Wie erneuert man eine Ikone? Keine einfache Aufgabe, man denke nur an den Mini, den Fiat 500 oder den Mercedes G. Seit der Einstellung des berühmten Defender im Januar 2016 hat Land Rover eine Menge Gehirnschmalz in den Nachfolger gesteckt. Auf der IAA 2019 (12. bis 22. September) wird er erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Wir konnten ihn bereits in Augenschein nehmen. 

Design

Eine der größten Herausforderungen für Land-Rover-Designchef Gerry McGovern und sein Team war es, den Spagat zwischen Retro und Moderne zu finden. Hinzu kommen Vorschriften zur Crashsicherheit und Fußgängerschutz. Trotzdem bleibt auch der neue Land Rover Defender eher kantig und zitiert den Vorgänger: Ausgeprägte Schultern am Heck, dort zudem kleine LED-Leuchten sowie eine nach rechts öffnende Tür, auf der das Reserverad sitzt. Vorne erinnern runde Scheinwerfer hinter einem Deckglas an den alten Defender, gleiches gilt für die Zusatzfenster im Dach, "Alpine Lights" genannt. Weitere Reminiszenzen sind die recht steile Frontscheibe und das bei Bedarf farblich abgesetzte Dach.

Zukünftig gibt es den neuen Defender in zwei Längen, 90 und 110. Der 90er ist dreitürig, gut 4,20 Meter lang und weist einen Radstand von 2.587 Millimeter auf. Wer hintere Türen braucht, greift zum rund fünf Meter langen 110 mit 3.022 Millimeter Radstand. Ihn gibt es mit 5, 5 plus 2 oder 6 Sitzen. Bemerkenswert ist das Gepäckvolumen: 857 Liter hinter Reihe zwei und maximal bis zu 1.946 Liter. Optional ist übrigens ein Mittelsitz zwischen Fahrer und Beifahrer erhältlich, der zusammengeklappt eine Mittelkonsole mit Armlehnen ergibt.

Bildergalerie: Land Rover Defender (2019) im Erstkontakt

Sehen wir uns die Abmessungen des neuen Land Rover Defender 110 in der Übersicht an:

Länge 5.018 Millimeter
Breite 2.008 Millimeter
Höhe 1.967 Millimeter
Radstand 3.022 Millimeter

Was hat der neue Defender drauf?

Zunächst einmal gehörig Kilos, denn schon der Blick auf die Abmessungen zeigt, dass der neue Defender ziemlich wuchtig ist. Die Basis des neuen Defender hört auf den Namen D7x und ist die speziell für das Modell neuentwickelte Karosseriearchitektur. Bei der auf einem leichten Aluminium-Monocoque basierenden Konstruktion handelt es sich um die steifste Karosseriestruktur, die Land Rover jemals in Serie gehen ließ. Sie ist volle drei Mal steifer als herkömmliche selbsttragende Karosserie-auf-Chassis-Lösungen. Und sie bildet eine perfekte Grundlage für die Einzelradaufhängung des neuen Defender mit Luft- oder Schraubenfedern sowie für moderne elektrifizierte Antriebe (dazu später mehr). Aber Aluminium hin oder her, der neue Defender wiegt als 110 je nach Motor zwischen 2.261 und 2.418 Kilogramm. Immerhin darf er aber auch 3,5 Tonnen ziehen.

Der entscheidende Punkt ist beim Defender natürlich seine Geländetauglichkeit. Anders formuliert: Ob Karstadt oder Kasachstan, dieser Land Rover muss überall hinkommen. Die Voraussetzungen sind gut, die vier Räder des Briten werden in gewohnter Manier permanent angetrieben, ein zweistufiges Verteilergetriebe sichert das Vorwärtskommen auch unter schwierigen Verhältnissen. Hinzu kommen ein sperrbares Mittendifferenzial und als Option ein aktives Hinterachs-Sperrdifferenzial. Premiere im neuen Land Rover feiert unter anderem das konfigurierbare Terrain Response. Damit wird der erfahrene Offroad-Pilot in die Lage versetzt, verschiedene Fahrzeugeinstellungen an die Umgebung oder seine eigenen Vorlieben anzupassen. Weniger versierte Nutzer können hingegen bequem das System entscheiden lassen, welche Einstellungen am besten geeignet sind, denn zu Terrain Response gehört im Defender eine intelligente Auto-Funktion.

Die neue Karosseriearchitektur versorgt den Land Rover Defender mit einer maximalen Bodenfreiheit von bis zu 291 Millimetern. Mit der optionalen Luftfederung gibt es vorne 135 Millimeter und hinten 145 Millimeter zusätzlich. Auf trockenem Untergrund brilliert der neue Defender mit einer weiteren innovativen Technologie: ClearSight Ground View. Das von Land Rover entwickelte System macht die Motorhaube praktisch durchsichtig, denn Kameras übertragen Bilder vom Untergrund unmittelbar vor den Vorderrädern auf den Touchscreen im Armaturenbrett.

Land Rover Defender (2020)

Für echte Offroad-Freaks vielleicht Kinderkram, denn ihnen kommt es auf Parameter wie etwa die Böschungswinkel an. Was aber interessant ist: Beide Längen des neuen Defender weisen die gleichen Überhänge auf, nämlich 845 Millimeter vorne und 891 Millimeter hinten. Wenden wir uns den weiteren Daten zu:

Böschungswinkel vorne 38 Grad
Böschungswinkel hinten 40 Grad
Rampenwinkel 28 Grad (31 Grad bei Defender 90)
Wattiefe 900 mm (mit Anzeige im Display)
Bodenfreiheit 218 (Standard), 291 (Offroad)
maximale Steigfähigkeit 45 Grad
max. seitlicher Neigungswinkel 45 Grad
maximale Dachlast (dynamisch) 100 bis 168 kg (je nach Bereifung)
maximale Dachlast (statisch) 300 kg

Wie ist er innen so?

