Mazda wird 2020 exakt 100 Jahre alt. So weit, so gut. Doch in den ersten Jahrzehnten befasste sich "Toyo Kogyo", so der ursprüngliche Firmenname, mit Korkersatz und motorisierten Lastendreirädern. Ähnlich wie bei diversen anderen Autokonzerne liegt der Ursprung also im weitesten Sinne bei Motorrädern. Mit einem unkonventionellen Kleinstwagen begann für Mazda im Frühjahr 1960 die weltweite Erfolgsgeschichte als Pkw-Hersteller. Das R360 Coupé wurde schon im Startjahr zum meistgekauften Kei-Car in Japan.

Klein, aber quirlig und ein vollwertiges Automobil, das ist die weltweit einzigartige japanische Klasse der „Kei Jidosha" (übersetzt: leichtes Automobil) mit extrem kurzen Abmessungen und winzigen Motoren. Bis heute wichtigstes Privileg der City-Flitzer: In vielen japanischen Gemeinden entfällt die Nachweispflicht eines teuren Parkplatzes. Mit den anfangs maximal knapp drei Meter langen, aber trotzdem viersitzigen Kei-Cars setzte in Metropolgegenden Ende der 1950er Jahre die Massenmotorisierung ein, die das extravagant gezeichnete Mazda R360 Coupé zu einem ersten Höhepunkt führte. Der kleine Cityflitzer brach dafür mit fast allen Konventionen, eroberte auf Anhieb mehr als zwei Drittel des Kei-Car-Marktes und galt fortan als König dieser kleinsten Klasse.

Optisch erinnert das Mazda R360 Coupé etwas an den NSU Prinz. Auch hier sattelte man 1957 vom Motorrad aufs Auto um. 1961 sollten sich die Wege beider Firmen kreuzen, als Mazda eine Wankel-Lizenz von NSU erwarb. Doch das ist ein anderes Kapitel ...

60 Jahre Mazda R360 Coupé

Zurück zum R360: Er überraschte als erstes Kei-Car durch eine dynamische Coupé-Linie mit einem fast schwebend leichten und lichten Dachpavillon. Den kreativen Mazda-Konstrukteuren gelang damals das Kunststück, die rekordverdächtig klein dimensionierte Sportcoupé-Karosserie trotzdem als vollwertigen Viersitzer auszulegen. Auch das Bekenntnis zu Fahrspaß und innovativer Motorentechnik fand sich schon im Mazda R360 Coupé, denn dafür stand der erste moderne Viertaktmotor in einem Kei-Car statt der sonst üblichen simplen Zweitakter.

Für Furore sorgte der luftgekühlte, im Heck eingebaute Zweizylinder-V-Motor mit 356 Kubikzentimeter Hubraum und immerhin 16 PS Leistung im Mazda Coupé aber auch, weil er weitgehend aus leichtgewichtigem Aluminium und Magnesium (Ölwanne und Getriebeabdeckung) gefertigt war. Zudem beeindruckte der neue Viertakter im Vergleich zu konventionellen Zweitakt-Konstruktionen durch geringe Schadstoffemissionen und besonders niedrige Verbrauchswerte sowie eine respektable Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h.

Mazda R360 Coupe

Entscheidend dazu beigetragen hat aber auch der konsequente Einsatz neuartiger Leichtbautechniken, die jedes überflüssige Gramm Gewicht einsparten. So wurden Motorhaube, Kofferraumklappe, Armaturen und die Sitzrahmen ebenso aus Leichtmetall gefertigt wie die Bremstrommeln. Sogar für die Fahrzeugverglasung entwickelte Mazda ein spezielles leichtes Acryl, das für das großformatige Panoramarückfenster genutzt wurde. Noch mehr Gewicht sparte die Chassis-Konstruktion des agilen City-Flitzers, denn hier entschieden sich die Mazda Ingenieure für eine rahmenlose Monocoque-Struktur, die sich trotz Leichtbaus sogar im damals noch nicht selbstverständlichen Crashtest mit überdurchschnittlich guten Ergebnissen profilierte.

Als Resultat der Gewichtsreduktion setzte das Mazda R360 Coupé gleich zwei Superlative: Mit nur 380 Kilogramm Leergewicht war er das leichteste in Japan produzierte Auto und das damals leichteste familientaugliche Coupé weltweit.

Mazda R360 Coupe

Trotz der grundsätzlich höheren Herstellungskosten des neuen Viertaktmotors gegenüber Zweitaktern gelang es Mazda, das R360 Coupé dank moderner Produktionsmethoden als einen der preiswertesten Personenwagen Japans einzuführen und das sogar mit serienmäßigem Viergang-Getriebe statt der üblichen Dreigang-Schaltgetriebe. Wer einen Hauch von Luxus aus höheren Fahrzeugklassen wünschte, konnte den Mazda R360 überdies als erstes japanisches Automobil optional mit einem Getriebeautomaten mit Drehmomentwandler bestellen.

Bereits am Tag seiner Markteinführung, dem 23. Mai 1960, unterschrieben rund 4.500 Japaner einen Kaufvertrag. Rasch entwickelte sich der erste Mazda-Pkw zu einem richtigen Renner mit einem damals sensationellen Monatsausstoss von über 4.000 Einheiten, denn das Coupé machte den Traum vom eigenen Auto für die breite Bevölkerung in Japan greifbar. Und aus dem Mazda R360 Coupé ging bald eine ganze Modellfamilie hervor, mit Pick-up, Kombi und der 1962 eingeführten Limousine Mazda Carol 360.

Mazda R360 Coupe

Der einmillionste Mazda, der schon im März 1963 vom Band rollte (siehe Bild oben), war ebenfalls ein Carol - in tief glänzendem und reflektierendem Gold-Metallic. Auch das eine Sensation, nicht nur, weil Metalliclackierungen damals ein Privileg größerer Klassen waren: Die edle Metalliclackierung betonte bereits die kraftvolle Dynamik des Designs des Mazda Carol. Schon im Stand schnell aussehen, das vermochte das Mazda R360 Coupé übrigens auch durch optionale Zweifarblackierungen.

Bis 1969 blieb das Mazda R360 Coupé dank der ikonischen Formensprache in Produktion und damit deutlich länger als die meisten anderen Coupés jener Ära.

Bildergalerie: 60 Jahre Mazda R360 Coupé