiheit auf dem Weg ins Vergnügen spüren."

Mindestens 27.600 Mark rief Fiat im Sommer 1998 für das Punto Cabriolet auf, 28.900 DM waren es mit dem stärkeren Motor. Das waren gut 7.000 Mark mehr im Vergleich zum normalen Punto. Zeitgleich notierte das günstigste VW Golf Cabrio bei fast 40.000 DM!  

Interessant auch: In den Kofferraum des Frischluft-Punto passten immerhin 200 Liter Gepäck. Das Verdeck wurde serienmäßig manuell bedient, als Extra gab es eine elektrische Betätigung. Sie wurde aber 1998 bereits im deutschen Prospekt nicht mehr als Sonderausstattung gelistet.

Für heutige Fans des kleinen Italieners vielleicht gar nicht so schlecht: Was nicht drin ist, kann auch nicht kaputt gehen. Noch sind die Gebrauchtpreise extrem niedrig. Achten Sie aber auf Rost, den Zustand des Kunststoff-Heckfensters und die Anwesenheit der Persenning. Und welcher Motor? Sagen wir es mal so: Der Luft und der Sonne ist es egal, ob sie 60 oder 200 PS unter der Haube haben.

Bildergalerie: Fiat Punto Cabriolet