In diesem Punkt hatte ich die Gelegenheit, in einem neuen Defender 110 Platz zu nehmen. Im Fond ist das Raumangebot enorm, vorne müssen sich selbst lange Kerls etwas strecken, um auf den Fahrersitz zu gelangen. Im Vergleich zu einem Range Rover sitzt man um 35 Millimeter höher, sagt Land Rover. Je nach Wunsch blickt man auf ein farbiges Head-Up-Display und ein 12,3-Zoll-Instrumentendisplay. Zum Glück hat es Land Rover beim neuen Defender mit den Bildschirmen nicht übertrieben: Unterhalb des mittigen Touchscreens befinden sich der Wählhebel der serienmäßigen Achtgang-Automatik und praktische Klimaregler in erhöhter Griffweite.

Land Rover Defender (2020)

Der Materialmix im Defender der Zukunft kombiniert robuste Kunststoffe mit absichtlich sichtbaren Schrauben mit Leder oder Holz. Manch einem mag das billig erscheinen, aber im harten Geländeeinsatz kommt es nicht auf Schönheit an, wie auch Kunststoffboden im Kofferraum beweist. Ihn kann man mit einer optionalen Handbrause abwaschen, zu den laut Land Rover 187 verfügbaren Zubehörteilen zählen unter anderem eine Leiter zum Dachgepäckträger, ein Zeltaufbau fürs Heck, eine Seilwinde, ein Schnorchel oder auch ein Außenfach für die Seite, in das 24 Liter Gepäck mit bis zu 17 Kilogramm Gewicht hineinpassen. Die gesamte Liste aller Extras würde hier den Rahmen sprengen, erwähnenswert sind aber noch das Faltschiebedach aus Stoff und Felgen zwischen 18 und 22 Zoll. Sogar eine 18-Zoll-Stahlfelge wird es für den neuen Defender geben, die "Commercial"-Version mit hinten geschlossenen Seitenfenstern hat sie ab Werk.  

Motoren

Der Defender für das 21. Jahrhundert, wie sich Land Rover ausdrückt, bekommt zunächst Benzin- und Dieselmotoren modernster Bauart, ergänzt durch Mild-Hybrid-Antriebsalternativen. Im kommenden Jahr erweitert man dann das Triebwerksprogramm um eine Plug-in-Hybrid-Lösung (PHEV), hier würde die Technik aus dem Range Rover P400e naheliegen. Zum Verkaufsstart gibt es zwei Benziner (P300 und P400 mit Mild-Hybrid und 11 Kilowatt zusätzlich mittels integriertem Riemen-Starter-Generator) sowie zwei Diesel namens D200 und D240. Eine Achtgang-Automatik ist stets serienmäßig. Sehen wir uns das Motorenangebot im Detail an:

  P300 P400 MHEV D200 D240
Zylinder 4 6 4 4
Hubraum 1.997 ccm 2.996 ccm 1.999 ccm 1.999 ccm
Leistung 221 kW (300 PS) 294 kW (400 PS) 147 kW (200 PS) 177 kW (240 PS)
Drehmoment 400 Nm  550 Nm 430 Nm 430 Nm
Beschleunigung auf 100 km/h 8,1 Sek. 6,1 Sek. 10,3 Sek. 9,1 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 191 km/h 191/208 km/h (je nach Bereifung) 175 km/h 188 km/h
Verbrauch 10,2 Liter/100 km 9,9 Liter/100 km 7,7 Liter/100 km 7,7 Liter/100 km
CO2 234 g/km 226 g/km 204 g/km 204 g/km
Tankinhalt 90 Liter 90 Liter 85 Liter 85 Liter

Marktstart und Preis

Der Land Rover Defender ist ab sofort bestellbar und wird zu Preisen ab 49.700 Euro für den Defender 90 und für 55.600 Euro für den Defender 110 angeboten. Hier die bislang bekannten Grundpreise für den 110er im Überblick:

(Preise in Euro) Defender 110 Defender 110 S
Defender 110 SE Defender 110 HSE Defender 110 First Edition Defender 110 X
D200 AWD 55.600 60.500 65.000 71.200    
D240 AWD 59.800 64.700 69.200 75.400 74.700  
P300 AWD 59.800 64.700 69.200 75.400    
P400 AWD 68.900 72.700 77.100 83.300 82.600 98.500

Einzige Gratis-Farbe ist "Fuji White", Metallic-Lackierungen kosten 1.000 Euro Aufpreis. Die Markteinführung in Deutschland ist für Frühjahr 2020 geplant. An den Start geht zunächst der neue Defender 110, dem kurz danach der kompakte Defender 90 mit kürzerem Radstand folgt, ehe 2020 verschiedene Modellversionen für den gewerblichen Einsatz das Programm abrunden. Der Defender 90 kann ab Anfang 2020 zu Preisen ab 49.700 Euro bestellt werden. Kombiniert werden können die beiden Radstände mit den Ausstattungsversionen Defender, S, SE, HSE, First Edition und dem Topmodell Defender X. 

Bildergalerie: Land Rover Defender (2020)