Europäische Kunden lieben kompakte Modelle mit Kurzheck wie den VW Golf, der seit mehr als vier Jahrzehnten die deutsche Zulassungsstatistik anführt. Auf dem Weltmarkt dagegen dominieren kompakte Stufenheckmodelle: fast ein Drittel aller Auslieferungen an Kunden machen sie für die Marke Volkswagen aus, allein in China waren es 1,6 Millionen Fahrzeuge. Gleich sechs Modelle werden der hohen Nachfrage entsprechend dort von VW angeboten. Hierzulande sind diese Limousinen wie so viele Auslands-VW ein Mysterium, einzig ihre Modellnamen kommen manch einem sehr bekannt vor. Ein Marktüberblick zu den chinesischen Lokal-Helden mit Stufenheck zeigt die Unterschiede im Detail.

Längerer Radstand und Komfort auf allen Plätzen, dazu ein großer Kofferraum: Das ist für viele chinesische Autokäufer kaufentscheidend, daher sind Stufenheck-Modelle dort erfolgreicher als Kurzheckfahrzeuge. Volkswagen erfüllt dieses Bedürfnis mit Limousinen, die für diesen Markt entwickelt worden sind.

So bietet die Marke mit den Joint Ventures SAIC-Volkswagen und FAW-Volkswagen sowie der Submarke JETTA im wichtigsten Einzel­segment sechs eigenständige Modelle an, die auf den chinesischen Bedarf ausgerichtet sind. Auf seinem größten Einzelmarkt gewann Volkswagen 2019 mit diesen Fahrzeugen weitere Anteile für die Marke. Die Modelle im Überblick:

JETTA VA3

Mit JETTA wurde 2019 erstmals in der Unternehmensgeschichte aus einem Modell, der in China über Jahre extrem erfolgreichen Stufenhecklimousine Jetta, eine eigenständige Submarke – mit eigenem Händlernetzwerk. Rechnet man die Verkaufszahlen des bisherigen Jetta und des Jetta VA3 für das Übergangsjahr 2019 zusammen, wurden mehr 145.000 Einheiten an Kunden ausgeliefert. Die Fahrzeuge werden in Chengdu produziert. Nur den Namen hat das chinesischen Modell mit dem in Nord- und Südamerika erhältlichen Jetta gemein: Es ist mit 4,50 Meter Länge wesentlich kompakter, hat einen 82 kW starken 1,5l-Saugmotor und zielt vor allem auf jüngere Erstkäufer.

Volkswagen Jetta VA3 (China)
Volkswagen Jetta VA3 (China)

FAW-Volkswagen Sagitar

Der Sagitar wird seit 2006 von FAW-Volkswagen gebaut, heute in Changchun und Chengdu. Er ist ein MQB-Modell und wird wahlweise mit 1.2 Liter TSI (85 kW) oder mit 1.4l-TSI-Benziner mit Turboaufladung (110 kW) angeboten. Seit 2019 wird in China die dritte Generation als Langversion verkauft – mit einem Radstand von 2,73 Meter, während beispielsweise der eines Jetta in Nord- und Lateinamerika 2,69 Meter beträgt. im Jahr des Modellwechsels entschieden sich fast 310.000 Kunden für den Sagitar, darunter mehr als 176.000 für das neue Modell.

SAIC Volkswagen Lamando

Der Lamando wird seit November 2014 von SAIC Volkswagen in China produziert. Er ist als viertüriges Stufenheck-Coupé mit breiter Karosse (1,82 Meter) und einer Höhe von 1,42 Metern vergleichsweise flach. Das Modell basiert ebenfalls auf dem MQB und hat bei einer Gesamtlänge von 4,60 Metern einen Radstand von 2,65 Metern. Der Lamando wird mit einem 1.4l-TSI-Vierzylinder in zwei Leistungsvarianten (96 und 110 kW) angeboten, beide mit Doppelkupplungsgetriebe DSG. Seit 2016 gibt es auch eine sportliche GTS-Variante mit einen 2.0 TSI-Triebwerk (162 kW). Mehr als 101.000 Lamando wurden 2019 ausgeliefert.

FAW-Volkswagen Bora (China)
FAW-Volkswagen Bora (China)

FAW-Volkswagen Bora

Der in China erfolgreiche Bora hat keinerlei technischen Bezug mehr zu dem Bora um die Jahrtausendwende, wie die westlichen Märkte ihn kennen. 323.400 Einheiten wurden von FAW-Volkswagen im vergangen Jahr an Kunden ausgeliefert. Er ist ebenfalls ein MQB-Modell und wird wahlweise als 1,5-Liter-Saugmotor (83 kW) oder als 1.4-TSI-Benziner mit Turboaufladung (110 kW) angeboten. Zusätzlich gibt es mit dem e-Bora jetzt auch eine elektrisch angetriebene Variante. Der Bora ist 4,66 Meter lang, 1,81 breit und 1,46 Meter hoch und hat einen Radstand von 2,69 Meter.

SAIC Volkswagen Santana

Auch dieses in China erfolgreiche Modell hat nichts mehr gemein mit dem kantigen Ur-Santana auf Basis der zweiten Passat-Generation, den man in Deutschland noch aus den 1980er-Jahren kennt. Während es ihn hierzulande schon seit 1985 nicht mehr zu kaufen gab, wurde er in China weiterhin als Stufenheck und Kombiversion auf Basis des Passat gefertigt. Seit 2013 gibt es in China eine eigenständige Version, die speziell für den chinesischen Markt entwickelt wurde. Er ist 4,48 Meter lang, 1,71 Meter breit, 1,47 Meter hoch und sein Radstand beträgt 2,60 Meter. Im vergangenen Jahr wurden davon etwa 245.000 Autos verkauft.

SAIC-Volkswagen Santana (China)
SAIC-Volkswagen Santana (China)

SAIC Volkswagen Lavida

Seit Mai 2018 ist die dritte Generation des Lavida von SAIC-Volkswagen im Handel – auch dieses Modell ist nur in China erhältlich und speziell mit Blick auf die Vorlieben und Bedürfnisse dortiger Kunden entwickelt. Die aktuelle Lavida Generation basiert auf dem MQB und ist in China so erfolgreich wie hierzulande der Passat: 2019 war der Lavida mit 491.000 Autos das meist verkaufte Modell aller Hersteller – aber in Deutschland kennt den Lavida kaum jemand. Es gibt ihn wahlweise mit einem 1,5-Liter-Saugbenziner mit 85 kW oder einem 1.4 TSI mit 110 kW, sein Radstand liegt bei 2,68 Meter und die Karosseriemaße sind 4,67 Meter Länge, 1,81 Meter Breite und 1,47 Meter Höhe. Es gibt außerdem wie beim Bora auch eine Elektrovariante: Der e-Lavida teilt sich den Antrieb mit der chinesischen Version des e-Golf.

Neuer VW Lavida debütiert in Peking

Im Jahr 2019 haben die Marke Volkswagen und die Submarke JETTA insgesamt 3,16 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Der Grundstein für den heutigen Erfolg in China wurde bereits vor fast 40 Jahren gelegt: Im Jahr 1983 wurde das erste Fahrzeug, ein Santana, beim Joint Venture Shanghai Volkswagen gebaut, heute als SAIC Volkswagen bekannt. Im Jahr 1991 hat FAW-Volkswagen, das zweite Gemeinschaftsunternehmen in China, das erste Auto lokal gefertigt, einen Jetta. Insgesamt beschäftigt die Volkswagen Group China heute mehr als 100.000 Mitarbeiter in dem Land.

Die Corona-Pandemie zwang Volkswagen-Mitarbeiter in China ebenso wie jetzt in Europa zur Produktionsunterbrechung, doch langsam findet die Autoindustrie zur Normalität zurück. An fast allen chinesischen Volkswagen Standorten werden wieder Fahrzeuge und Komponenten produziert. Nach einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Ipsos aus dem März haben die Folgen der Epidemie auch die Einstellung der Chinesen zur individuellen Mobilität verändert: Zwei Drittel der 1.620 Befragten, die kein eigenes Auto haben, wollen sich innerhalb der kommenden sechs Monate eines kaufen. Drei von vier Erstkäufern geben den Schutz vor einer Ansteckung als Motivation für ihren Kaufwunsch an: Das Auto kletterte unter den bevorzugten Verkehrsmitteln vom dritten auf den ersten Platz.

Bildergalerie: Kompakte Stufenheckmodelle von VW für China